Neues Buch von Fritz Reheis Rettungswege aus der Turbogesellschaft

„Erhalten und erneuern“: Fritz Reheis zeigt in seinem neuen Buch nachhaltige Alternativen zum ruinösen Höher-Schnell-Weiter.

 
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Fritz Reheis Foto: /Weissbach

„Und was heißt das praktisch?“ Geisteswissenschaftler, Philosophen zumal, kennen diese Frage gut. Und auch jenes begleitende Stirnrunzeln, aus dem gewisser Argwohn gegenüber ihrer mutmaßlichen Weltfremdheit spricht. Fritz Reheis nimmt Skeptikern in seinem neuen Buch den Wind aus den Segeln: Am Ende jedes Kapitels beantwortet er eben jene Frage nach den konkreten persönlichen und politischen Konsequenzen seiner Gedanken über einen nachhaltigen Kurswechsel der Gesellschaft.

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Der Titel bringt den Ansatz schon allgemeinverständlich auf den Punkt: „Erhalten und Erneuern“ lautet die Devise einer Lebens- und Wirtschaftsweise, die sich an den Bedürfnissen von Mensch und Natur orientiert und nicht länger ihre eigenen Grundlagen zerstört: „Nur Kreisläufe sind nachhaltig. Durchläufe nicht“, lautet der Untertitel des Bandes.

Das Thema beschäftigt den in Rödental lebenden Sozialwissenschaftler und Hochschullehrer schon lange: Seit 25 Jahren analysiert er die zerstörerischen Kräfte der „Turbogesellschaft“ und plädiert in zahlreichen Veröffentlichungen für Entschleunigung und Nachhaltigkeit. Das erfordert aus Reheis’ Sicht eine fundamentale Veränderung der kapitalistischen Wirtschaftsweise und der Rolle des Geldes.

Daran knüpft der Autor in seinem neuen Buch an – und kontert zugleich das beliebte „Totschlagargument“ des Utopismus: Eine „Brücke von einer realistischen Gegenwartsdiagnose zu einer praktikablen Zukunftsvision“ möchte Reheis bauen, ein Orientierungsangebot liefern in einer verwirrenden, für viele Menschen überfordernden Zeit.

„Wir haben uns verlaufen mit unserem »Fortschritt«“, konstatiert Reheis und stellt der gescheiterten Ideologie des „Höher, Schneller, Weiter“ ein qualitatives Verständnis von Wohlstand, Glück und Fortschritt gegenüber. Nachhaltigkeit lautet der Schlüsselbegriff, dessen massenhaften Missbrauch zum Zwecke des Öko-Etikettenschwindels Reheis kritisiert. „Nachhaltigkeit ist eine Frage der Zeit“, erklärt der Wissenschaftler und fordert, unsere Lebensweise den natürlichen Zyklen anzupassen. „Nachhaltigkeit zielt auf den Frieden – mit der Natur, den Mitmenschen und mit sich selbst“.

Dem Dreiklang Natur, Gesellschaft, Individuum folgt die Gliederung des Buches, in dem Reheis zum „klugen Umgang“ auffordert – mit der Natur (die sich regenerieren können muss), mit den Mitmenschen (Solidarität und Fairness) und mit sich selbst (Selbst-Bewusstsein, Achtsamkeit). Zentral ist dabei das Verständnis von Zeit: Die Gleichung „Zeit ist Geld“ stellt Reheis die Formel „Zeit ist Leben“ gegenüber: „Zeitwohlstand wäre eine zugleich attraktive und realistische Alternative zum ... Ideal des Geld- und Güterwohlstands“.

Eine Transformation, die die Grundlagen des Lebens bewahrt und zugleich umwälzt, „was uns dabei im Wege steht“: Das ist die zugleich konservative wie revolutionäre Idee. Eine kühne Vision? Reheis hält dagegen: „Dass wir uns heutzutage eher das Ende der Welt vorstellen können als das Ende des Kapitalismus, zeigt, wie dringlich eine solche Wiederbelebung der Fantasie geworden ist“.

Fritz Reheis: Erhalten und Erneuern – Nur Kreisläufe sind nachhaltig, Durchläufe nicht144 Seiten,| EUR 12.80, ISBN 978-3-96488-163-2

VHS-Kurs

Basics der Philosophie
Was kann die Philosophie leisten, um ein gelingendes (Zusammen-)Leben zu ermöglichen? Was ist überhaupt ein gelingendes (Zusammen-)Leben? In einem Philosophie-Kurs an der Volkshochschule Coburg macht sich Fritz Reheis gemeinsam mit den Teilnehmern auf die Suche. An fünf Abenden wird diskutiert: Was ist der Mensch? Eigenwohl versus Gemeinwohl? Zeit ist Geld!? Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!, Krieg und Frieden. Professor Dr. Fritz Reheis ist Autor und war bis zu seiner Pensionierung 2015 als selbstständiger Fachvertreter für Didaktik der Sozialkunde an der Universität Bamberg tätig, wo er aktuell einen Lehrauftrag hat. Der Kurs findet ab 7. März an fünf Dienstagabenden, jeweils von 17.30 bis 19 Uhr, in der vhs, Löwenstraße 16, statt. Anmeldung unter Telefon 09561/8825-0 oder online auf www.vhs-coburg.de