Lockdown Sänger leiden unter Auflagen

Auch der Coburger Chor Unerhört versucht das Beste aus der Situation zu machen. Foto: Henning Rosenbusch

Die Freude am Singen hat durch die Coronakrise stark gelitten. Die Folgen des Lockdowns sind noch lange nicht ausgestanden.

 
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Grub am Forst/Coburg - Von einem gelungenen Neustart nach dem Lockdown können die regionalen Chöre und Gesangvereine nicht sprechen. Erstgenannter ist für manche sogar noch gar nicht beendet. Zu sehr wird die eigentliche Chor-Arbeit von den aktuellen Abstands- und Hygienemaßnahmen beeinflusst. „Insbesondere der vorgeschriebene Mindestabstand von zwei Metern macht eine chorische Probe sehr schwer, und viele Vereine haben sich daher gegen eine Wiederaufnahme des Probenbetriebs entschieden“, erklärt Jens-Uwe Peter, Vorsitzender des Sängerkreises Coburg-Kronach-Lichtenfels auf Nachfrage der Neuen Presse.

Mehr als schleppend versuchen die Sängergruppen, ihre gemeinsamen Proben wieder aufzunehmen oder coronagerecht umzusetzen. In einigen Chören ist die Vereinsarbeit jedoch zum Stillstand gekommen. „Das Problem ist, dass unseren Mitgliedern durch den Sicherheitsabstand die Freude am Singen genommen wird“, so Sängerkreis-Geschäftsführer Hermann Neubauer. Die aktuellen Sicherheitskonzepte lassen sich außerdem nur schwer umsetzen. „Um den nötigen Abstand von zwei Metern einzuhalten, müssen teilweise neue und teure Räumlichkeiten angemietet werden“, erklärt Neubauer.

Hinzu komme, dass viele Sängerschaften keinen Nachwuchs finden und dadurch die Mitgliederzahlen schwinden. „Früher hatten die Gesangvereine aus der Region 3700 Sänger, heute sind es noch 2500. Der Mitgliedsschwund wird jetzt nach dem Lockdown noch zunehmen“, so Neubauers Mutmaßung. „Für junge Leute gibt es heute selbst im ländlichen Raum ein viel größeres Angebot an Aktivitäten. Es gibt schon Gesangvereine, die weniger als zehn Mitglieder haben. Selbst Sportvereine leiden unter sinkenden Mitgliederzahlen.“

Um wieder mehr Nachwuchs für die Gesangsgruppen zu begeistern, würde sich Neubauer mehr jüngere Chorleiter mit einem Repertoire aus altem Liedgut und modernen Stücken wünschen. So jemanden wie Kreis-Chorleiter Markus Häßler. Er leitet gleichzeitig den Chor Feinklang vom Sängerkranz Grub am Forst und freut sich, dass er mit seinen Leuten endlich wieder regelmäßig proben kann: „Das Schlimmste ist überstanden. Natürlich bin ich froh, dass wir uns wieder treffen können, aber wir müssen uns auch an ein strenges Hygienekonzept halten.“ Dafür mussten Häßler und seine Sänger auf einen neuen Probenraum ausweichen. „Bislang haben wir deswegen aber keinen Mitgliederschwund zu verzeichnen.“ Häßler ist überzeugt, dass sich mit viel Engagement und neuerem Liedgut auch jüngere Menschen wieder für Chöre begeistern lassen. Allerdings sieht er durch die aktuell steigenden Corona-Zahlen ein neues Problem auf die Chorgemeinschaften zukommen: „Wahrscheinlich werden die Zahlen nach den Sommerferien noch weiter steigen. Spätestens im Herbst könnten Proben in geschlossenen Räumen wieder verboten sein. Unsere Zusammenkünfte lassen sich in der kalten Jahreszeit aber nicht so leicht ins Freie verlegen wie im Frühjahr.“

Doch auch im vergangenen Lockdown hat der junge Chorleiter Mittel und Wege gefunden, um mit seiner Gruppe die probenfreie Zeit effektiv zu gestalten. „Wir haben digitale Projekte über das Internet durchgeführt. Zum Beispiel habe ich Probenvideos verschickt. So konnte jeder auch von zu Hause aus üben. Ich habe dann eine Art musikalische Collage aus den Stücken unserer Mitglieder erstellt.“

Auch wenn noch nicht alle Chöre ihren normalen Betrieb aufnehmen können, sind die Sängergruppen froh, wenigstens wieder gemeinsam proben zu dürfen. Allerdings haben sich in den vergangenen Monaten laut Jens-Uwe Peter Vereinsauflösungen nicht verhindern lassen. „Das war in den letzten Jahren aber fast immer die Regel, sodass ich aktuell nicht von einem vermehrten Chorsterben reden kann.“ Ob das so bleibt, hängt auch von der weiteren Pandemie-Entwicklung ab.

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