Kann die Produktion von Medikamenten nach Europa zurückgeholt werden?
Höchstens zu einem kleinen Teil, sagt Ulrike Holzgrabe, Seniorprofessorin für pharmazeutische und medizinische Chemie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Zwar sind Indien und China die weltgrößten Produzenten fertiger Generika. Allerdings werden auch dort die Wirkstoffe nicht innerhalb eines Werkes produziert und in Pillen oder Tabletten gepresst. „Vielmehr sind es viele unterschiedliche Firmen, die Vorstufen produzieren und die dann von den Pharmafirmen aufgekauft werden, um daraus das fertige Medikament herzustellen.“ Zu glauben, man könne eine solche komplexe Produktionskette in kurzer Zeit innerhalb Europas aufbauen, sei naiv. Holzgrabe schlägt vor, sich auf die Herstellung wichtiger Antibiotika zu konzentrieren – und entsprechend Unternehmen, die in diesem Bereich in Europa schon tätig sind, wirtschaftlich zu unterstützen. „Hierfür gilt es auf der EU-Ebene Rahmenbedingungen zu schaffen.“
Sind unsere Medikamente zu billig?
Gerade Hersteller von patentfreien Nachahmerarzneien, sogenannte Generika, beklagen großen Kostendruck und zu geringe Erstattungen der Krankenkassen, während die Preise für Medikamente weitgehend reguliert sind. Allerdings sieht der Lieferkettenanalytiker Francas darin nur einen geringen Nutzen: „Das mag in einzelnen Bereichen funktionieren – wie etwa bei den Fiebersäften. Aber die Lieferketten gerade im pharmazeutischen Bereich sind bei den meisten Herstellern so global, dass eine nationale Preisänderung da wenig Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Medikamenten hat.“
Welche Maßnahmen sollte die Bundesregierung zusätzlich ergreifen?
Wichtig ist es, die Lieferketten genau zu untersuchen und sie einem Art Stresstest zu unterziehen, schlägt David Francas. „Es geht darum genau zu untersuchen, wie sind die Abhängigkeiten? Wo kommen die Vorstufen her? Woher die Verpackung? Was braucht es alles für die Produktion?“ In den USA werden diese Untersuchungen schon gemacht. Ein solches Vorgehen vermisst Francas aber in Deutschland, aber auch in Gesamteuropa.