Doch sobald seine Schützlinge älter wurden, sollten seine Einzelbesprechungen im Zimmer neben dem Unterrichtsaal für junge Frauen zu traumatischen Erfahrungen werden. „Ich sagte mir, M. ist für mich wie ein Vater, es ist nicht möglich, dass das geschieht“, so die heute 24-jährige Schauspielerin Iva Ilincic: „Ich schämte mich, weil er mich missbrauchte, nahm seine Schande auf mich. Ich war klein und begriff nicht, dass ich nicht Komplizin, sondern Opfer eines außerordentlich intelligenten Mannes war.“
Der Skandal hat Corona von den Titelseiten verdrängt
Anfangs habe sie Ohnmacht und Schwäche und danach vor allem „eine unglaubliche Scham“ verspürt, so die heute in Russland lebende und arbeitende Milena Radulovic. Wie andere Leidensgenossinnen versuchte sie ihr Trauma zunächst mit Psychotherapie aufzuarbeiten. Erst nach einigen Jahren habe sie die Kraft gespürt, den Kontakt und das Gespräch mit anderen Opfern von M. A. zu suchen.
Der Skandal hat in Serbien selbst Corona von den Titelseiten verdrängt. Inzwischen habe sich weitere Zeugen und Opfer des in Untersuchungshaft einsitzenden M. A. bei der Polizei gemeldet: Laut Presseberichten steht er unter dem Verdacht, seit 2008 sechs seiner Schützlinge vergewaltigt und fünf weitere sexuell belästigt zu haben.
In Bosnien hat der Skandal vier Schauspielerinnen dazu veranlasst,die Facebook-Selbsthilfegruppe „Nisam trazila – Ich habe nicht darum gefragt“ zu gründen. Die Plattform solle ein „sicherer Ort“ für Frauen sein, um ihre Missbrauchserfahrungen bei der Arbeit oder in der Ausbildung öffentlich zu machen.