Langjährige Mitgliedschaft Ein langer gemeinsamer Weg: 60 Jahre bei Verdi

Der 84-jährige Bad Rodacher blickt auf ein erfolgreiches Berufsleben zurück. Dabei habe die Gewerkschaft stets wie ein großer Bruder an seiner Seite gestanden. Foto: /Frank Wunderatsch

Wie ein großer Bruder: Der Bad Rodacher Rolf Eckstein hat ein besonderes Verhältnis zu der Gewerkschaft, der er nun schon 60 Jahre lang angehört

 
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Bad Rodach - Als Rolf Eckstein vor 60 Jahren in die Gewerkschaft eintritt, war er gerade im ersten Lehrjahr bei der Bayerischen Staatsbank. 90 Mark betrug sein Monatslohn damals, aber der gebürtige Berliner hatte sich nach dem Abitur bewusst gegen ein Studium entschieden. Ein Onkel hatte zu einer Banklehre geraten und Rolf Eckstein schaute sich auf dem Markt um und fragte sich: „Wo kann ich was werden?“ Sein ganzes Berufsleben lang – bis zur Rente im Jahr 2000 – sollte Rolf Eckstein bei der Bank bleiben, bei der er einst in die Lehre ging und die inzwischen nach Fusion mit der Bayerischen Vereinsbank zur Hypo Vereinsbank geworden ist. Auch der Gewerkschaft Verdi blieb er treu, sogar bis über den Renteneintritt hinaus: Im vergangenen Jahr gratulierten Gewerkschaftsvertreter zum 60-jährigen Mitgliedsjubiläum. „Da bin ich drin und da bleibe ich drin“, so der 84-Jährige heute.

Inzwischen lebt er mit seiner Frau in Bad Rodach. Die Zeit im Rentenalter vergehe wie im Flug; man sei immer gut beschäftigt. Viel wandern, viel reisen, Einsätze als Leihopa zwei Ortschaften weiter. „Das hatte sich dort schon rumgesprochen, dass ich immer mit Hund und Kind unterwegs war. Und einmal kam eine Frau und hat mich gefragt, ob ich nicht noch ihr Pferd mitnehmen könnte – es sei schon so alt und müsse ausgeführt werden“, berichtet Rolf Eckstein augenzwinkernd über seine ausgefüllten Tage. Nicht vergessen hat der Rentner jedoch die Zeit, die er in der Bank verbrachte. Und die gespickt war mit Begegnungen mit der Gewerkschaft – solche, die er noch heute in guter Erinnerung hat. „Bei der Prüfung zum Abschluss der Lehrzeit hieß es plötzlich, wir sollen auch in Stenografie geprüft werden“, erzählt der 84-Jährige und fügt hinzu: „Dann aber hätte ich die Prüfung sicher nicht bestanden. Mit Hilfe der Gewerkschaft konnten wir dann durchsetzen, das Steno nicht geprüft wurde. Immerhin kamen dann schon die ersten Sprechgeräte auf und im höheren Dienst gab es Sekretärinnen.“

Überhaupt sei es ihm ein Anliegen gewesen, während seiner Berufstätigkeit fortlaufend über die Arbeitnehmerrechte informiert zu sein. Das was die Gewerkschaft für ihn geleistet habe, umfasse jedoch viel mehr. „Alles, was man sich hinsichtlich seines Fortkommens und seiner Bezahlung vorgenommen oder gewünscht hatte. Man hat einfach gewusst, was einem zusteht – wie bei einem großen Bruder, der hinter einem steht, und den man jederzeit um Hilfe fragen kann“, lobt Rolf Eckstein. Für ihn sei es daher klar gewesen, dass er auch dann bei Verdi bleibt, wenn er in Rente geht. „Viele sagen ja, mit der Rente, da trete ich aus. Aber das hat mir so viel Gutes gebracht. Wenn alle mit der Rente austreten würden, dann wird die Gewerkschaft immer kleiner und dann kann man noch weniger durchsetzen.“ Dabei zu sein, das sei für ihn stets so normal und selbstverständlich gewesen, dass er sich auch heute noch sage: „Es bleibt so wie es ist.“

Für seinen Jahrgang sei es noch normal gewesen, sich der Gewerkschaft anzuschließen. Auch wenn es zu Beginn der Lehrzeit nur 90 Mark Lohn gegeben habe, so sei der Beitrag doch moderat gewesen. „Um die fünf Euro“, erinnert sich Rolf Eckstein. „Und bei der Gewerkschaft gab es von Anfang an eine private Unfallversicherung. Als ich meine Achillesferse gerissen hatte und länger krankgeschrieben war, bekam ich pro Tag zehn Mark. Das war natürlich auch schön – und für so einen Lehrling war das schon ein Anreiz“, so der Rentner im Rückblick, der hinzufügt: „Wir haben einfach gemerkt, dass der Arbeitgeber eine sehr starke Stellung hat, sodass recht viele Menschen damals zur Gewerkschaft sind. Mich zu informieren, das war mir schon immer wichtig.“

Auch während seiner Tätigkeit als Betriebsrat habe die Gewerkschaft ihm stets sehr geholfen. „Das Wissen um den Arbeitnehmer ist wichtig gewesen. Das Betriebsverfassungsgesetz, das kann man zwar lesen und dort etwas nachschauen – aber wirklich geholfen hat mir dann ein Seminar der Gewerkschaft“, meint der 84-Jährige, der hofft, dass sich auch zukünftig genug Menschen in den Gewerkschaften organisieren, um etwas zu bewegen. „Irgendjemand“, mahnt er, „muss sich ja kümmern.“

Im Jahr 2000 ist Rolf Eckstein in Rente gegangen. Heute sagt er: „Ich hatte das Glück, das nachfolgende Generationen nicht mehr haben werden – ich konnte mein gesamtes Berufsleben lang bei einer Firma bleiben, an einem Wohnort. Ich bin als Prokurist ausgeschieden, konnte dort also auch Karriere machen, ohne Versetzungen oder ähnliches.“ Zumindest ein kleines Stück dieses Erfolges verdankt Rolf Eckstein auch der Gewerkschaft, die ihm in dieser Zeit ein großer Bruder war, wie er selbst sagt.

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