Mit einer Menge technischer Neuerungen wollte Ferrari in Frankreich eigentlich den Abstand zum Dauerrivalen Mercedes verringern, der in dieser Saison bislang alle Rennen gewonnen hat. Doch schnell wurde auf dem Circuit Paul Ricard deutlich, dass die Umbauten am SF90 nicht das gewünschte Ergebnis brachten. "Wir müssen verstehen, warum einige der Teile, die wir mitgebracht haben, nicht funktioniert haben. Hoffentlich hilft uns die Strecke in Österreich nächste Woche etwas", sagte Vettel. Viel Glaube aber war da nicht mehr.
Für Vettel hatte das Wochenende bereits mit einer Enttäuschung begonnen. Die Rennkommissare erteilten dem Ferrari-Antrag eine Abfuhr, die Fünf-Sekunden-Zeitstrafe für den Deutschen beim Rennen in Kanada vor zwei Wochen erneut zu untersuchen. Damit bleibt Hamilton der Sieger von Montréal, Vettel wird in der Statistik endgültig als Zweiter geführt, obwohl er als Erster über die Ziellinie fuhr.
Davon war der viermalige Weltmeister in Le Castellet weit entfernt. Schon in der Qualifikation patzte Vettel und schaffte es nur auf Startplatz sieben. Hamilton hingegen holte sich seine 86. Pole Position, erwischte am Sonntag den besten Start und fuhr danach in einer eigenen Liga. Dennoch behauptete der Seriensieger: "Es war überhaupt nicht einfach, es ist immer alles auf der Kippe."
Über Boxenfunk beklagte Hamilton während des Rennens einen Defekt an seinem Sitz und später Blasen an seinen Vorderreifen. Und doch baute der fünfmalige Weltmeister, der schon im Vorjahr in Le Castellet gewonnen hatte, sein Polster an der Spitze fast spielerisch aus. "Er war heute sehr stark, sehr beständig", sagte Stallrivale Bottas, ehe er wenig überzeugend hinzufügte: "Aber er ist nicht unschlagbar, das weiß ich."
Angesichts der Chancenlosigkeit der Konkurrenz stellt sich eher die Frage, wie schnell Hamilton und Mercedes rechnerisch in diesem Jahr die nächsten Titel sicher haben. Auch Ferrari scheint derzeit überfordert, dem WM-Kampf noch einmal etwas Spannung einzuhauchen. "Es ist nicht so, als würden wir es nicht probieren. Innerhalb einer Woche können wir nicht viel machen", sagte Vettel.
Der Heppenheimer musste sich mit Schadensbegrenzung begnügen. Nach mäßigem Start ließ er bald die McLaren-Piloten Lando Norris und Carlos Sainz hinter sich. An Max Verstappen, der im Red Bull Platz vier behauptete, kam Vettel indes trotz einer mutigen Reifentaktik mit einem späteren ersten Boxenstopp nicht heran.
So blieb nur noch der Angriff auf die schnellste Rennrunde. "Plan F" hieß der Befehl vom Ferrari-Kommandostand für die Schlussphase. Vettel holte sich noch einmal frische Reifen, presste im letzten Umlauf trotz eines Batterieproblems alles aus seinem Auto - und schaffte es. Mehr als ein Trostpreis aber war das nicht.