Leerstände in Coburg Raus aus der Krise, rein in die Stadt

Bettina Knauth
In der Coburger Innenstadt schaut es an manchen Stellen trostlos aus. Immer mehr Läden stehen leer Foto: NP Archiv

Derzeit stehen in Coburg rund 40 Läden leer. Wie die City wiederbelebt werden könnte, darüber diskutierte eine honorige Runde beim Regionentalk.

 
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Coburg - Leerstand, selbst in guten Lagen: Das war in Coburg schon vor den Folgen der Corona-Pandemie ein Problem. Mit den Folgen der Lockdowns verschärft sich die Situation noch. Erst „Click & Meet“, jetzt „Click & Collect“: Viele Kunden blicken nicht mehr durch und bleiben der Innenstadt fern. Und während rund um einen der schönsten Marktplätze Deutschlands inzwischen rund 40 Geschäfte leer stehen, boomt der Onlinehandel.

Um „raus aus der Leere“ zu finden, sind also „neue Ideen für Coburgs Innenstadt“ gefragt. So der Titel einer neuen Folge von „Auf den Punkt“ des Regionentalks von Radio Eins, dem Coburger Tageblatt und iTV Coburg, den die Sparkasse Coburg-Lichtenfels am Mittwochabend präsentierte. Auf dem Podium in der Coburger Markthalle: der langjährige Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly, der Vorsitzende des Berufsverbandes City- und Stadtmarketing Bayern Klaus Stieringer, Anette Vogel von der Geschäftsleitung der Wohnbau der Stadt Coburg (WSCO) sowie der Leiter des Masterstudiengangs Zukunftsdesign an der Hochschule Coburg, Professor Christian Zagel. Moderiert wurde die live ins Netz übertragene Diskussionsrunde von den Redaktionsleitern des CT und Radio Eins, Fajsz Deáky und Anja Hampel.

Marketing-Experte Stieringer mochte zu Beginn nicht in den Abgesang auf den Handel einstimmen: „Allen Unkenrufen zum Trotz wird der Handel immer ein zentraler Bestandteil der Stadt bleiben, aber es wird bunter, lebendiger und vielfältiger werden.“ Auch Maly sah den Lockdown zwar als „Brandbeschleuniger“, glaubt aber weiterhin an das „Gesamterlebnis Innenstadt“. Dies bestehe für ihn aus der Kombination Handel, Kultur, historischem Ambiente, Gastronomie und den Menschen. Die Pandemie zeige, dass nur alle Bestandteile zusammen funktionierten. Von einer Paketsteuer, die als Ausgleichszahlung an den Handel diskutiert wird, hält der frühere Präsident des Deutschen Städtetags nichts: Sie mache vielleicht aus ökologischen Gründen Sinn, „aber nicht zur Verteidigung der Innenstädte“. Nach Aufheben der Auflagen sei das Einkaufserlebnis das Pfund, mit dem es auch danach zu wuchern gelte: Beim Einkaufen einer Jeans lasse er sich lieber durch Verkäufer beraten, statt 17 Exemplare zu bestellen, um danach 16 zurückzuschicken. Es gelte für die eigene „Attraktivität, Lässigkeit und das Gefühl des Umfangenseins“ zu kämpfen. Während ihm ein leeres Geschäft „weniger Angst macht als eine Meile voller Ketten“, bemüht sich Anette Vogel Leerstände klug „zwischenzunutzen“. Aktuelles Beispiel: Kunst im Leerstand. Langfristig möchte die WSCO-Geschäftsleiterin einen Gründerwettbewerb ausloben und neue Ideen wie „Mixed Use“ ausprobieren, die Handel mit Handwerk kombinieren. Was wünschen sich die Coburger für ihre Stadt? Was macht das Coburg-Feeling aus? Das wolle sie herausfinden. Coburgs Geschichte(n) gelte es neu zu erzählen.

Bei der Vernetzung aller Akteure, sei „immer Luft nach oben“, gestand Vogel auf Nachfrage: „So eine Innenstadtentwicklung braucht eine extrem breite Schulter!“ Die „Stadtmacher“, die sie leitet, sieht Vogel als guten Auftakt eines „großen Zusammenspiels“, denn „die Vielfalt macht’s!“ Dass die Stadt – wo möglich - Außenflächen für Gastronomie zur Verfügung stellen will, sei ein wichtiger Ansatz. Viele inhabergeführte Geschäfte, die auch nach eineinhalb Jahren noch durchhalten, ließen sie ebenfalls hoffen. Nun gelte es, langfristig Leben in die Läden zu bringen. Neben einer Aufbruchstimmung bei vielen Privatleuten und Initiativen verspüre sie aber auch die Frustration vieler Händler.

Den Verkehr gänzlich aus der Innenstadt verbannen, wollte niemand auf dem Podium. „In Coburg gehört das Auto zur Lebensrealität dazu“, so Vogel. Stieringer dazu: „In den Achtzigern war City gleich Handel. Der Kofferraum war die größte Einkaufstüte der Welt.“ Heute gelte es einen Weg zu finden, damit die Menschen aus dem Umland in die Stadt kommen, ohne das Umfeld zuzuparken. Etwa durch Park & Ride, nicht nur bei großen Events. Um mehr Menschen in die City zu locken, seien Veranstaltungen unerlässlich. „Events haben nicht nur eine Zukunft, sie sind die Zukunft!“

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