Dem Mitwitzer Bürgermeister Hans-Peter Laschka (CSU) sind solche Storchen-Geschichten natürlich bekannt. Das sei das erste Mal seit mehreren Jahrzehnten, dass sich ein Paar der fliegenden Glücksbringer in dem Ort niedergelassen habe. Vom Fenster seines Büros im Rathaus aus könne er direkt auf das Dach des Wasserschlosses und das Nest der Störche schauen. "Ich freue mich jedes Mal, wenn ich die Tiere dort herumfliegen sehe", sagt er.
"Die letzte Brut in Mitwitz ist schon 20 Jahre her", weiß es Hans-Peter Schönecker, LBV-Storchenbeauftragter für das Coburger Land, noch etwas genauer. Für Weißstörche seien die Tiere mit ihrem Nestbau tatsächlich etwas spät dran. Das erklärt sich der Experte damit, dass das gefiederte Paar zu den sogenannten Ostziehern gehöre. Diese Weißstörche leben im Osten Europas und ziehen laut Schönecker über Österreich, Ungarn und später über Israel und Ägypten in wärmere Mittelmeerregionen oder nach Afrika, um dort zu überwintern. Durch den Tausende Kilometer langen Weg, den die Tiere dabei zurücklegen, kämen sie eben erst im April in ihre Brutregionen in Europa zurück.
Störche nisten in den Nestern, in denen sie bereits im vergangenen Jahr ihren Nachwuchs groß gezogen haben. Dass ausgerechnet heuer wieder ein Storchenpaar die Nisthilfe in Mitwitz zu ihrem Zuhause herrichtet liegt laut Schönecker daran, dass sehr viele der Tiere den Rückweg nach Europa schaffen und die Nistplätze knapp werden. Die sogenannten Westzieher, die über Spanien, die Straße von Gibraltar und Marokko nach Afrika flögen, würden die lange Reise erst gar nicht mehr antreten. "Auf den Mülldeponien in Spanien finden die Tiere genügend Futter." Durch den kurzen Hin- und Rückflug sei das Unfallrisiko für die Weißstörche geringer als bei Flügen nach Afrika. Denn Störche ließen sich von warmen Winden durch die Luft tragen, nutzten also die Thermik. Bleibe diese aus, würden sie irgendwann entkräftet abstürzen.
Mehrere Hundert Kilometer legen die Tiere laut dem Experten so an einem Tag zurück. In vier Wochen hätten sie es dann auch aus Afrika zurück geschafft. Nach einem Winteraufenthalt in Spanien seien sie bereits in zwei Wochen wieder in Deutschland.
Das Mitwitzer Paar macht sich nach seinem Rückweg nun an den Nestbau, bevor es brütet. Eigentlich sei die Gegend um Mitwitz aber nicht ideal für Weißstörche (siehe Infokasten ). Wie lange das Nisten dauert, hängt laut Schönecker von den Vorstellungen der neuen Schlossherren ab. Da unterscheide sich ihr Verhalten nicht sehr von einem Menschen, der sich sein Haus baue oder seine Wohnung einrichte. Anwohner haben insgesamt vier Störche beobachtet. Der Experte vermutet, dass die zwei anderen Artgenossen schon weiter gezogen sind.
35 Tage dauert es, bis der Storchen-Nachwuchs schlüpft. Bis zu fünf Eier im Abstand von zwei Tagen legen die Tiere in ihr Nest. In weiteren 60 Tagen könnte sich der Nachwuchs dann erstmals in die Luft schwingen. "Vor dem Herbst müssen sie flugfähig sein", meint der Experte. Denn dann zögen die Tiere wieder in den Süden.
Probleme mit Nässe und kalten Temperaturen wie derzeit die bereits im Landkreis Coburg geschlüpften Kücken dürften die Mitwitzer Jungtiere nicht haben. Denn in zwei Monaten, wenn sie schlüpften, sei es schon einige Grad wärmer.
Bis es soweit ist, kann man die beiden Mitwitzer Weißstörche wohl noch bei einigen Flügen zum Nest mit Zweigen im Schnabel beobachten.