Verkehrte Welt: Kaum im Amt, hatte Markus Söder sein Ausscheiden als Ministerpräsident angeboten - wenn auch erst in zehn Jahren. Und die Oppositionsparteien, die das Angebot einer Verfassungsänderung anfangs offenbar nicht ernst genommen und Zustimmung signalisiert hatten, lehnen nun ab. Statt froh zu sein, Söder spätestens 2028 als Regierungschef wieder los zu sein. Um diese merkwürdigen Vorgänge der Selbstkasteiung halbwegs zu verstehen, muss man um die Ecke denken. Söders Prioritäten liegen nicht im Jahr 2028, sondern im Jahr 2018. Im September sind die Landtagswahlen, bei denen Söder um die absolute Mehrheit kämpft. Da macht sich so eine Demutsgeste mit freiwilliger Amtszeitbegrenzung gut für einen, der wegen seines Machtstrebens misstrauisch beäugt wird. Und 2028? Da will Söder ohnehin längst CSU-Chef sein und hätte ganz andere Machtoptionen. SPD, Freie und Grüne haben das Manöver inzwischen durchschaut. Sie wollen Söders Rechnung durchkreuzen und die Mehrheit für die Verfassungsänderung verweigern. Dabei wäre eine Amtszeitbegrenzung für Regierungschefs diskussionswürdig, nicht nur in Bayern. Amtsinhaber neigen dazu, den richtigen Zeitpunkt des Rückzugs zu verpassen, weil sie meinen, ohne sie geht es nicht. Wenn die Machtausübung von der Verfassung zeitlich beschränkt werden würde, wäre das bequem. Auch für die CSU, die beim Abservieren von Spitzenleuten wie Edmund Stoiber und Horst Seehofer stets Schaden nimmt.