Laut einer neuen Forsa-Umfrage sind die Linken bei den 18- bis 29-Jährigen die beliebteste Partei. Forsa-Chef Manfred Güllner spricht über die Gründe.
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Bemerkenswert sind nicht nur die Umfragewerte bei jungen Menschen, sondern auch die Reichweiten, die die Linken in den sozialen Medien vorzuweisen haben. Alleine das letzte Tik-Tok-Video von Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek hat 6,3 Millionen Aufrufe. Ihre beiden vorherigen Videos erreichten jeweils 5,7 Millionen Klicks. Wie groß ist Reichinneks Anteil an der Popularität junger Menschen?
Wesentlich, meint Forsa-Chef Forsa-Chef Manfred Güllner. Hinzu kommen, dass das frühere Führungspersonal um Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine für viele Menschen unattraktiv gewesen sei.
Bei Reichinnek sehe das anders aus: „Sie hat sich klar positioniert, redet verständlich und sieht wie ein normaler Mensch aus. Ihre Sprache wird verstanden.“ Ihre Rede im Bundestag, in der sie den „Dammbruch“ von CDU/CSU kritisiert, sei von der Bevölkerung weitgehend wahrgenommen worden.
Auch die weiteren Gesichter der Partei kämen gut an, so Güllner über den Parteivorsitzenden Jan van Aken und die „Silberlocken“ Gregor Gysi, Dietmar Bartsch und Bodo Ramelow. Gysi sticht dabei noch einmal etwas heraus. Der 77-Jährige liegt im Forsa Vertrauensranking auf dem vierten Platz, ist demnach der viertbeliebteste Politiker in Deutschland.
Güllner glaubt derweil nicht, dass das Wahlprogramm der Linken, in dem unter anderem ein Mindestlohn von 15 Euro, eine Vermögenssteuer und Enteignungen von Immobilienkonzernen vorgeschlagen werden, eine große Rolle für die Wahlentscheidung der jungen Wähler spielt. „Dass da genau hingeguckt wird bei einzelnen Punkten, ist zweifelhaft“, meint er.
Dass die Linke sich klar gegen eine Kooperation mit der AfD ausgesprochen und dies klar kommuniziert habe, sei aber wahrgenommen worden. Die Linke habe damit deutlich gepunktet. Außerdem werde registriert, dass es wieder eine echte linke Partei gebe, schließlich seien die Grünen aus ihrer Historie heraus eher eine Protestpartei aus dem städtischen Milieu. Das an der grünen Basis unbeliebte Zehn-Punkte-Programm von Robert Habeck habe den Linken möglicherweise ebenfalls ein klein wenig in die Karten gespielt.
Prof. Dr. Michael Wehner von der Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Württemberg drückt das Ganze noch etwas anders aus. Er sagt, ein Großteil der anderen Parteien würde aufgrund von zahlreichen Regierungsbeteiligungen und altem Führungspersonal „nicht sexy“ wirken. Die Linke hingegen werde von vielen jungen, weltoffenen Menschen als „glaubwürdige Alternative“ wahrgenommen.
Ältere runzeln über radikale linke Forderungen nach offenen Grenzen und noch mehr Migration dagegen eher die Stirn. Das Gegenprogramm zur Linken bietet in diesem Bereich das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW), das von Beobachtern als „links-konservativ“ etikettiert wird. In der Sozialpolitik haben Wagenknecht & Co. aber nach wie vor manche Überschneidungen mit der Linken, während sie sich gleichzeitig wirtschaftsfreundlich präsentieren: Auf Elektromobilität und Heizungsgesetze pfeift das BSW weitgehend, um den Staatshaushalt zu entlasten und teure „Bürokratie“ abzuschaffen.