Marktplatz der biologischen Vielfalt Das Projekt endet – und geht doch weiter

Teilnehmer der Bilanzkonferenz „Marktplatz der biologischen Vielfalt“ am 21. Oktober in Amberg. Foto: /Florian Lang

Städte und Gemeinden sind der Schlüssel im Biodiversitätsschutz. Das kommunale Modellprojekt „Marktplatz der biologischen Vielfalt“ hat hierbei eine Erfolgsgeschichte geschrieben.

 
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Ebern - Seit 2018 hat die Stadt Ebern mit neun weiteren bayerischen Kommunen gemeindespezifische Biodiversitäts-Strategien zum Schutz von Arten sowie Lebensräumen erarbeitet. Im Laufe der Zeit setzte man bereits mehrere Maßnahmen um. Das Projekt wird über den inhaltlichen Abschluss zum Jahreswechsel noch lange nachwirken, denn die Strategien sind feste Bestandteile der kommunalen Entwicklung geworden. Die biologische Vielfalt benötigt diesen dauerhaften Einsatz, wie auf der abschließenden Bilanzkonferenz einhellig betont wurde.

Die Konferenz am 21. Oktober des vergangenen Jahres in Amberg setzte, so teilen Florian Lang und Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann in einer Meldung mit, den formalen Schlusspunkt hinter das Modellprojekt „Marktplatz der biologischen Vielfalt – Bayerische Kommunen setzen auf Biodiversität“ ( Januar 2018 bis März 2022). Die Biodiversitäts-Strategien seien erstellt, knapp 80 Maßnahmen in den Kommunen umgesetzt und feste Unterstützerkreise eingerichtet worden. Entsprechend positiv fiel das Projektfazit auf der Bilanzkonferenz aus. Mit dem Rückblick mochten sich die beteiligten Kommunen aber nicht lange aufhalten. Ihr Blick geht nach vorne, denn das Artensterben ist, so Lang und Hennemann, „ungebremst und bedroht die menschlichen Lebensgrundlagen. Für eine Trendumkehr müssen die Bemühungen intensiviert sowie weitere Städte und Gemeinden für den Biodiversitätsschutz gewonnen werden.“ Das einstimmige Fazit der Teilnehmer im Oktober lautete: Kommunen sind Schlüsselebene im Biodiversitätsschutz.

Dass Kommunen für diese Herausforderung die richtige Handlungsebene sind, konnten die teilnehmenden Städte und Gemeinden laut Meldung eindrucksvoll bestätigen. Ulrike Lorenz, Vorstand des Bayerischen Naturschutzfonds, welcher das Projekt aus Zweckerträgen der GlücksSpirale förderte, würdigte das Modellprojekt: „Der ‚Marktplatz der biologischen Vielfalt’ war richtungsweisend für mehr Biodiversität und für mehr kommunale Lebensqualität. Jede der zehn teilnehmenden Kommunen hat mit dem Projekt einen eigenen Markenkern der Biodiversität herausgearbeitet, der Bewusstsein und Identität schafft.“ Bayernweit seien die zehn Kommunen nun ein starkes Vorbild für mehr Artenvielfalt. Sie trügen entscheidend dazu bei, dass die Biodiversität in den kommunalen Entwicklungsprozessen verankert werde. „Die Förderung des Bayerischen Naturschutzfonds mit rund 700 000 Euro ist gut investiert. Besonders erfreulich ist, dass einige Kommunen bereits langfristige Folgeprojekte für mehr Artenvielfalt umsetzen“, so Lorenz.

Nach der Erstellung und dem einstimmigen Beschluss der Biodiversitätsstrategie im Eberner Stadtrat am 24. September 2020 liegt der Fokus der Stadt mittlerweile voll auf der Umsetzung. Die Ergebnisse sind, so Hennemann und Lang, „ mit entsprechenden Maßnahmen für die sechs Handlungsfelder Agrarlandschaft, Wald, Gewässer, Siedlung, Naturerleben und Bewusstseinsbildung sowie Wertschöpfung hinterlegt. Insgesamt wurden 37 Ansätze zur Förderung der Biodiversität in Ebern erarbeitet.“ Einige Starterprojekte haben bereits begonnen beziehungsweise wurden schon umgesetzt. So etwa die Obsternte-Aktion, Blühwiesen, Artenreiche Flächen, regelmäßige Führungen zu den Biodiversität-Hotspots im Stadtwald oder ein Schnittkurs an kommunalen Obstbäumen.

Weiter wird, so die Meldung, „an einer Entwicklung eines kommunalen Grünflächenmanagements gearbeitet, besonders für die Mahd durch den Bauhof im Sinne der Artenvielfalt.“ In der Stadtbücherei wurde für eine Bibliothek der Dinge, Sachmittel und Literatur zur Artenvielfalt zum Ausleihen angeschafft und Bienenhotels für die städtischen Einrichtungen bestellt. „Der Biodiversitätsschutz ist inzwischen fest in der kommunalen Agenda verankert und das Bewusstsein für den Wert der biologischen Vielfalt in der Bevölkerung gestärkt“, freut sich Hennemann über den Erfolg. Dazu bedürfe es aber viele Einzelmaßnahmen und aktive Bürger, die mitziehen. Zudem müsse die Notwendigkeit immer wieder dargestellt werden, dass auch mal Wiesen nicht schön abgemäht seien, um der Artenvielfalt eine Chance zu geben.

Das Projekt soll auf die Baunach-Allianz übertragen und fortgeführt werden. Hier soll die artenreiche Kulturlandschaft mit vielen Streuobstbäumen und Hecken erhalten, die Baunachaue im Wiesenbrüter-Projekt ausgebaut und die Artenvielfalt in den Gärten und auf den öffentlichen Flächen verbessert werden. Das Biodiversitätsmanagement in Ebern soll ebenso verstetigt werden.

Streuobstwiesen schützen

Im Rahmen der Bilanzkonferenz wurde, so die Meldung Hennemanns, noch ein bayernweit dringliches Handlungsfeld für die nahe Zukunft definiert. Norbert Metz vom Landschaftspflegeverband Mittelfranken zeigte in seinem Vortrag auf, dass der artenreichste Lebensraumtyp in Bayern, die Streuobstwiese, circa 70 Prozent der ursprünglichen Gesamtfläche in den letzten Jahrzehnten verloren hat. Wer die Biodiversität im Freistaat schützen wolle, müsse diesen Trend umkehren. Und dafür sei jetzt die richtige Zeit. Der Bayerischen Streuobstpakt, den die Bayerische Staatsregierung mit mehreren bayerischen Naturschutzverbänden Ende 2021 vereinbarte, verfolgt unter anderem das Ziel, eine Million Obstbäume bis zum Jahr 2035 zu pflanzen.

Möglichkeiten, wie durch die Verwertung des Obstes Wertschöpfung erzielt und Bewusstsein geschaffen werden kann, zeigten sowohl Norbert Metz als auch der zweite Referent Alois Wilfling aus der Steiermark auf. Der österreichische Streuobst-Spezialist überzeugte die Teilnehmer der Konferenz mit seiner Initiative „eva&adam“, die alte Obstsorten als Stars des Geschmacks und der Artenvielfalt in Szene setzt. Er weitete den Blick darüber hinaus, dass der Biodiversitätsschutz auch positive Effekte auf den Tourismus und die Landwirtschaft entfaltet.

Möglich gemacht hat diese Erfolgsgeschichte eine einzigartige Zusammenarbeit zwischen den landesweit tätigen Naturschutzverbänden Bund Naturschutz in Bayern e. V., Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V. und Wildland-Stiftung Bayern sowie dem Markt Tännesberg. Die Akteure erhielten überdies fachliche Unterstützung durch das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz sowie durch den Bayerischen Gemeindetag. Auch bei ihnen besteht zum Ende des Projekts Einigkeit, dass der kommunale Weg im Biodiversitätsschutz entscheidend ist, um die Ziele der Bayerischen Biodiversitätsstrategie zu erreichen. Sie dankten den teilnehmenden Kommunen ausdrücklich für ihren Einsatz zum Schutz der biologischen Vielfalt und motivierten sie, ihr Engagement weiter auszubauen. red

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