Überhaupt hat Steffi Hölzel ein Herz für Vierbeiner: In ihrem Tiny-House in Sylbach finden auf 22 Quadratmetern nicht nur (Zweibeiner-)Freund Matthias und Therapieschweinchen Frau Brösel ein Plätzchen, sondern auch noch Miezekatze Vaiana und die kleine Hündin Heidi. In Harmonie und Frieden teilen sie sich ihr trautes Heim und den ein oder anderen Karottensnack. Stubenrein sind sie übrigens alle, inklusive Frau Brösel. Soll mal einer sagen, dass Schweine nicht reinlich wären.
Tiere schaffen besondere Bindung
„Frau Brösel ist mehr Mensch als Schwein“, findet Steffi Hölzel. Obendrein haben die reinlichen Borstentiere (anders als Hunde oder Katzen) auch keine Allergene, was für die Patienten von Vorteil ist. Vor allem aber hat Frau Brösel ein gewinnendes Wesen und eine offene, neugierige und zutrauliche Art. Auch bei der Lebenshilfe sind Steffi Hölzel und Frau Brösel daher überaus gern gesehene Gäste. Denn Frau Brösel findet Zugang, wo ihn keiner mehr vermutet hätte. So erzählt Steffi Hölzel von einem traumatisierten Kind mit Mutismus, das jahrelang kein Wort gesprochen habe, und plötzlich wieder zu reden begann: „Es macht auch etwas mit den Menschen“, beobachtet Steffi Hölzel. Sie selbst sei in dem Moment gar nicht so wichtig, die Bindung schafft das Tier.
Bei ihrer Arbeit kann Steffi Hölzel übrigens auch immer auf ihre Familie zählen: „Ohne wäre das gar nicht möglich.“ Das gilt auch für Spenden, beispielsweise für die Fahrtkosten, die das tierische Team bei allem ehrenamtlichen Einsatz doch irgendwie begleichen muss. Und für die Züchter Nadine und Wolfgang Keil, die bei allen Fragen rund ums Schwein stets mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Wenn Frau Brösel zur Therapie kommt, gehen nicht nur die Herzen auf, sondern auch die Hände. Buchstäblich, wie Melanie Metzger erzählt: Verkrampfte Fäuste lösen sich, das Leben kehrt in starre Finger zurück. Bei der Berührung mit dem kleinen Borstenvieh, das sich nur zu gern auf den Schoß nehmen und streicheln lässt, kommt eine ganz besondere Verbindung zustande. „Tiere haben eine ganz andere Ebene im Kommunizieren als Menschen“, sagt Melanie Metzger. Gerade, wo die Worte fehlen, zeigt das Tier, dass es gar keine braucht. „Es nimmt den Menschen an und versteht ihn, einfach aus der Natur heraus“, formuliert es Melanie Metzger. Und, ganz wichtig: „Es nimmt mich, wie ich bin.“
Tierisch was los
Für die AWO-Einrichtung in Knetzgau ein wahnsinniger Gewinn, wie Melanie Metzger sagt und ihrer Einrichtungsleiterin Sandra Partosch „unendlich dankbar“ dafür ist das tierische Projekt hier auf- und ausbauen zu können. Fast immer bringen die Vierbeiner Lebensfreude, allein schon durch die außergewöhnliche Abwechslung im Alltag. Bereits die Vorbereitungen bescheren eifrige Vorfreude: Da werden Äpfel gesammelt und Karotten geschnitten, um als Leckerli gegeben werden zu können, manchmal werden auch Lieder zur Begrüßung eingeübt.
Dazu kommen schließlich die Berührung, die Ruhe und das Vertrauen, das so ein Fellchen dann mit sich bringt: Frau Brösel springt auf den Schoß und lässt sich kraulen, und plötzlich ist alles andere vergessen. Und dann kehren bei einigen natürlich auch die Erinnerungen zurück, wenn man selbst in früheren Jahren einmal ein Haustier hatte oder damit groß geworden ist.
Frau Brösel ist das alles schnurz. Sie freut sich einfach, dass sie Freude bringt. Und wenn da noch ein paar Streicheleinheiten und vielleicht sogar ein paar gefriergetrocknete Himbeeren herausspringen, dann ist sie im Schweinehimmel.
Tierische Therapie
Breites Einsatzgebiet
Die moderne tiergestützte Therapie wurde 1969 begründet und ist heute in vielen Ländern anerkannt. Nach der Definition der European Society for Animal Assisted Therapy (ESAAT) umfasst der Therapieansatz „bewusst geplante pädagogische, psychologische und sozialintegrative Angebote mit Tieren für Kinder, Jugendliche, Erwachsene wie Ältere mit kognitiven, sozial-emotionalen und motorischen Einschränkungen, Verhaltensstörungen und Förderschwerpunkten“. Tiergestützte Therapie umfasst also alle Maßnahmen, bei denen sich gezielte Interaktion mit einem Tier – ob Delfin, Hund oder Lama - positiv auf das Verhalten von Menschen auswirken soll, egal, ob es um körperliche oder geistige Behinderung, um psychische Erkrankungen, Autismus-Spektrumstörungen, Suchterkrankungen oder chronische Erkrankungen geht.
Zucht
Frau Brösel stammt aus einer kleinen Hobbyzucht in Seelen, in der Nähe von Kaiserslautern. Züchter Wolfgang Keil hat sich hauptsächlich auf die Zucht der japanischen „Yin“-Minischweine und der apricotfarbenen, gepunkteten, japanischen „Yin-Pointo“ Minischweine spezialisiert. Sie sind vom Wesen allesamt sehr schnell zutraulich und extrem gelehrig. Daher werden viele von ihnen zu Therapiezwecken eingesetzt. Mehr unter www.minipigseelen.de.
Kontakt
Steffi Hölzel ist mit Frau Brösel (und natürlich auch Pony Arielle) im Einsatz, wo sie gebraucht wird – ehrenamtlich, aber natürlich gegen eine kleine Spende für Benzin und Aufwand. Wer will Frau Brösel kennenlernen? Kontakt gern über unsere Redaktion.