Die Wahrheit ist, dass mir auf Erden nicht zu helfen war", resümierte der Dichter Heinrich von Kleist mit seither berühmten Worten, bevor er sich erschoss. Hilflos ist auch Hans Fallada gestorben, eine Art Suizid war auch sein Tod: Von Alkohol und Tabletten, zuletzt vom Morphium kam er nicht los; 150 Zigaretten soll er täglich geraucht haben - das allein hätte genügt, ihn vor der Zeit ins Grab zu bringen, mit 53 Jahren, 1947 in einer Berliner Klinik. Versuche, sich das Leben zu nehmen, hatten sein Leben erbarmenswert begleitet. "Jeder stirbt für sich allein" heißt sein letzter, ein großer Roman: Der Titel gibt einen Grabspruch ab für den Schriftsteller, der am heutigen Samstag vor 125 Jahren in Greifswald als Rudolf Dietzen zur Welt kam. Sein Pseudonym entlieh er dem grimmschen Märchen von der "Gänsemagd", worin der sprechende Kopf eines enthaupteten Pferdes so heißt. Wenig märchenhaft indes verlief das Leben des Erzählers. Mit achtzehn Jahren überstand er einen - als Duell getarnten - Doppelselbstmord; dass sein Freund starb, er aber nicht, verwand er später nie. Dabei besaß er, mit seinen sozialkritischen Themen und einem großen Herzen für kleine Leute, das Zeug zum Erfolgsautor. 1932 gelang ihm mit "Kleiner Mann, was nun" ein tantiemeträchtiger Bestseller. Gelernt hatte er allerdings die Landwirtschaft. Zum Gutsbesitzer sogar brachte er's - nach ersten Entziehungskuren und ein paar Gefängnisstrafen, die er in "Wer einmal aus dem Blechnapf frisst" verarbeitete. Doch hielten ihn Depression und Süchte fest im Griff. Dreißig Jahre nach dem fatalen jugendlichen Scheinduell soll er auf seine geschiedene (erste) Frau Anna geschossen haben; wofür er, statt ins Gefängnis, neuerlich in eine Entzugsanstalt kam. Das vielfältige Grauen in Falladas Leben böte reichlich Stoff für einen eigenen Roman. Und wirklich hinterließ er ihn: Drei Jahre nach seinem Tod kam "Der Trinker" heraus - ein letztes, warnendes Bekenntnis, hart und ehrlich, Zeugnis einer Selbstvernichtung.