„Das bedeutet, dass die angeblich unabhängige Kommission unter Druck gesetzt wird.“ Problematisch ist laut Lesch zudem, dass die politische Debatte die Tarifautonomie beschädige. Ein zu hoher Mindestlohn könne viele Tarifverträge aushebeln, in denen Löhne unterhalb der Untergrenze stehen. „Dann würden wir in Gefahr laufen, dass in manchen Branchen gar keine Tarifverträge mehr geschlossen werden“, sagt der Volkswirtschaftler. „Auch die Gewerkschaften sollten deshalb ein Interesse daran haben, dass die Kommission unabhängig bleibt.“ Nach Leschs Verständnis legt der Koalitionsvertrag keineswegs einen künftigen Mindestlohn fest. Nehme man 60 Prozent des Medianlohns als Maßstab, komme man tatsächlich in die Nähe der 15 Euro, erklärt er. Berücksichtige man hingegen die Entwicklung der Tariflöhne, lande man eher bei 14 Euro. „Das ist ein Korridor“, sagt Lesch, in dem die Kommission sich bewegen dürfe. Die Kommission empfiehlt allerdings lediglich eine Mindestlohnhöhe, festgelegt wird sie anschließend von der Politik. Lesch kritisiert die Unsicherheit, die nun durch die Debatte entstanden sei: „Es fehlt ein klares Bekenntnis, dass man nicht eingreift, wenn das Ergebnis nicht passt“, sagt er.