Ermittler aus Bamberg schlagen zu Schlag gegen internationale Betrüger-Bande

„Es geht nicht darum, nett und höflich zu sein, es geht darum, das Geld aus der Tasche zu ziehen“ – diese ständige Mahnung fand sich an den Callcenter-Plätzen in Sofia. Foto: dpa

Von Bulgarien aus treiben Betrüger ihr Unwesen. Sie prellen Anleger um Millionen. Die Bamberger Spezialisten legen ihnen aber das Handwerk.

 
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Bamberg/Ansbach - Nach monatelangen Ermittlungen ist der Kripo Ansbach und der Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) in Bamberg ein Schlag gegen international agierende Anlagebetrüger gelungen. In einer gemeinsamen Operation mit bulgarischen Behörden wurden Ende Juli mehrere Bürogebäude und Wohnungen in Sofia durchsucht. Gegen vier Männer ergingen Haftbefehle.

Die Spezialstaatsanwälte der Zentralstelle Cybercrime Bayern lassen im Kampf gegen betrügerisches Cybertrading nicht locker: Am 27. Juli erfolgten in einem weiteren großen Ermittlungskomplex Durchsuchungen und Festnahmen in Bulgarien. Bei den Zugriffen waren bayerische Beamte vor Ort im Einsatz. Die vier festgenommenen Männer, deren Auslieferung aus Bulgarien nun angestrebt wird, stehen im Verdacht, aus einem Callcenter in Bulgarien Anleger im deutschsprachigen Raum mithilfe des Cybertradings betrogen und um einen Betrag in Höhe von insgesamt mehreren Millionen Euro gebracht zu haben.

Opfer aus Deutschland

Zwei Staatsanwälte der Zentralstelle Cybercrime Bayern, Ermittler der Ansbacher Kriminalpolizei und des Bundeskriminalamtes – unter Leitung der Spezialstaatsanwaltschaft in Sofia und einer auf die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität spezialisierten bulgarischen Polizeibehörde – durchsuchten zeitgleich mehrere Bürogebäude und Wohnungen in Sofia. Dabei wurden die Beamten auch von Digital-Forensikern des Cybercrime-Kommissariats der Nürnberger Kriminalpolizei unterstützt. Hierbei stießen die Beamten unter anderem auf ein voll besetztes, offensichtlich auf den deutschen Sprachraum spezialisiertes Callcenter, von dem aus Telefonagenten auf Opfersuche gingen.

Ausgangspunkt der Ermittlungen des Fachkommissariats für Wirtschafts- und Vermögenskriminalität bei der Ansbacher Kriminalpolizei waren zahlreiche Strafanzeigen von betrogenen Anlegern aus ganz Bayern. Die Geschädigten hatten zuvor teils hohe Summen auf vermeintlichen Trading-Plattformen im Internet investiert. Die Tätergruppierung betrieb nach dem derzeitigen Ermittlungsstand die Plattformen alphafinancialgroup.com, zurichfinancialgroup.co, genevacapitalgroup.com und zuletzt promarketsgroup.com. Zum größten Teil sind sie im Internet immer noch erreichbar. Tatsächlich floss das Geld aber über komplexe Geldwäschenetzwerke auf die Konten der mutmaßlichen Betrüger.

Die Anleger informierten sich im Vorfeld auf verschiedenen Webseiten über diverse Anlagemöglichkeiten und gaben hier ihre Kontaktdaten preis. Die Betrüger nutzten die so gewonnenen Daten, um im Anschluss aus einem Callcenter in Sofia heraus Kontakt zu den Interessierten aufzunehmen. Vermeintliche „Trading-Spezialisten“ boten in den Telefongesprächen und in E-Mails daraufhin angeblich lukrative Investments im Bereich sogenannter binärer Optionen, CFDs, Forex oder Kryptowährungen an. Insbesondere zu Beginn der Geschäftsbeziehung wurden den Anlegern regelmäßig durch simulierte Charts beträchtliche Gewinne wahrheitswidrig vorgespiegelt. Die in Gesprächsführung geschulten Agenten verbanden dies mit der Aufforderung nach weiteren Investments. Während die Opfer glaubten, ihr Vermögen sei gut angelegt, wurde es in Wahrheit nie in die angebotenen Finanzprodukte investiert, sondern von den Tätern selbst vereinnahmt.

Sechsstelliger Schaden

Teilweise investierten die gutgläubigen Anleger hohe Geldsummen – allein in einem Fall aus dem Landkreis Ansbach wurde ein Anleger um eine sechsstellige Summe gebracht. Der bisher bekannt gewordene Gesamtschaden beträgt allein in dem Tatkomplex, in dem jetzt die Zugriffe in Sofia erfolgten, mehrere Millionen Euro, wobei von einem hohen Dunkelfeld auszugehen ist. Durch die in Sofia gewonnenen Erkenntnisse konnten vier Europäische Haftbefehle wegen des dringenden Tatverdachts des gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs erwirkt und noch vor Ort vollzogen werden. Hierbei handelte es sich um die mutmaßlichen Hauptakteure des Callcenters sowie um besonders erfolgreiche Telefonagenten – einen deutschen, einen israelischen und zwei bulgarische Staatsbürger. Für alle vier wurde die Auslieferung nach Deutschland beantragt.

Neben den Festnahmen gelang es den Ermittlern, in Sofia umfangreiches Beweismaterial, insbesondere elektronische Daten, zu sichern. Von der Auswertung dieser Daten erwarten sich die Beamten weitere Erkenntnisse zu den Hintermännern des Callcenters. Es handelt sich allein in diesem Jahr um den bereits dritten großen Schlag, den ZCB und Kripodienststellen gegen solche Betrügerbanden führen. In der Republik Kosovo wurden im April 18 Tatverdächtige zwischen 22 und 45 Jahren festgenommen, mindestens sechs Festgenommene sollen nach Deutschland ausgeliefert werden. Auch sie arbeiteten von einem Callcenter aus und werden für Millionenschäden verantwortlich gemacht.

Mitte März 2021 wurden in einem anderen Verfahrenskomplex, der sich gegen eine weitere Tätergruppierung richtet, Festnahmen und Durchsuchungen durch die bulgarischen Behörden in Sofia angestoßen.

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