Mahnwache 400 Kronacher zeigen Flagge für den Frieden

Rainer Glissnik

Die Demonstranten setzen ein Zeichen gegen den Krieg in der Ukraine und betonen ihre Solidarität mit dem ukrainischen Volk.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Kronach - Rund 400 Menschen haben sich am Mittwochabend auf dem Kronacher Marienplatz versammelt, um Flagge zu zeigen gegen den Krieg in der Ukraine. Mit einer Mahnwache für Frieden in Europa zeigten sie ihre Solidarität mit dem Land.

Nach der Werbung weiterlesen

„Was mit den Menschen in der Ukraine passiert macht mich fassungslos“, erklärte Stadtrat Peter Witton (Grüne), der die Veranstaltung moderierte. „Wer jetzt noch Sympathien für diesen Machthaber, Autokraten und Diktator Putin hat, sollte seinen Kompass für Recht und Verbrechen überprüfen.“ Putin befehle auch ohne Rücksicht auf eigene Verluste die Zerstörung eines Landes mit entsetzlich vielen unschuldigen Toten. „Wenn ich daran denke, dass ich noch vor kurzem in der Stadt Kronach die Rufe `Wir wollen keine Diktatur´ gehört habe, erschreckt es mich zutiefst, wenn ich den Vergleich ziehe zum Kampf für die Freiheit in der Ukraine.“ Peter Witton hofft, dass wie in der biblischen Geschichte David gegen Goliath auch in diesem ungleichen Kampf die Freiheit für die Ukraine erhalten bleibt.

Angriff auf ein friedliches Land

„Am 24. Februar veränderte sich die Welt, in Europa brach Krieg aus. Ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg auf ein friedliches Land“, zeigte sich Sabine Groß (SPD) – sie gab den Anstoß zur Friedensdemonstration – erschüttert. „Es muss deutlich gesagt werden, dass Putin und seine Clique Kriegsverbrecher sind. Die Begründung für den Überfall auf den souveränen Staat Ukraine ohne Kriegserklärung beruht auf dreisten Lügen.“ Es sei nicht nur ein Angriff auf die Ukraine, sondern der gezielte Angriff eines Autokraten auf die europäischen Werte, Freiheit und Demokratie – die Putin fürchtet. Sabine Groß befürchtet, dass die Ukraine nicht das letzte Opfer Putins sein wird, wenn ihm nicht Einhalt geboten wird. Moldawien und Georgien könnten nächste Ziele sein. Auch Schweden und Finnland habe er gedroht. Trotz allem müsse es möglich sein, zum Dialog mit Russland zurückfinden zu können. Die russische Führung sei nicht das russische Volk.

„Frieden, Freiheit und Demokratie dürfen wir nicht mehr als selbstverständlich betrachten. Wenn wir diese Werte nicht entschlossen gegen die Feinde von Innen und Außen verteidigen, werden wir sie verlieren.“ „Jetzt geht es um Solidarität“, unterstrich Landrat Klaus Löffler. Er erlebte in den letzten Stunden, wie dieser Landkreis Kronach zusammenhält. Gemeinsam mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sind die Weichen gestellt, um ankommende Menschen Hilfestellung zu leisten. Er erinnerte an die Bilder, als sich Männer von ihren Kindern verabschiedeten, die nicht mehr wissen, ob sie diese jemals wiedersehen werden. „Das bewegt jeden von uns.“ Die spürbare Solidarität der Menschen im Landkreis Kronach sei herausragend. Ohne große Öffentlichkeit wurden die ersten beiden Familien im Landkreis Kronach aufgenommen: „acht Kinder und ihre beiden Mütter, denen wir jetzt im Landkreis Kronach eine Heimat geben wollen.“ „Helfen wir auch hier zusammen. Stehen wir vor allen Dingen zusammen. Helfen wir jetzt den Menschen, die auf unsere Hilfe angewiesen sind, die unschuldig in diese Situation gekommen sind. Wir werden alles Menschenmögliche tun und unseren persönlichen Beitrag leisten. Wenn wir alle zusammenhalten – das ist das Fundament unserer Heimat – werden wir auch diese Situation gemeinsam schaffen. Die Solidarität gehört dem ukrainischen Volk“, betonte Löffler. Dies gelte ebenso den Menschen, die in Russland für Freiheit und Demokratie auf die Straße gehen.

Gefühl der Machtlosigkeit

Die Sorge um Frieden und Freiheit eint die Menschen auf dem Kronacher Marienplatz, betonte Bürgermeisterin Angela Hofmann (CSU). „Es ist egal, welche Konfession, welche politische Partei, welche Einstellung man zum Leben mitbringt. Unsere Wertegemeinschaft in Deutschland und Europa vereint uns.“ Man hat Angst und fühlt sich machtlos angesichts dessen, was jetzt in der Ukraine passiert. „Aber wir können gemeinsam ganz viel erreichen.“ Allein schon dadurch, dass überall so viele Menschen zusammen stehen und ihre Solidarität bekunden.

Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein, machte der evangelische Dekan Markus Müller deutlich. Immer wieder sei dies aber eine bittere, böse Realität. „Wir sind beieinander aus Sorge, was aus dem kriegerischen Handeln der Machthaber Russlands noch erwachsen möge. Gleichwohl sind wir versammelt im Geiste des Friedens mit den Völkern in der Ukraine und Russlands, aller osteuropäischen Staaten. Wir fühlen uns verbunden mit den jüdischen Gemeinden in der Ukraine, deren Babyn Jar-Gedenkstätte heute bombardiert wurde.“ Dort wurde dem Massaker an mehr als 30 000 Jüdinnen und Juden im Jahr 1941 gedacht wurde. „Töten soll nach Gottes Willen nicht sein, Flucht und Vertreibung sollen nach Gottes Willen nicht sein, Zerstörung soll nach Gottes Willen auch nicht sein. Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein.“

„Wir wollen Frieden“

„Krieg ist menschengemacht. Frieden ebenso“, sagte der katholische Pfarrer Thomas Teuchgräber. Krieg ist die Absage an den Willen Gottes, der Frieden will. Frieden ist die Erfüllung des Willen Gottes, der uns zu Werkzeugen des Friedens macht. „Wir wollen Frieden“, brächten die Menschen zum Ausdruck, die sich hier auf dem Marienplatz getroffen haben. „Ich bin ein Enkel eines im Zweiten Weltkrieg erschossenen Soldaten“, zeigte der Geistliche auf. Sein Vater war drei Jahre alt bei der Vertreibung von Böhmen nach Franken. Daran erinnere er sich, wenn er sieht und hört, dass Kinder Abschied nehmen müssen von Eltern. „Grausam.“

Pfarrer Thomas Teuchgräber las einen Psalm von Pfarrer Stephan Wahl „Es ist Krieg“ vor. Dieser Psalm gibt sehr viel zu denken und ich würde mich freuen, wenn dieser Psalm den Weg in die Zeitungen findet“, meinte Peter Witton. Wie gehe man damit um, dass so etwas in einer Welt, die Gott geschaffen hat, zugelassen wird – diese Frage werde hier aufgeworfen. „Wo wir mit Gebet Mitgefühl zeigen, vielleicht doch einen Weg finden, der die Welt in diesem Punkt ändern kann.“

„Uns fehlen so oft die Worte und jetzt sind wir auch noch in einer Situation, wo uns die Hände gebunden sind“, sagte Dekanin Ulrike Schorn zum Abschluss. „Aber wir können uns versammeln.“ Sie sprach ein Gebet für die Menschen in der Ukraine. „Gott, wie zerbrechlich unsere Sicherheiten sind. Wie gefährdet unsere Ordnungen. Wütend und fassungslos erleben wir wie ein Machthaber die Freiheit und das Leben vieler Menschen gefährdet. Wie in Europa Krieg ist. Was geschieht als Nächstes? Was können wir tun, dass helfen oder etwas bewegen würde?“ Gemeinsam sprach man dann das „Vater unser“.