Maoam-Prozess nähert sich Ende Vom Kaubonbon zur Rohrbombe

Im sogenannten „Maoam-Bomber-Prozess“ verlangen Staatsanwaltschaft und Nebenkläger eine lange Haftstrafe. Die Verteidigung hingegen will einen Teil-Freispruch.

 
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  Foto: picture alliance / Volker Hartmann/dpa/Volker Hartmann

Hof - Nach über dreimonatiger Verhandlungsdauer sind im „Maoam-Bomber-Prozess“ vor dem Hofer Landgericht die Plädoyers gesprochen worden. Unter anderem wegen unerlaubtem Verabreichens von Rauschgift an Minderjährige in Verbindung mit gefährlicher Körperverletzung beantragte die Staatsanwaltschaft, eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten gegen den 41-jährigen Markus Z. zu verhängen. Dessen Verteidiger plädierten in der Hauptsache auf einen Freispruch aus Mangel an Beweisen und wegen des – von Z. eingestandenen – Baus einer Rohrbombe auf eine Freiheitsstrafe von neun Monaten. Dies entspräche genau der Dauer der Untersuchungshaft, die Markus Z. bislang abgesessen hat.

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Im Zentrum des Prozesses stand die Frage, wer im Januar des vorigen Jahres einem Fünfjährigen in Oberkotzau bei Hof einen mit Crystal vergifteten Maoam-Kaubonbon untergeschoben hat. Den Bonbon hatte das Kind an seinem Garderobenplatz im Kindergarten gefunden und in den Mund gesteckt, als ihn die Mutter am Nachmittag abholte. Kurz darauf spuckte das Kind das Maoam gleich wieder aus, weil es ungewohnt bitter schmeckte. Nach der Einschätzung von Gutachtern hat ihm das das Leben gerettet.

Für Oberstaatsanwalt Armin Zuber stand zweifelsfrei fest, dass es der Angeklagte war, der seinen Stiefsohn damals in Lebensgefahr gebracht habe. Er hatte Stunden zuvor in dem Kindergarten ein anderes Kind, seinen leiblichen Sohn, abgeholt. Das Motiv sei in dem Sorgerechtsstreit zu finden, der damals vor dem Familiengericht um das letztgenannte Kind geführt wurde.

Hintergrund: Schon Monate zuvor hatte sich die Mutter der beiden Kinder von Markus Z. gelöst und war schließlich ausgezogen. Z. habe sich entschlossen, mit allen Mitteln um das Sorgerecht für seinen leiblichen Sohn zu kämpfen. Weit vor dem Anschlag habe er in seinem Umfeld das unzutreffende Gerücht gestreut, seine Ex-Partnerin habe Drogenkontakte und sei daher als Sorgeberechtigte ungeeignet. In Wahrheit sei es laut Zuber freilich so, dass Markus Z. der einzige der Beteiligten sei, der Drogenkontakte hat. Im November verurteilte ihn das Amtsgericht Tirschenreuth wegen illegaler Einfuhr einer kleineren Menge Crystal. Wie genau das Crystal in den Kaubonbon eingearbeitet wurde, habe nicht ermittelt werden können, sagte Zuber.

Markus Z. sei jedoch nicht nur der einzige, der über die erforderlichen Mittel für die Tat verfügte, sondern auch der einzige, der ein plausibles Motiv gehabt habe. Mit welchen Mitteln er seine Ex-Partnerin diskreditieren wollte, habe sich im Oktober 2020 gezeigt. Damals erregte es landesweit Aufmerksamkeit, als Z. bei der Polizei anrief und meldete, dass eine Paketbombe vor seiner Haustür liege. Im Prozess gestand er, die Bombe selbst gebaut zu haben – aus Frust, dass nur gegen ihn ermittelt worden sei.

Noch Tage später gingen bei der Kripo oder dem Oberkotzauer Pfarrer Briefe ein, in denen sich die Frau angeblich selbst des Anschlags bezichtigte und sogar einen gemeinsamen Suizid mit ihren Kindern ankündigte. Allesamt hatte Markus Z. verfasst. Als Beweise seiner Rücksichtslosigkeit wertete Zuber, dass Z. nicht nur die Zutaten der Bombe auf den Namen einer ahnungslosen Bekannten im Internet bestellte. Auch die gefälschten Bekennerbriefe ließ er die Frau auf deren Arbeitsplatzdrucker ausdrucken, um keine Spur zu sich zu legen.

Von einem rücksichtslosen Vorgehen sprach auch Rechtsanwalt Peter Stich, der Nebenklägervertreter des geschädigten Kindes. Er verlangte eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten. Gleich nach der Trennung habe Z. seine Ex-Partnerin noch zu einer Lebensversicherung über 400 000 Euro überredet – angeblich, um die Kinder im Ernstfall versorgt zu wissen. Wenig später seien an dem fast neuen Auto der Frau die Bremsen ausgefallen.

Von einem „Sorgerechtskrieg“ könne laut Stich im übrigen keine Rede sein. Die Frau habe sich nur gegen eine von Z. entworfene Vereinbarung gewehrt, wonach sie täglich nur eine Stunde zum Abendessen mit dem gemeinsamen Kind hätte verbringen dürfen.

Die Verteidiger Tim Schneider, Markus Leonhardt und Salome Götz verwiesen darauf, dass zum Zeitpunkt des „Bombenfundes“ die Ermittlungen gegen ihren Mandanten im Tatkomplex „Maoam“ wegen nicht ausreichender Beweise bereits eingestellt gewesen seien. Seitdem sei nicht ein einziger neuer und gewichtiger Beweis hinzugekommen. Schon deshalb müsse der Angeklagte in diesem Komplex freigesprochen werden. Ein objektiver Tatnachweis sei mit der für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit nicht geführt worden.

Die Verteidiger kritisierten, dass sich die Beweisführung allein auf ihren Mandanten beschränkt habe. Mögliche Motive anderer seien nicht ernsthaft geprüft worden. Erst auf massiven Druck der Verteidigung habe das Gericht das Handy der Mutter des geschädigten Kindes nachträglich auswerten lassen. Dabei hätten sich Anhalte ergeben, dass diese sich einem früheren Partner wieder angenähert habe. Vielleicht, fragten die Verteidiger, sei Markus Z. dem neu erwachten Glück im Wege gestanden.

Die Verteidiger verwiesen darauf, dass sich die Belastungen ihres Mandanten im Tatkomplex „Maoam“ allein auf die Aussagen der Frau stützten. Es sei aber mehr als merkwürdig, dass diese den im Kindergarten ausgespuckten Kaubonbon wieder eingepackt und aufgehoben habe. Erst als die Rettungssanitäter kamen, um den Fünfjährigen in die Kinderklinik zu bringen, habe sie den Bonbon wieder herausgeholt.

Das Urteil wird am Freitag erwartet.