Wohnraum Mitwitz soll nicht zum "Donut-Dorf" werden

Nicole Julien-Mann
Oliver Plewa, Theresa Loos und Julia Fangauer (von links) bei der Bestandsaufnahme von Potenzialflächen im Mitwitzer Gemeindegebiet. Foto: Nicole Julien-Mann

Baugrundstücke gehen in Mitwitz weg wie warme Semmeln. Dennoch will Bürgermeister Oliver Plewa nicht weiter ins Umland wachsen. Er setzt auf die Attraktivierung der Mitte.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Mitwitz - Wohnen auf dem Land, ein Haus im Grünen – davon träumen viele nicht erst seit den Ausgangsbeschränkungen in der Corona-Pandemie. Doch der Platz wird knapp, und das nicht nur in den Ballungszentren. Baugrundstücke sind heiß begehrt, bestätigt der Mitwitzer Bürgermeister Oliver Plewa: „Vor zwei Wochen ging die letzte Parzelle im Ausweisungsgebiet ‚Herrschaftsstücke 2’ über die Theke.“ Die letzte von insgesamt 15, die seit 2018 verkauft worden sind. Die Grundstücke schließen an bereits bebautes Gebiet an und halten damit die Gemarkung kompakt. Dies ist dem Bürgermeister wichtig, denn: „Wir wollen neuen Wohnraum schaffen ohne die Gemeindefläche auszufransen.“

Die Zersiedelung der Landschaft und damit einhergehend die Versiegelung des Bodens sind nämlich die Hauptprobleme bei der Ausweisung von neuem Baugrund. Gute Lebensbedingungen zu schaffen in Form von attraktivem Wohnraum ist das eine, den Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen dadurch zu zerstören, das andere.

Ein schönes Beispiel, wie es gehen kann, ist das Pachtershofgelände im Ortskern. Auf dem großzügigen Areal eines ehemaligen Bauernhofs entsteht eine Wohnanlage mit zwölf Appartements, im Erdgeschoss wird eine Tagespflege einziehen. Bürgermeister Plewa hat immer wieder klar formuliert, wohin er Mitwitz zusammen mit dem Gemeinderat entwickeln will: „Wir wollen das attraktive und lebenswerte Zentrum im Steinachtal werden.“ Eine florierende Gemeinde mit Wohnraum für alle Generationen mit lebendigem Gewerbe.

Lückenschluss

Ein typisches „Donut-Dorf“, das aus der Vogelperspektive aussieht wie ein Kringel mit Loch, weil alles an den Rand gezogen ist, während die Ortsmitte verwaist, stellt sich Plewa dabei nicht vor. „Wo also gibt es Platz für Neues?“ Bei einem genauen Blick auf den Katasterplan entdeckt man die eine oder andere Lücke oder sogar größere Flächen zwischen Wohngebieten. Die Ausweisung von Baugebiet an einer solchen Stelle ist ein sogenannter Lückenschluss. Demnächst, so blickt Plewa voraus, wird es wieder Bauplätze im Angebot geben. Mehr verrät er nicht, denn noch muss alles beim Notar unter Dach und Fach gebracht werden.

Der Bürgermeister schätzt systematisches Vorgehen. Er möchte einen Überblick haben über die Flächen, die Leerstände, die Industriebrachen. Den verspricht er sich vom sogenannten Innenentwicklungskonzept, an dem in Mitwitz derzeit auf Hochtouren gearbeitet wird. „Wie kann man vorhandene innerörtliche Flächen nutzen, bevor man auf die grüne Wiese geht?“, formuliert Theresa Loos die Leitfrage. Sie arbeitet bei der Forchheimer Beratung für Stadt- und Regionalentwicklung CIMA, die auch das Stadtumbaumanagement in Mitwitz gestaltet. Zusammen mit ihren Kolleginnen Bettina Seliger und Julia Fangauer war sie in den letzten Tagen auf Achse in allen Gemeindeteilen. Mit im Gepäck: Kamera, Kompass, Lineal und Zirkel, natürlich alles digital. Analog ist die Fantasie, die es braucht, um im Geiste an einem regnerischen Tag Paläste aus verfallenen Werkshallen entstehen zu lassen.

Aus Alt mach Neu

Im Gewerbegebiet „Am Riegel“ wurde kürzlich eine Industrieruine abgerissen (die NP berichtete). Ein Palast wird es zwar nicht werden, aber der bereits am Ort ansässige Netto-Markt nützt die günstige Gelegenheit, sich räumlich zu vergrößern und sein Angebot zu erweitern. Die Idee, aus Altem etwas Neues zu machen, ist also nicht ganz frisch und sie wird bereits umgesetzt. Aber es gibt noch viel mehr Potenzial, und das möchte die Gemeinde mithilfe der CIMA nun systematisch erfassen. Die Daten aus der Ortsbegehung fließen in eine Flächenmanagement-Datenbank ein: Wo befindet sich das Objekt, wie groß ist es, welche Nutzung ist möglich?

Eine Bestandsaufnahme beschreibt den Istzustand, ein Konzept die Zukunft. Dabei ist ein Innenentwicklungskonzept mehr als ein Blick in die Glaskugel. Zum Glück wurde schon fleißig vorgearbeitet. Die vorbereitende Untersuchung (VU) beschreibt den Handlungsbedarf der Gemeinde für die nächsten 15 Jahre. „Darüber hinaus berücksichtigen wir Erfahrungen aus vergleichbaren Kommunen und setzen diese in Relation zu den Zielen der Gemeinde.“ Statistische Daten und Prognosen zu Bevölkerungsentwicklung, Geburtenraten, Zuzug und Bedarf an Gewerbeflächen untermauern das Konzept.

Wenn die CIMA Ende des Jahres ihr Papier abgeliefert hat, steckt nicht nur jede Menge Arbeit darin, sondern auch jede Menge Hoffnung. Die Regierung von Oberfranken gewährt Fördermittel bis zu einer Quote von 80 Prozent aus der Initiative „Innen statt außen“.

Eines ist Theresa Loos in Mitwitz schon aufgefallen: „In den kleinen Ortsteilen gibt es viele Gewerbeflächen, was man so nicht vermutet.“ Man darf gespannt sein, welche Schlüsse die CIMA in ihrem Innenentwicklungskonzept zieht, das laut Theresa Loos ein „richtungsweisender Korridor“ ist.

Bilder