Was ein Leser sei, einer der alten Schule, geduldig und womöglich auf bedrucktes Papier versessen - das hat in deutscher Sprache vielleicht niemand schöner geschildert als der Schriftsteller Alfred Andersch: "Ich betreibe das Lesen weder als Ausschweifung noch vergesse ich mich in der Lektüre", bekannte er 1967 im Roman "Efraim", "auch unterbreche ich mich gern, lasse mich ablenken und ermüde schnell. Nichtsdestoweniger lese ich eigentlich immer, wenn ich nicht schreibe, spazieren gehe oder schlafe. Gelegentlich sehe ich mir einen Film an oder besuche ein Konzert, aber hauptsächlich lese ich." Herrliches Dasein. Ein einsames? Nicht länger. Die Lesefreuden zu "teilen", lädt demnächst die Website www.bookrebels.de ein. "Wir befreien Bücher", haben sich ihre Erfinder auf die Fahne geschrieben, als Parole für ein Programm des vernetzten Lesens. Wenn die Seite erst einmal läuft, soll ihr Nutzer, der bislang mehr oder weniger isoliert vor sich hin schmökerte, auf ihr "interessante Menschen mit gleichen Interessen treffen". Er kann die Titel seiner Bibliothek ordnen und "auf die Reise schicken", kann Eindrücke seiner Lieblingsbücher und -hörbücher posten und seinerseits Empfehlungen von anderen empfangen. Mit Geschick und Glück bringt er's vielleicht gar zum "Experten" und sammelt als solcher "wichtige Trophäen". Auf keinen Geringeren als Heinrich Heine berufen sich die konspirativen Buchrebellen: "Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die gewaltigste." Eine Gegenwelt: "Beim Lesen", sagt die Literaturwissenschaftlerin Andrea Gerk, die 2015 in einem Buch "Lesen als Medizin" empfahl, "können wir äußeren wie inneren Gefängnissen entfliehen." Eskapismus also, jetzt sogar online und gemeinsam. Warum nicht? Gerade die Nachrichtenflut via Internet lehrt den bangen Zeitgenossen: Die Welt ist nicht von der Art, dass man sich ihr 24 Stunden am Tag ungeschützt aussetzen sollte. Foto: M. Yemelyanov/Adobe Stock