Ventil für den Alltag
„Der Kurs entstand, um den jungen Leuten über die Sprache ein Ventil für ihren oftmals harten Alltag zu geben – eine Art Therapie, um Probleme nicht in sich hineinzufressen, sondern sprachlich zu bewältigen“, verdeutlicht der Kulturvermittler. Locker und gelassen sollten sie dabei, ohne Zeit- und Notendruck, ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Leider finde heute an vielen Schulen kaum noch Spracharbeit statt. Umso höher sei es zu bewerten, dass es das Projekt nun schon seit Jahrzehnten an der Berufsfachschule gebe. „Das ist sicherlich einmalig“, zeigte sich Cesaro ebenso stolz wie erstaunt über die hochwertigen Ergebnisse.
Für die angehenden Pflegefachkräfte stellten die beiden Tage eine gelungene Abwechslung vom Schulalltag mit reichlich Unterrichtsstoff dar. Wie sie bekundeten, üben sie ihren Beruf voller Freude aus. „Es geht mir darum, Menschen zu helfen. Es ist ein superschönes Gefühl, wenn mich eine ältere Dame anschaut und sagt, wie schön es ist, dass ich da bin. Das ist für mich ein echtes Glücksgefühl“, verinnerlicht Marianne. Wenn man diese Dankbarkeit spüre, dann sei in diesem Moment alles andere vergessen. Auch ihre Mitschüler bestätigten, dass es sich um einen sehr schönen und erfüllenden Beruf handele, bei dem man sehr viel zurückbekomme, was sich dann auch in den bewegenden Haiku widerspiegelte.
Nach der Kopfarbeit am Donnerstag, ging es am Freitag mehr in Richtung Handarbeit. Die Haiku wurden mit dem Computer erfasst, als Plakatgedichte gestaltet, auf DIN A4 ausgedruckt und mit dem Kopierer auf A3 vergrößert sowie auf Papier kopiert. In dieser Form sollen die Gedichte in der Landratsamt-Galerie sowie als „Weg der Poesie“ im Eingangsbereich der Helios-Frankenwaldklinik ebenso ausgestellt werden wie auch als Wandgestaltung in der Berufsfachschule; ist doch Cesaro ein Nach-Außen-Tragen der Ergebnisse sehr wichtig. Daher sollen die Haiku, verkleinert und einlaminiert, auch wieder einen „Poesiebaum“ vor der Klinik schmücken.
Sonderform Senryu
Bei den Zeilen voller Anteilnahme und Wärme handelt sich um Senryu – eine Art deutsche Form des traditionellen japanischen Kurzgedichts Haiku. Mit seinen insgesamt 17 Silben – erste Zeile fünf Silben, zweite Zeile sieben Silben und dritte Zeile fünf Silben – gilt es als kürzeste Gedichtform der Welt. Es gibt keinen Endreim; auf Wortwiederholungen von Substantiven wird ebenso verzichtet wie auf Fremdworte.