Wer heute versehentlich den falschen Radiosender wählt, gewinnt den Eindruck, dass die Schallarchive der Stationen einer ethnischen Säuberung unterzogen wurden. Popmusik aus deutschen Landen entfaltet auf den Mainstream-Kanälen eine Vielfalt, die sich überwiegend als Plural von Einfalt entpuppt, da uns keine Sprachbarriere vor den Inhalten schützt. Etliche Barden des 21. Jahrhunderts pflegen eine vernuschelte Larmoyanz, die als neue deutsche Weinerlichkeit in die Fußnoten der Musikgeschichte eingehen dürfte. Den Gegenpol bildet die trotzige Spaßfraktion, die zum Tanz auf dem Vulkan aufspielt. Aufrührerisches Potenzial offenbaren die Pop-Poeten allenfalls im Umgang mit der deutschen Sprache, die sie mit Entschlossenheit aus dem Würgegriff des sauberen Endreimes zu befreien trachten.

Einen Vorzug muss man den chartoptimierten Neoromantikern allerdings zugestehen: Sie sind schlicht, aber ungefährlich, und unterschieden sich damit von den messianischen Gesängen Xavier Naidoos. Nachdem er sich mit antisemitischen, nationalistischen und homophoben Einlassungen bereits einschlägig positioniert hat, outet sich der Reichssänger nun endgültig als pegidabler Brandbeschleuniger. Im Song „Marionetten“ schürt er den dumpfen Groll der Wutbürger, schilt Politiker „Volksverräter“, hetzt ihnen schon mal den „Bauern mit der Forke“ auf den Leib und bedient sich eines Vokabulars, das am rechten Rand gut ankommt. Ob dahinter eine politische Haltung, wirre Naivität oder zynische Publicity-Strategie steckt, ist zweitrangig. Wenn ein Star seinen Status und seine künstlerische Freiheit dazu missbraucht, Hass zu schüren und Dummheit zu verbreiten, handelt er verantwortungslos.

Es wäre ein feiner Zug des Marktes, sich auch dieser Sache anzunehmen – mit einer Null-Quote für Pop-Populisten.