Loewe Opta Als Kronach Rundfunk-Geschichte schrieb

Gerd Fleischmann
Foto: Gerd Fleischmann

Vor 100 Jahren wurde in Berlin die Firma Loewe gegründet. Mit ihren Erfindungen sorgte sie weltweit für Furore. Auch nach ihrem Umzug in den Frankenwald.

 
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Der Fernsehhersteller Loewe hat seit seiner Gründung im Jahre 1923 in Berlin europaweit Rundfunk- und Fernsehgeschichte geschrieben. Die Opta, wie das Unternehmen bei der heimischen Bevölkerung genannt wurde, hat im Landkreis Kronach einen beachtlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung geleistet.

Rückblende: 1923 gründeten die Brüder Siegmund und David Loewe zusammen mit zwei Partnern die Radio Frequenz GmbH in Berlin/Friedenau. Schon die 1924 als Patent angemeldete Loewe Dreifachröhre – die erste integrierte Schaltung in der Geschichte der Elektronik – brachte den wirtschaftlichen Durchbruch. Diese Erfindung war die Basis für das erste kostengünstige Radiogerät. Auf einer Sonderschau in Berlin präsentierte Loewe den Ortsempfänger „OE 333“ zum Preis von nur 39,50 Mark. Tagesstückzahlen von über 2000 Einheiten ließen das Produktionsvolumen bereits 1926 die Millionengrenze überschreiten.

Der große Durchbruch der noch jungen Firma gelang 1931. Loewe stellte mit dem berühmten Wissenschaftler Manfred von Ardenne auf der achten Funkausstellung in Berlin zum weltweit ersten Mal der Öffentlichkeit das vollelektronische Fernsehen vor. Bereits einige Tage vorher, am 16. August 1931, kündigte die „New York Times“ die erste vollelektronische Filmübertragung auf der am 21. August stattfindenden Berliner Funkausstellung an. Nur zwei Jahre nach dieser sensationellen Vorführung präsentierte Loewe 1933 den ersten serienreifen elektronischen Fernseher auf der Funkausstellung.

Wegen der Machtübernahme durch das NS-Regime 1933 sowie des Zweiten Weltkriegs und der anschließenden Besetzung Ostberlins durch die Rote Armee wurden die Karten für das Unternehmen neu gemischt. Während das Berliner Hauptwerk nach schweren Bombenschäden und Demontage seine Fertigungsstätten wieder aufbaute, startete 1945 eine kleinere Zweiggruppe unter der Führung eines engen Mitarbeiters Siegmund Loewes zunächst in der Küpser Porzellanfabrik Edelstein unter schwierigen Umständen. Der Belegschaft gehörten damals 80 Personen an. In Oberfranken beschränkte man sich zunächst auf die Herstellung und Reparatur von Haushaltsgeräten sowie auf die Reparatur landwirtschaftlicher Maschinen und Radios. Weiterhin stellte man Lampen her – aus Holz. Um den nötigen Rohstoff zu erhalten, fuhren Direktor Bruno Piper und Prokurist Hans Oberländer mit einem Fahrrad, später mit einem Motorrad, in die Täler des Frankenwaldes. Sehr bescheiden begann man schließlich mit der Produktion von Radios, von denen täglich zwei mit dem Namen „Kronach“ das Werk verließen.

Als die Küpser Porzellanfabrik ihre Räume wieder benötigte, hielten die Loewe-Verantwortlichen Ausschau nach einem neuen Standort. Die Wahl fiel auf Kronach. Hinter der Porzellanfabrik Stockhardt & Schmidt-Eckert erfolgte am 7. September 1947 der erste Spatenstich. Als große Förderer des Unternehmens erwiesen sich die Kronacher Bürgermeister Baptist Thron (1883-1966) und Konrad Popp (1899-1978). Unter der Leitung von Bruno Piper – er erhielt 1966 die Ehrenbürgerwürde von Kronach - schuf man eine Fabrikationsstätte für zunächst rund 250 Arbeiter. Innerhalb eines Jahres entstanden zwei Hallen und zwei Längsbauten, die durch einen Querbau miteinander verbunden waren. Durch die Währungsreform 1948 wurden dem Neustart abermals Steine in den Weg gelegt. Doch die Radiotypen „Kronach“ und „Lauenstein“ wurden immer gefragter. Schon 1949 lief die Produktion auf vollen Touren. 30 000 Radios wurden verkauft, die Belegschaft wuchs auf 500 Beschäftigte an. Hinzu kamen 1950 noch etwa 300 Menschen im Landkreis, die in Zulieferbetrieben arbeiteten. Als 1951 in Deutschland der offizielle Fernsehbetrieb aufgenommen wurde, führte ein Hindernis – nämlich die weite Entfernung zum nächsten Fernsehsender – zu einer Einrichtung, die in ganz Europa Anerkennung fand: Auf der 678 Meter hohen Radspitze bei Seibelsdorf entstand der erste europäische Fernsehumsetzer. Mit dieser Erfindung leistete Loewe Pionierarbeit für die Fernsehversorgung weltweit. 1953 wurden bereits 2000 Fernsehgeräte gefertigt. 1954 stieg die Zahl der Mitarbeiter auf 1360, acht Jahre später waren es 3000. 1967 bot Loewe Opta den ersten Farbfernseher an. Ein Jahr später lief der zweimillionste Fernseher vom Band.

1987 und 1988 wurde für 12,5 Millionen Markt ein Entwicklungszentrum aus dem Boden gestampft. Und 1992 konnte Europas modernste TV-Fertigungslinie eingeweiht werden. Das Know-how kam vom japanischen Partner Matsushita. Zum 75-jährigen Bestehen im Jahr 1998 sah die wirtschaftliche Situation noch günstig aus. Das Kronacher Unternehmen, das einschließlich der UT Loewe Automotive Electronics GmbH rund 1300 Mitarbeiter beschäftigte, erzielte einen Umsatz von über 500 Millionen Mark. In den Folgejahren wurde der Markt jedoch immer schwieriger – eine Neuheit jagte die andere. Und der Kronacher Fernsehgeräte-Hersteller hatte trotz großer Anstrengungen das Nachsehen. 1999 ging Loewe an die Börse, mit einem Emissionskurs von 17 Euro. Das Allzeithoch lag am 31. August 2000 bei immerhin 39,75 Euro. Am 11. September 2001 brach der Kurs auf rund 20 Euro ein. Still und leise verschwand die Loewe-Aktie am 8. Oktober 2014 vom Markt.

Eine zu schwache Kapitalausstattung, der immer schwieriger werdende Markt sowie der Trend hin zu Billigprodukten brachte Loewe auf die Verliererstraße. Der Neustart erfolgte 2019 mit ausländischen Investoren. Mittlerweile hat sich die wirtschaftliche Situation stabilisiert. Trotz vieler Rückschläge befindet sich Loewe wieder in der Erfolgsspur. Man fokussiert sich weiter auf den Premiumbereich und will eine neue Displayfertigung für Luxus-Fernseher aufbauen.

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