Rückendeckung gab es immerhin von DFL-Boss Hans-Joachim Watzke, mit dem Rettig in der Vergangenheit ebenfalls so manchen Streit ausgefochten hatte. Man habe "sehr konträre Ansichten" in manchen Themenbereichen gehabt, beschrieb der Geschäftsführer von Borussia Dortmund und Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Fußball Liga sein Verhältnis zu Rettig. Daher habe es vor Rettigs Ernennung ein persönliches Gespräch gegeben, um mögliche Differenzen auszuräumen, berichtete Watzke. Danach habe er DFB-Präsident Bernd Neuendorf seine Zustimmung in der Personalie signalisiert.
Mindestens genauso wichtig wird für Rettig eine reibungslose Zusammenarbeit mit Rudi Völler sein. Der für die Nationalmannschaft zuständige Sportdirektor kündigte an, trotz einstmals unterschiedlicher Ansichten konstruktiv mit seinem Vorgesetzten zusammenarbeiten zu wollen.
Völler will Kooperation Rettig
"In der Vergangenheit hatten Andreas Rettig und ich mit Blick auf elementare Fragestellungen des Fußballs durchaus die eine oder andere Meinungsverschiedenheit. In verantwortlicher Funktion beim DFB gilt es aber, persönliche Überzeugungen an Realitäten anzupassen und sie dem Nutzen des gesamten deutschen Fußballs unterzuordnen", sagte Völler.
Rettig setzt beim sportlichen Neuanfang auf die Strahlkraft von Völler. "Das hat in kleinen, zarten Schritten ja schon begonnen", sagte er. Zugleich stellte Rettig bei seinem Amtsantritt klar, dass er sich in die derzeit laufende Suche nach einem Bundestrainer nicht aktiv einschalten werde: "In diesem Prozess ist Rudi Völler im Lead."
Erst wenn es um Gehaltsfragen und eine Vertragslaufzeit für den Nachfolger von Hansi Flick gehe, werde die Geschäftsführung in den Prozess eingebunden sein. "Hier geht es in der letzten Konsequenz um die Bewertung der Fachkompetenz", sagte Rettig. "Da ist er mir überlegen."
Über Kandidaten für das laut Rettig "wichtigste Amt im deutschen Fußball" war in den vergangenen Tagen spekuliert worden. Julian Nagelsmann (36), der nach seinem Abschied beim FC Bayern im März noch bei den Münchnern unter Vertrag steht, gilt als aussichtsreicher Kandidat. Vermehrt genannt wurden auch die Namen des Niederländers Louis van Gaal (72) und des früheren U21-Trainers Stefan Kuntz (60), der seinen Job als Nationaltrainer der Türkei Medienberichten zufolge verloren hat.
Bundestrainer-Suche: DFB will nun konkrete Gespräche führen
DFB-Boss Neuendorf bestätigte, dass der Verband die wichtigsten Leitplanken wie die Finanzierbarkeit für sich festgelegt habe und nun konkrete Gespräche führen werde. Ob mit nur einem oder mehreren Kandidaten, wollte der 63-Jährige nicht verraten. "Wir sind einen deutlichen Schritt weiter im Vergleich zu nach dem Spiel gegen Frankreich", sagte Neuendorf.
Ziel sei es, dass der neue Bundestrainer bei der Abreise der Nationalmannschaft in die USA am 9. Oktober an Bord sei. Dort spielt die DFB-Auswahl am 14. Oktober gegen die USA und drei Tage später gegen Mexiko. Unabhängig davon, wer den Posten bekleiden und die Nationalmannschaft zur Heim-EM 2024 führen wird, gab Rettig bereits das Zukunftsmotto für den DFB aus: "Wir müssen sehen, dass wir nicht nur die Portemonnaies erreichen, sondern auch die Herzen."