Mit 77 Rödentaler ältester Doktorand Bayerns

Pia Dahlem

Wie kann man als älterer Mensch Lebensqualität erhalten? Diese Frage beschäftigt Hannes Steinthaler, der mit 77 promoviert hat.

 
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Hannes Steinthaler aus Rödental ist der älteste Doktorand Bayerns. Foto: privat/hsc

„Ich bin superglücklich, dass ich es geschafft habe!“, erzählt Hannes Steinthaler und strahlt. Schließlich ist und war Aufgeben für ihn nie eine Option: „Was ich angefangen habe, mache ich zu Ende, das habe ich mein Leben lang so gemacht!“ Mit 77 Jahren ist der Rödentaler der älteste Doktorand Bayerns. Alleine diese Tatsache möchte man schon als „erfolgreich alt werden“ bezeichnen. Natürlich steckt viel mehr dahinter. Hannes Steinthaler hat sich in seiner Promotion intensiv mit Altersforschung, Präventionsprogrammen und dem subjektiven Empfinden des Alterns beschäftigt.

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Quereinsteiger

Die Doktorarbeit hat der 77-Jährige nun als Quereinsteiger, wie er es nennt, an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) abgeschlossen. Er erinnert sich, wie es zu dem Kontakt zur Hochschule Coburg kam: „Als ich 2011 in Rente gegangen bin, sind wir aus der Oberpfalz nach Rödental gezogen. Meine Frau hat dann begonnen, Integrative Gesundheitsförderung zu studieren. Das hat mich auch motiviert, wissenschaftlich zu arbeiten.“ So kam in der Folge der Kontakt zu Professor Dr. Niko Kohls zustande, und aus den Forschungen über Alterstheorien wurde ein Thema für eine Promotion.

Professor Kohls hat die Arbeit von Beginn an mit betreut. Er ist mächtig stolz auf „seinen Schützling“: „Das ganze Vorhaben hatte mehr als fünf Jahre Vorlauf, und ich freue mich sehr, dass es nun geklappt hat.“ Die Betreuung von Seiten der Medizinischen Fakultät der LMU München hat Professor Dr. Ernst Pöppel übernommen.

Defizitmodell

Das Alter erfolgreich gestalten, wie soll das gehen? Psychosoziale Kriterien wie Lebenszufriedenheit, persönliche Kompetenzen, Resilienz sind eine Seite. Die Definition in der Forschung basiert jedoch zum größten Teil auf dem medizinischen Defizitmodell – kurz gesagt der Abwesenheit von Krankheit. Für die Forschungsarbeit wurden qualitative Interviews geführt und eine Literaturrecherche über Theorien und Programme zur Prävention und Intervention im Alter erstellt. Das Ergebnis fasst Hannes Steinthaler zusammen: „Die gerontologische Forschung sucht nach Ursachen eines zufriedenstellenden Verlaufes des Alters, doch es fehlen praktische Konsequenzen.“ Daher hat er sich auf die Suche nach wirksamen Methoden gemacht, damit das Alter erfolgreicher gemeistert werden kann.

Was braucht man im Alter und vor allem, wie kann man spezielle Fähigkeiten noch erlernen? Diese Frage treibt Hannes Steinthaler um. Er nennt Zufriedenheit, Optimismus, Resilienz oder ein stabiles Elternhaus als Faktoren, die helfen, das Alter zu meistern. „Das Problem ist, dass die Alten nicht in der Lage sind, rückwirkend zu bewältigen, was sie im Alltag vorher nicht bewältigt haben.“ Das gelte aber auch umgekehrt, wenn man im Laufe des Lebens gelernt hat, dass man sich auf sich selbst verlassen kann. „Viele Menschen, die ich befragt habe, haben durch Kriegserlebnisse oder andere Krisen im Leben ihre eigene Stärke kennen gelernt. Das befähigt sie, auch mit den Problemen im Alter besser umzugehen.“

Seniorenkolloquium

Er resümiert: „Die Stabilität, sein Alter erfolgreich zu bewältigen, ruht in mir selber.“ Daher wäre es für viele Menschen wichtig, sich diese Fähigkeiten im Laufe des Lebens noch anzueignen. „Wir brauchen ein zweites Bildungsprogramm für die Erwachsenen im mittleren Lebensalter um zu vermitteln, was man im Alter braucht.“

An dieser Stelle möchte er gerne selbst aktiv werden und plant bereits ein spezielles Seniorenkolloquium: „Jeder soll hier mitgestalten und seine persönlichen Interessen und Erfahrungen mit einbringen, und wir untermauern es mit wissenschaftlichen Texten.“ Warum er das alles noch macht, erklärt er ganz deutlich: „Ich möchte den gesellschaftspolitischen Auftrag wahrnehmen, den ich in mir spüre.“

Die Doktorarbeit von Hannes Steinthaler heißt „Alternstheorien als Grundlage für Prävention und Intervention: Praktische Anwendung der Modelle zur Steigerung der Lebensqualität im Alter“.