Augenhöhe mit Plan
Bei der Beziehungskompetenz geht es darum, Kindern auf Augenhöhe zu begegnen, ihnen etwas zuzutrauen, sich aber auch mal in ihre Lage hineinversetzen zu können und sie als Person grundsätzlich immer wertzuschätzen, auch dann, wenn einem bestimmte Verhaltensweisen vielleicht nicht gefallen. „Das hat auch viel mit kommunikativen Fähigkeiten zu tun, ob ich sage: du hast mich geärgert. Oder es hat mich geärgert, dass du die Spülmaschine nicht ausgeräumt hast“, sagt Marion Lemper-Pychlau.
Voraussetzung für eine solche Beziehung ist allerdings, dass Eltern selbst einen Plan vom Leben haben, selbstbewusst und mit einem gesunden Selbstwertgefühl die Verantwortung für sich und ihr Kind übernehmen – und dabei auch eine gewisse Zuversicht ausstrahlen. „In diesem Bereich der so genannten Persönlichkeitskompetenz aber haben ganz viele Erwachsene Defizite“, sagt Marion Lemper-Pychlau.
An die Zukunft denken
Wer sich mehr natürliche Autorität wünscht, tut ihr zufolge deshalb gut daran, zunächst an sich selbst zu arbeiten. „Ich muss mich beobachten, meinen Umgang mit den Kindern. Wie verhalte ich mich, wie verhalten sie sich – und ist diese Reaktion das, was ich möchte“, sagt Marion Lemper-Pychlau. Mit älteren Kindern lohnt es sich auch immer wieder das Gespräch darüber zu suchen, wie Situationen künftig anders gelöst werden können. „Das ist definitiv eine ganze Menge Arbeit, man muss jahrelang sehr viel investieren und auch sehr viel mehr als wenn man sich einfach nur autoritär verhält“, sagt Marion Lemper-Pychlau.
Warum sich diese Mühe dennoch lohnt? Weil Eltern irgendwann ihre machtvollere Position gegenüber den Kindern verlieren. „Die elterliche Autorität ist ja paradoxerweise und zugleich erfreulicherweise dazu da, die Kinder später in die Lage zu versetzen, ohne diese Autorität auszukommen“, sagt Thorsten Merl. Dann können sie sich aus freien Stücken entscheiden, ob sie den Rat der Eltern und die Beziehung zu ihnen brauchen – oder eben nicht.
Info
Strafe oder Konsequenz
Drohen und Bestrafen halten die meisten Eltern in der Erziehung heute nicht mehr für richtig. Sätze wie „Wenn du dich jetzt nicht anziehst, dann gehe ich ohne dich“, fallen dennoch regelmäßig. „Sobald das Ziel ist, dem Kind Angst einzujagen, ihm eine Art Schmerz zuzufügen, damit es lernt, sich beim nächsten Mal richtig zu verhalten, sind Konsequenzen nur ein neues Wort für Strafe“, sagt Maya Risch, Familienberaterin aus Zürich. Der Unterschied zwischen Strafe und eine natürliche Konsequenz eines Verhaltens aufzeigen – was in der Erziehung durchaus wichtig ist – ist oft ein sehr feiner und hat vor allem mit Kommunikation und Haltung zu tun. Damit Kinder aus einer Situation etwas lernen können, müssen sie begreifen, worum es den Eltern geht– im Beispiel etwa darum, selbst nicht zu spät zur Arbeit zu kommen. (mar)