Neue Rettungssäulen Hilfe kommt per Knopfdruck

Sabine Weinbeer

In den Haßbergen gibt es ein besonderes Pilotprojekt. In dessen Fokus stehen Rettungssäulen, die mittlerweile schon an den Seen in Sand, in Sennfeld und Schweinfurt und an der Talsperre Goßmannsdorf stehen. Sie sollen eine schnelle Rettung von Menschen in Not ermöglichen.

 
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Jeder Plan beginnt mit einem Versuch oder einem Pilotprojekt. Der Sander Baggersee gehört zum Pilotprojekt Rettungssäulen von Johannes Rennert. Rennert ist aktiv in der Wasserwacht Sand/Zeil und technischer Leiter der Wasserwacht für den Bezirk Unterfranken. Und er wünscht sich Notrufsäulen flächendeckend an möglichst vielen Badegewässern. Vier davon stehen seit Ende Juni: an den Seen in Sand, in Sennfeld und Schweinfurt und an der Talsperre Goßmannsdorf. Möglich wurde das dank der Unterstützung der Björn-Steiger-Stiftung.

Zusammen mit Manfred Bergmann, dem Vorsitzenden in Sand/Zeil, inspizierte Rennert gleich nach der Montage die Rettungssäule. Die steht direkt an der zweiten Sandbank in der Nähe des Stand-up-Board Verleihs zwischen Campingplatz und Strand, ziemlich genau auf halber Strecke der Uferstraße. Sie ist denkbar einfach zu bedienen: Ein dicker Pfeil zeigt auf den Knopf, der gedrückt werden muss, um die Verbindung zur Integrierten Leitstelle herzustellen. Keine Klappe, kein Code, auch in heller Aufregung und größter Sorge problemlos zu bedienen. Ein Solarpaneel liefert den Strom, der die Säule rund um die Uhr einsatzbereit hält, das LTE-Netz sorgt für die Verbindung.

Und im Herbst, wenn hier am Seeufer Hochwasser droht, kann die Säule mit wenigen Handgriffen abgebaut und im Winterlager verstaut werden. Natürlich hoffen die Verantwortlichen, dass diese simple Bedienung nicht zum Missbrauch „einlädt“. „Die Rettungssäule kann für jeglichen Notruf genutzt werden, ob ein Badeunfall, gesundheitliche Probleme wie Herzinfarkt oder Kreislaufkollaps oder auch ein Feuer“, so Johannes Rennert. Die integrierte Leitstelle schickt die passende Hilfe.

Nach besten Kräften versuchen rund 25 Ehrenamtliche der Wasserwacht Sand/Zeil, den Badebetrieb am Sander Baggersee abzusichern, aber lückenlos ist das natürlich nicht möglich. „Hier ist richtig viel los“, freut sich Manfred Bergmann über die Attraktivität des Sees. Allerdings beobachten Aktive der Wasserwacht landauf landab auch zunehmende Sorglosigkeit beim Baden – und schwindende Schwimmfähigkeit. „Ein Baggersee oder womöglich sogar Fließgewässer ist eine ganz andere Herausforderung, als ein Becken im Schwimmbad. Das bedenken viele nicht“, so Johannes Rennert. Da gibt es Strömungen, Temperaturunterschiede, eine Luftmatratze von links, einen Stand-up-Paddler von rechts.

Er appelliert dringend an die Schwimmer in einem See, niemals allein baden zu gehen. „Wir haben hier in Sand mal Stunden lang einen Schwimmer gesucht, den die Leute am Ufer irgendwann nicht mehr gesehen haben, nachdem er vorher mehrfach quer durch den See geschwommen war. Ertrunken ist er wohl nicht, vermutlich am Zeiler Ufer des Sees an Land gegangen“, berichtet Bergmann.

Die Wasserrettung hatte in diesem Jahr schon zwei relativ spektakuläre Einsätze: Einmal fuhr ein Auto in den Sander Baggersee und unlängst trieb eine tote Frau im Main bei Haßfurt. Für Sicherheit sorgt die Wasserwacht Sand/Zeil auch bei der Segelregatta des Bamberger Segelklubs, der am Sander Baggersee seine Heimat hat, und natürlich laufen gerade die Vorbereitungen für die Absicherung des Sander Weinfestes. Obwohl das direkt am Altmain stattfindet, gab es noch keine schlimmen Zwischenfälle. Einen Zecher jedoch habe man zweimal am selben Abend aus dem Wasser holen müssen, weiß Johannes Rennert noch. „Den hat die Polizei dann nach Hause eskortiert“, grinst er. Damit die Wasserwacht einsatzfähig bleibt, ist wöchentlich Jugendtraining in der „Welle“ in Haßfurt, an dem sich zwischen 13 und 15 junge Leute beteiligen. Drei Jugendliche zwischen 14 und 15 Jahren machen im August die Ausbildung zum Wasserretter. Danach können sie aktiv bei den Übungen eingesetzt werden, um Erfahrungen für ihren ersten Einsatz zu sammeln.

Wie das mit dem Nachwuchs weitergehen soll, das macht Rennert und Bergmann gleichermaßen Sorgen. Das fehlende Hallenbad im Maintal bedeutet nicht nur, dass die Wasserwacht selbst weniger Trainingsmöglichkeiten hat, auch die Anfragen nach Kinderschwimmkursen können bei Weitem nicht gedeckt werden.

Johannes Rennert hat mal die Zahl der Grundschüler und die fehlenden Bad-Kapazitäten hochgerechnet und schätzt, dass im Landkreis Haßberge in der derzeitigen Lage jährlich etwa 1500 bis 2000 Kinder nicht mehr lernen zu schwimmen, denn auch die Schulen können Schwimmkurse nur noch sehr eingeschränkt anbieten. Das bedeutet für die Wasserwacht zweierlei: Die Gefahr von Badeunfällen steigt mit der Zahl der Nichtschwimmer und gleichzeitig wird es in zehn bis 15 Jahren sehr schwer sein, junge Menschen zu finden, die sich ehrenamtlich im Wasserrettungsdienst engagieren. Derzeit tue man das Möglichste, um Schwimmkurse anzubieten und die Sicherheit an den Badegewässern zu erhöhen. Beispielsweise mit den Notrufsäulen, denen weitere folgen sollen. Etwa 8000 Euro kostet eine solche Säule. Die vier jetzt installierten hat voll die Björn-Steiger-Stiftung finanziert. „Die Stiftung wird demnächst Kontakt zu Gewerbetreibenden an den Standorten aufnehmen und dafür werben, sich mit Spenden an der Refinanzierung zu beteiligen“, kündigt Rennert an, der hofft, dass das Beispiel von Sand, Goßmannsdorf, Schweinfurt und Sennfeld Schule macht.

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