Opern-Dreierlei im Globe Tragisch, komisch, herzzerreißend

Anne Gladitz

Puccinis Opernzyklus „Il trittico“ feiert das Menschliche in seiner ganzen Vielschichtigkeit. Am Samstag eröffnet der emotionsgeladene Dreiteiler die Musiktheatersaison des Coburger Landestheaters im Globe.

 
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Groß ist die Trauer, doch größer das Entsetzen über das Testament des teuren Verblichenen in der Komödie „Gianni Schicchi“. Foto: Marco Sommer

Mit einem opulenten italienischen Opernabend startet das Musiktheater des Landestheaters am Samstag, 5. Oktober, im Globe in seine neue Spielzeit. Von tragisch über lyrisch bis humorvoll spannt der dreiteilige Opernzyklus „Il trittico“ („Das Triptychon“) von Giacomo Puccini mit drei Einaktern einen großen stilistischen Bogen und entwirft ein buntes Prisma menschlicher Gefühle.

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Uraufgeführt 1918 in New York City, steht das Werk Puccinis, der durch Opern wie „La Bohème“ und „Tosca“ Weltruhm erlangte, im Zeichen des Verismo – jener künstlerischen Richtung, die nicht mehr stilisierte Geschichten von Königen, Fürsten und anderen hohen Standespersonen auf die Bühne brachte, sondern die Schicksale von Menschen aus dem Volk zeigte. Ganz bewusst wurden auch die Geschichten von Außenseitern der Gesellschaft erzählt, in einer sehr realistischen Darstellung, die das Schöne gleichwertig wie das Hässliche einschließt.

Die große Inszenierung, bei der das gesamte Musiktheaterensemble mit Gastbariton Lars Fosser (zuletzt Gunther in Wagners „Götterdämmerung“) und der Chor zu erleben ist, steht unter der Regie von Neil Barry Moss, der mit dem Opernerlebnis „Fausts Verdammnis“ in der Morizkirche für Furore sorgte und zuletzt Verdis „Macbeth“ und das Familienstück „Hänsel und Gretel“ auf die Globe-Bühne brachte, und der musikalischen Leitung von GMD Daniel Carter.

Das Eifersuchtsdrama

„Il tabarro“ (italienisch für „Der Mantel“) heißt das anrührende tragische Stück, das den Auftakt bildet. Es führt nach Paris um 1910. Der Schiffer Michele liebt seine junge Frau Giorgetta, die ihm Liebe schwört, aber nach dem Tod ihres Kindes eine Affäre mit dem Löscharbeiter Luigi begonnen hat. Als Michele den Betrug entdeckt, fasst er einen dramatischen Entschluss, bei dem der Mantel, mit dem er einst seine Frau wärmte, eine symbolische Rolle spielt…

„Suor Angelica“ („Schwester Angelica“) ist ein hochromantisches, dramatisches Stück, das das Leben in einem italienischen Kloster im 17. Jahrhundert porträtiert. In ihren persönlichen, zum Teil höchst weltlich-menschlichen Eigenarten werden die Ordensschwestern in ihrem Klosteralltag gezeigt, in dem nicht nur gebetet, gepflegt und gearbeitet, sondern auch gelästert, gelacht und gestohlen wird. Fahrt auf nimmt die Geschichte, als die Schwester Angelika – eine Adlige, die aufgrund eines unehelichen Kindes ins Kloster verbannt wurde – Besuch von ihrer Tante, einer Fürstin, erhält und auf unerbittliche Weise vom Tod ihres Kindes erfahren muss.

Die Erbschleicherkomödie

Am bekanntesten ist der dritte Teil des Zyklus‘, „Gianni Schicchi“ – eine Erbschleicherkomödie, die auf einer Episode der Göttlichen Komödie von Dante beruht und im mittelalterlichen Florenz spielt. Sie enthält eine der berühmtesten Opernarien aller Zeiten: „O mio babbino caro“.

Das jüngst verstorbene Familienoberhaupt Buoso Donati hat seinen gesamten Besitz testamentarisch einem Kloster vermacht. Nun überlegen die Mitglieder der scheinheilig trauernden Verwandtschaft, wie das Testament zu ihren Gunsten interpretiert werden könnte. Am traurigsten ist das unsterblich verliebte Paar Lauretta und Rinuccio. Denn ohne die Erbschaft bekommt Rinuccio von seiner Tante Zita niemals die Erlaubnis, Lauretta, die Tochter von Gianni Schicchi, zu heiraten. Da man in der Stadt noch nicht weiß, dass Donati verstorben ist, fasst der gerissene Schicchi einen Plan: Er will sich ins Totenbett legen und dem Notar als Donati ein neues Testament diktieren. Jeder der Verwandten versucht nun, Schicchi zu bestechen, ihm das beste Stück der Erbschaft zu vermachen…

Die Teile des Zyklus‘ werden durch ein bewegliches farbenfrohes Bühnenbild, dessen Elemente – Häuser, eine Kirche, eine Brücke – variabel in Erscheinung treten, sowie Leitsymbole des Bühnenbildners Manfred Rainer miteinander verbunden. Über das Spiel mit Größe und Perspektive werden Räume erzeugt, die – zum Teil mit humorvollen Effekten – den Zuschauer ins Geschehen hineinziehen.

Über die Qualität von Puccinis Opern, die immer auch ein Bild der jeweiligen Gesellschaft zeichnen, in der sie spielen, sagt Neil Barry Moss: „Es wird gezeigt, wie die Menschheit ist. Leben und Tod sind sehr wichtig in diesem Stück. Puccini zeigt das Menschliche – hässlich und schön, gut und böse zugleich – und er stellt diese Eigenschaften in einer Erhöhung dar, in der du sie akzeptierst, ja sogar feierst und liebst. Du beurteilst die Charaktere nicht, sondern nimmst sie in ihrer Komplexität an und du findest dich selbst in ihnen wieder. Wir erzählen die Geschichten so, dass sie humorvoll beginnen, dann sehr dramatisch werden und schließlich herzzerreißend. Man erlebt all diese Emotionen bei Puccini gerne mit.“

Mit dem Abend stellen sich die beiden neuen Sopranistinnen im Ensemble, Maritina Tampakopoulos und Hlengiwe Mkhwanazi, erstmals dem Coburger Publikum vor. Zwischen den 50-minütigen Einaktern liegt jeweils eine Pause.

Karten erhält man online unter www.landestheater-coburg.de, an der Theaterkasse im Globe und bei der Neuen Presse. „Il trittico“ ist bis April 2025 im Globe zu erleben.