Nicht nur der große Abstand zum Relegationsrang, sondern auch das Verletzungspech stimmt selbst Daueroptimisten skeptisch. Dass die zu Jahresbeginn verpflichtete Sturmhoffnung Klaas-Jan Huntelaar seit Wochen wegen einer Wadenzerrung nur zuschauen kann, sich Neuzugang Shkodran Mustafi beim Aufwärmen vor der Partie verletzte und Stammkeeper Ralf Fährmann mit einer Bauchmuskelblessur in der ersten Halbzeit ausgewechselt werden musste, passte ins Bild eines vom Glück verlassenen Abstiegskandidaten. "Es ist sehr schmerzhaft für uns, wir wissen, wie wichtig das Derby für unsere Fans, den Verein und für uns alle ist", klagte Omar Mascarell.
Schnell entlud sich bei einigen Fans der Frust über die anhaltende Erfolglosigkeit. Ungeachtet des coronabedingten Zuschauerverbots versuchten rund 200 Anhänger nach der Partie in das Stadion zu gelangen, wurden aber erfolgreich daran gehindert. Laut Polizei wurde gegen einen Fan ein Strafverfahren eingeleitet, aber niemand verletzt.
Dagegen wurden die Dortmunder von ihrem Anhang bei der Rückkehr zum eigenen Trainingszentrum euphorisch gefeiert. Weil einige der rund 150 bis 200 Fans dabei weder Masken trugen noch den notwendigen Abstand einhielten, räumte der BVB Verstöße gegen die Corona-Regeln ein. Auf einem Video, das auf dem Account von Mahmoud Dahoud auf Instagram zeitweise veröffentlicht, aber später gelöscht worden war, war zu sehen, wie Reus, Erling Haaland, Emre Can & Co. hinter der Frontscheibe Fans zujubelten, die sie mit Pyro in Empfang nahmen.
Die Dortmunder baten um Entschuldigung für die Vorkommnisse und versprachen, "mit der Polizei und allen Beteiligten sehr zeitnah darüber zu sprechen, wie solche Szenen in der Öffentlichkeit zukünftig komplett auszuschließen sind". Die Deutsche Fußball Liga forderte eine kurzfristige Stellungnahme des BVB an. Nach Angaben der Dortmunder Polizei liegt wegen der Vorfälle eine Strafanzeige vor. Die Ermittlungen laufen demnach, es werde das vorhandene Videomaterial gesichtet.
Besonders bejubelt wurden die Torschützen Jadon Sancho (42.), Haaland (45./79.) und Raphael Guerreiro (60.). Dank ihrer Treffer schöpfte der BVB wieder neuen Mut im Kampf um einen Champions-League-Platz, der aber noch immer sechs Punkte entfernt liegt. Deshalb warnte Kapitän Reus seine Mitspieler davor, die Lage nach dem Sieg in Sevilla (3:2) und dem prestigeträchtigen Erfolg im Derby schön zu reden: "Wir brauchen uns nicht anzulügen, dass wir in den letzten Wochen von den Ergebnissen her wenig geboten haben. Das Momentum müssen wir weiter nutzen. Es fängt jetzt erst an."
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