Mein Hobby: Backen Süßes, das von Herzen kommt

Norbert Klüglein

Gertraude Wenzel backt in der Vorweihnachtszeit Plätzchen – bis zu über 40 Sorten. Dafür nimmt sie in manchen Jahren sogar Urlaub.

Birkach - Die Küche duftet nach nach Vanille und Kardamom. Im Backofen bräunt gerade ein Blech mit Butterplätzchen. Marmelade, Schokoglasur und Puderzucker stehen bereit, um das Backwerk in kleine Leckerbissen zu verwandeln, denen man nicht widerstehen kann.

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Diese Szene spielt sich so oder so ähnlich gerade in vielen Häusern ab. In der Weihnachtszeit werden die leckerste Familienrezepte hervorgeholt und die Lieben mit selbst gebackenen Anis-Plätzchen, Printen, Elisenlebkuchen oder Zimtsternen verwöhnt. Auch Gertraude Wenzel aus dem Untersiemauer Ortsteil Birkach pflegt diese Tradition. Allerdings entstehen bei ihr nicht vier, sechs oder acht unterschiedliche Sorten, sondern mindestens 25. In manchen Jahren sogar 30 oder 40.

„Normalerweise nehme ich in der Woche vor dem ersten Advent Urlaub, um in Ruhe backen zu können“, verrät die 50-Jährige. In diesem Jahr ist das ein wenig anders. Weil sich das Infektionsgeschehen schon wieder dramatisch zuspitzt und Adventsfeiern, Besuche bei Verwandten oder Treffen mit Kollegen wahrscheinlich nicht mehr stattfinden können, hat sich die leidenschaftliche Bäckerin ein Art freiwilliger Selbstkontrolle unterworfen: „Ich werde nicht mehr als 25 Sorten herstellen“, gelobt sie. Extra-Urlaub benötigt Gertraude Wenzel dafür nicht, sondern nutzt die Abende und Wochenenden, um ihren Drang zu Teigrolle und Backblech auszuleben.

Die Wurzel alles Süßen wurde bei der der Birkacherin schon vor der letzten Jahrhundertwende gelegt. 1995 begann sie eine Konditorenlehre bei Gollwitzer in der Coburger Theatergasse. „Plätzchenbacken und Tortenherstellen waren schon damals meine große Leidenschaft“, erinnert sich Gertraude Wenzel.

Den Konditorenberuf übt die 50-Jährige schon lange nicht mehr aus. Heute arbeitet sie in der EDV-Abteilung des Landratsamtes Coburg. Geblieben ist die Liebe zum Backen – und auch zum Kochen. Der Advent tut sein Übriges dazu: „Für mich ist das die schönste Zeit des Jahres. Da geht es nicht ohne Plätzchenbacken“, versichert Gertraude Wenzel.

Während andere vom Hantieren mit klebrigen Zutaten, dem genauen Befolgen von Rezepturen oder dem filigranen Verzieren fertigen Kleingebäcks schnell genervt sein können, ist das für sie kontemplatives Tun: „Beim Backen komme ich zur Ruhe“, versichert Wenzel. Außerdem liebt sie es, „wenn man nach ein, zwei Stunden Arbeit ein Ergebnis sieht“.

Freilich, auch der Hobbybäckerin geht mal was daneben oder neu Erprobtes schmeckt am Ende nicht so, wie sie sich das vorgestellt hat. Die Herstellung vom Baumkuchen beispielsweise, der aus vielen Schichten zusammengesetzt werden muss, stellt die Geduld der Birkacherin regelmäßig auf die Probe. Trotzdem: den Knethaken oder die Cremtülle an den Nagel hängen, kommt für Gertraude Wenzel nicht in Frage.

Um nach einem misslungenen Experiment das frustrierte Bäckerherz wieder ins Lot zu bringen hat sie einen guten Tipp: „Dann mach ich erst mal was, was ich im Schlaf kann und was hundertprozentig funktioniert.“ Die Klassiker unter den Backrezepten liebt Gertraude Wenzel ohnehin: „Backen heißt für mich Butter, Zucker, Mehl, Eier“, erzählt sie. Veganes, Glutenfreies oder gar Ersatzstoffe, wie Stevia oder Xylit kommen der 50-Jährigen nicht in die Rührschüssel. „Da bin ich konservativ!“

Selbst in einer untypischen Backsaison, wie der des Corona-Jahres 2021, verbraucht die Birkacherin rund fünf Kilogramm Mehl, fünf bis sechs Kilogramm Zucker, 30 bis 40 Eier, vier bis fünf Kilogramm Butter und noch jede Menge an Nüssen, Kokos, Schokolade oder Kakao. In ihr Hobby investiert sie so knapp 300 Euro. Aus den Zutaten entstehen unzählige Leckereien, vom einfachen Mürbteiggebäck, über Florentiner bis hin zu gefüllten Pralinen.

Damit überrascht sie dann kurz vor Weihnachten all diejenigen, die es ihrer Meinung nach verdient haben: „Vom Postboten bis zur freundlichen Verkäuferin im Supermarkt.“ Natürlich erhalten auch Freunde und Familienangehörige einen süßen Gruß aus Gertraudes Weihnachtsbäckerei. Viele warten übrigens schon darauf.