Lorenz-Kaim-Schule Rohe Eier auf dem Schulhof

Heike Schülein

Bei einem Projekttag stehen interreligiöses Lernen und Demokratiebildung auf dem Lehrplan. Und ein ungewöhnliches Experiment.

 
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Fest verpackt fliegen an diesem Donnerstagmittag drei Eier aus dem Klassenzimmer-Fenster der Lorenz-Kaim-Schule im dritten Stock. Schüler des beruflichen Schulzentrums hatten jeweils ein rohes Ei mit Schutzmaterial wie Schaumstoff, Luftpolsterfolie, Krepppapier, Karton oder Wolle umgeben. Aus luftiger Höhe schicken einige nun die Eierflugmaschinen auf die Reise, während der Rest des Teams von unten das Geschehen beobachtet. Überstehen wird den Testflug am Ende nur ein Ei.

Das außergewöhnliche Experiment war Teil eines Projekts in Kooperation mit der Eugen-Biser-Stiftung mit Hauptsitz in München. Die Stiftung begleitet in Bayern – unterstützt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – an unterschiedlichen Schularten eine Reihe solcher Projekttage mit Schwerpunkt auf der Förderung demokratischer, interkultureller und interreligiöser Kompetenzen. Nachdem 2018 bereits die Premiere die Reihe für bayerische Berufsschulen in Kronach stattfand, wurde hier nun erneut ein vor allem um den weltanschaulichen Aspekt erweiterter, interreligiöser Projekttag abgehalten.

Drei Weltreligionen im Blick

„Wir haben den Anspruch, interreligiöses Lernen mit der Demokratiebildung bzw. politischen Bildung zusammenzubringen“, erläuterte Andreas Enders von der Stiftung die Hintergründe der Veranstaltung. Als trialogisches Team bildete er – mit der Rabbinerin Esther Jonas-Märtin sowie Dr. Selcen Güzel, Lehrbeauftragte für islamische Religionspädagogik – die drei Weltreligionen Christentum, Judentum und Islam ab, deren Parallelen und Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede und Gegensätze in anschaulicher Art aufgezeigt wurden. Die teilnehmenden Schüler aus der zehnten bzw. elften Klasse der Berufsfachschulen für Ernährung und Versorgung, Kinderpflege und Sozialpflege sowie des Fachbereichs Metalltechnik waren hierfür in vier Workshops aufgeteilt.

Interreligiöses Kochen

Der Workshop „Interreligiöses Kochen/Essen“ thematisierte dabei die verschiedenen Speisetraditionen bzw. Speisentrends - wie zum Beispiel „Halal“, was so viel bedeutet wie „rein“ oder „erlaubt“. Bei der arabischen Esskultur geht es darum, welche Lebensmittel, Dinge oder auch Handlungen aus islamischer Sicht zulässig und islam-konform sind. Schweinefleisch darf zum Beispiel gar nicht verzehrt werden; das Fleisch anderer Tiere nur, wenn es geschächtet, d. h. nach dem islamischen Ritus geschlachtet wurde. Was nach jüdischen Speisegesetzen gegessen werden darf, nennt man koscher. Koscher ist nur Fleisch von wiederkäuenden Paarhufern – also Ziegen, Kühe und Schafe; Schweine- und Wildfleisch hingegen nicht. Während die vegetarische Lebensweise je nach Ausprägung noch tierische Produkte wie Milch oder Eier erlaubt, verzichten Veganer konsequent darauf.

Die Teilnehmer des Workshops „Religiöse Vielfalt in Deutschland und Bayern“ beschäftigten sich mit der längst an bayerischen Schulen alltäglich gewordenen religiösen und kulturellen Vielfalt; insbesondere auch vor dem Hintergrund von Migrations- und Globalisierungsprozessen.

Eier-Flug-Experiment

Das Eier-Flug-Experiment wurde im Workshop „Menschenrechte und Religionsfreiheit“ durchgeführt. Vorher waren die jungen Leute angehalten, auf das Ei zu schreiben, was ihnen wichtig bzw. heilig ist – wie die Familie oder Freunde. Dann wurde jede Menge Verpackungsmaterial als Airbag verwendet, aber auch eine Art Fallschirm, um die Fallgeschwindigkeit zu reduzieren und den Aufprall zu dämpfen. Während es zweimal „Rühreier“ gab, blieb erstaunlicherweise das am wenigsten verpackte Ei heil. Dies führte bei den Schülern zur Erkenntnis, dass man auch Dinge, die man zu sehr behütet oder einengt, am Ende verliert.

Mediennutzung

Im Workshop „Interreligiöse Medienkompetenz und Populismus“ ging es um aktive, reflektierte Auseinandersetzung mit bzw. Nutzung von Medien. Soziale Medien machten es Nutzern immer schwerer, die empfangenen Informationen einzuordnen und auf ihre Glaubwürdigkeit hin zu überprüfen. Falsche Informationen bewirkten so oft gerade auch muslimfeindliche Haltungen. „Dabei ist es völlig egal, welche Religion, Herkunft oder Kultur wir haben. Wir sind doch alle gleich, alle Gottes Kinder“, fasste Margelyn zusammen.

Florian Neder, der seitens der Berufsschule hauptverantwortlich für die Durchführung des Projekttags zeigte, dankte – neben dem Trio der Stiftung – seinen Kollegen für die große Unterstützung.

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