Liebe zum VW Der Käferflüsterer aus Aidhausen

Martin Schweiger

Das kleine kugelige Auto ist mittlerweile 70 Jahre alt. Zum Jubiläum ging es für den VW Käfer, gemeinsam mit Julius Hochrein, nach Wolfsburg.

 
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Aidhausen - Im Film „der Pferdeflüsterer“ gewinnt Schauspieler Robert Redford das Vertrauen eines traumatisierten Pferdes und versteht es, das Tier wieder ins Leben zurückzuführen. Julius Hochrein aus Aidhausen kennt sich hingegen eher mit Pferdestärken aus. In Fachkreisen gilt der 56-jährige Kfz-Mechaniker als ausgewiesener Experte für VW-Käfer-Modelle und ist so etwas wie ein „Käferflüsterer“.

Schon an seiner ersten Arbeitsstelle im Autohaus Gelder in Haßfurt war er der erste Ansprechpartner, wenn es galt, einen Käfer zu reparieren. „Bei den alten Modellen höre ich meist schon am Motor- oder Fahrgeräusch, was dem Auto fehlt“, sagt Hochrein. „Wenn man ein altes Auto verstehen und genießen will, darf man auf keinen Fall die neue Technik mit der alten vergleichen. Du musst dich auf das Fahrzeug einlassen können und dich auch in die Lage der Menschen von damals versetzen können, wie zum Beispiel den Aufstieg vom Fußgänger oder Motorradfahrer zum Autofahrer“, ist er überzeugt.

In den 1950er Jahren sei man schon deshalb mit so einem Auto aufgefallen, weil es sich die wenigsten haben leisten können den Kaufpreis von 5150 DM bei einem Stundenlohn von ein bis zwei Mark aufzubringen. Seit dem Jahr 1989 ist Hochrein selbst stolzer Besitzer eines alten Käfers, Baujahr 1951.

Seine Geschichte, wie er zum dem Fahrzeug kam, erinnert an die biblische Geschichte vom Vater, der seinen verlorenen Sohn wiederfindet. Im Jahr 1989 hörte Hochrein in einem Käfer-Klub-Stammtisch in Schweinfurt, dass in Urspringen in der Rhön noch ein alter Käfer irgendwo in einem Garten im Dornröschenschlaf schlummert. Hochrein machte sich auf in die Rhön. Er suchte den ganzen Ort ab, spähte in jedem Garten nach dem ominösen Auto. Er wollte bereits aufgeben und heimfahren, als er in der letzten Straße unter Büschen zugewuchert das Blechross fand. Er verhandelte mehrere Wochen mit dem Besitzer, der ihn eigentlich nicht verkaufen wollte.

Der Käfer stand seit 15 Jahren im Freien und war im Boden eingesunken. Hochrein investierte in zwei Jahren 1500 Arbeitsstunden um sein Schätzchen herzurichten. Motor und Getriebe waren noch in Ordnung. Die Karosserie war vom Rost zerfressen und auch der Innenraum war weitgehend im schlechten Zustand. Die Rückscheibe ist noch geteilt, woher der Käfer den Namen „Brezelkäfer“ bekam.

Der Grund dafür war banal: damals war es noch sehr teuer und aufwendig Glas zu biegen, weiß Hochrein. Für die Wiederherstellung verwendete er nur Originalteile, weshalb er auch schon als schönster Käfer in Wolfsburg prämiert wurde. Der Käfer wurde in den 1950er Jahren noch nicht so genannt. Offiziell wurde er am 17. Juli 1951 als „11 C Exportlimousine“ ausgeliefert. Erst später verwendeten die US-Amerikaner in der Werbung den Namen „Beetle“, zu deutsch Käfer, der sich dann Ende der 1960er Jahre in Deutschland durchsetzte.

Vor Kurzem konnte der Jubilar einen runden Geburtstag, nämlich den 70., feiern, zu dem Hochrein seinem Schmuckstück eine Reise an seinen Geburtsort spendierte. Er wählte eine Route, wie sie es auch in den 1950er Jahren schon gab – fernab der Autobahn A 70 quer durch den Harz. Pünktlich am Geburtstag fuhr Hochrein vor dem VW-Museum in Wolfsburg vor und wurde herzlich empfangen. Es wurden Fotos gemacht und Hochrein erhielt freien Eintritt ins Museum. Die rund 400 Kilometer nach Wolfsburg absolvierte er in knapp sieben Stunden. Dabei verbrauchte der 25 PS starke Volkswagen 6,8 Liter Benzin. „Er läuft und läuft und läuft“, wiederholt er einen bekannten Werbeslogan.

Das älteste Modell ist der 51er VW allerdings nicht. Er trägt die Fahrgestellnummer 1-0267823, das heißt er ist der 267823. Käfer, den VW gebaut hat. Mit insgesamt 21 561 000 hergestellten Exemplaren von 1938 bis 2003 ist der VW Käfer das meistgebaute Auto der Welt.

Der letzte Käfer aus dem Jahr 2003 war im Grunde das gleiche Modell wie aus dem Jahr 1938: er hatte die gleiche Form, den gleichen Hinterradantrieb, den gleichen luftgekühlten Motor, die gleiche Federung und das gleiche Zentralrohrchassis. Hochrein hat übrigens noch andere Autos – freilich alles VW. „Ich fahre nichts anderes“, sagt er. Man glaubt es ihm.

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