Liberale in Coburg FDP lädt umstrittenen Politiker ein

Wolfgang Desombre
FDP-Kreisvorsitzender Coburg-Stadt Dr. Michael Zimmermann (links) im Gespräch mit MdL Thomas Kemmerich, dem Gastredner zum 67. Dreikönigstreffen der Coburger und oberfränkischen Freien Demokraten. Foto: Wolfgang Desombre

Zum zweiten Mal ist Thomas Kemmerich bei der Coburger FDP zu Gast. Beim 67. Dreikönigstreffen der Liberalen will er „Klartext reden“.

 
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„Ein politischer Unternehmer spricht Klartext“ war das Motto von MdL Thomas Kemmerich, Landesvorsitzender der FDP-Thüringen und Landesvorsitzender Liberaler-Mittelstand-Thüringen, am Samstag in der Gaststätte „Münchner Hofbräu“. Zum traditionellen Jahresauftakt war er als Gastredner nach Coburg eingeladen worden.

Kemmerich ist seit 2011 Mitglied im Vorstand der Bundesvereinigung Liberaler-Mittelstand. Er war vom 5. Februar bis zum 4. März 2020 der sechste Ministerpräsident des Freistaates Thüringen. Seine Wahl zum Ministerpräsidenten mit Stimmen von AfD, CDU und FDP löste die Regierungskrise in Thüringen 2020 aus. Und er war auch Redner bei einer Demonstration unter dem Motto „Corona-Exit mit Maß und Mitte“ in Gera, an der auch Rechtsradikale teilnahmen.

19-jähriger Student tritt an

Bewusst habe man MdL Kemmerich nach dem Besuch im letzten Jahr wieder eingeladen, denn die an ihn gerichtete Kritik sei nicht gerechtfertigt gewesen, betonte Michael Zimmermann. Man sei im Jahr der Landtagswahl und es gehe mit der FDP aufwärts. Kommunalpolitik sei wichtig und so sei auch die Arbeit der FDP im Stadtrat erfolgreich. „Wie werden genauso weitermachen“. Beim ÖPNV habe sich in den letzten zehn Jahren nichts weiterentwickelt und die Verwaltung werde in jeder zweiten Sitzung immer mehr durch die Schaffung von Stellen aufgebläht, kritisierte der FDP-Kreisvorsitzende Coburg-Stadt. Es seien sechs Stellen für den Klimaschutz geschaffen worden, was die FDP sehr kritische sehe. Dass vieles, was die FDP vorschlage, dem Oberbürgermeister nicht gefalle, damit könne man leben, sagte Zimmermann.

Der 19-jährige Student und Mitarbeiter im Büro von Thomas Kemmerich in Erfurt, Justus Meixner, ist Landtagskandidat für Coburg. Er übte im Gespräch mit der stellvertretenden Bezirksvorsitzenden Luisa Funke-Barjak vor allem Kritik an der Europäischen Zentralbank. Er sehe in der Politik der EZB die eigentliche Ursache der derzeitigen „historischen Inflation“. Der Krieg in der Ukraine und die dadurch ausgelöste Energiekrise würden dabei als „Katalysator“ wirken. Er wolle sich für eine ordentliche und sinnvolle Innenpolitik, die auch Sicherheit garantiere, stark machen.

Viel Millionen Menschen fehlen

Thomas Hacker, der FDP-Mann aus Oberfranken in Berlin, ist auch Präsident der Thomas-Dehler-Stiftung. Entscheidungsfindung in so einem Bündnis sei schwierig und die FDP setze alles daran, vernunftgeleitete Politik zu machen. Die Mittelständischen Unternehmen würde sich Sorgen um die hohen Energiekosten machen, so Hacker.

MdB a. D. Horst Friedrich, Landesvorsitzender der Liberalen Senioren in Bayern, prognostizierte den Wegfall von sechs bis sieben Millionen Arbeitsplätzen. Die sogenannten Babyboomer würden bald in Rente gehen und deshalb fehlen vier Millionen Menschen, die arbeiten und Beiträge zahlen könnten. Durch die Überalterung der Gesellschaft stoße die Finanzierung des Sozialsystems an ihre Grenzen. „Wir müssen über deren Finanzierung nachdenken“. Es gehe hier nicht um zwei oder drei Euro. Die Alternative wäre die Beiträge zu erhöhen oder die Leistungen zu reduzieren.

Generationenvertrag nicht erfüllbar

Er sei wohl der bekannteste Politiker in Thüringen, umschrieb Thomas Kemmerich seine Person. Als politischer Unternehmer wolle er mit Vernunft und Sachverstand Probleme angehen. Mittelständische Unternehmen seien Ausbilder und gestalten das soziale Umfeld. Über zwei Millionen hoch qualifizierte Menschen würden durch die Rente mit 63 dem Arbeitsmarkt entzogen. Unternehmen wären froh, wenn sich ältere Menschen bewerben und anpacken würden. Der Generationenvertrag sei nicht mehr erfüllbar.

Der FDP-Politiker ging in seiner Rede auch auf die Gewalttaten in Lützerath und die Silvesternacht in Berlin ein. Hier reisten Personen an, die Gewalt gegen die Polizei verüben wollen. Dies seien keine Klimaaktivisten, sondern gewalttätige Straftäter. Diejenigen, sie sich auf die Straße kleben und Kunstgemälde mit Kartoffelsuppe bewerfen seien Straftäter, betonte Kemmerich. „Dagegen müssen wir uns stellen.“

Vor 25 Jahren erprobt

Die Energiekrise habe sich bereits vor dem Angriffskrieg Russlands abgezeichnet. Der Ursprung gehe auf 2011 zurück, als beschlossen wurde, aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie auszusteigen. Die Äußerung des Wirtschaftsministers Habeck, Gas zu jedem Preis zu kaufen, habe den Preis auf mehr als 300 Euro pro Tonne hochgetrieben. „Was passiert im nächsten Winter, wenn wir drei Meiler abschalten?“, fragte Kemmerich. Seit 1961 werde in Deutschland Gas durch konventionelles Fracking gefördert. Heute sei die Technik gänzlich anders als vor 25 Jahren, als sie erprobt worden war. Deutschland sollte daran forschen und Möglichkeiten ausloten. Der MdB aus Thüringen gab zu bedenken, dass man permanent Atomstrom von anderen Ländern einkaufe.

Immer mehr Waffen an die Ukraine zu liefern, könne nicht das Ziel sein. Stillstand müsse das Ziel sein, forderte Kemmerich. Er hoffe, dass im Hintergrund versucht werde, die Situation zu befrieden. Die 200 Milliarden für die Bundeswehr seien kein Sondervermögen, sondern Schulden für die nächsten Generationen.

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