"Leiden gehört immer dazu zum Tod", entgegnete Winfried Hardinghaus vom Deutschen Hospiz- und Palliativverband. Es könne aber ertragen werden. Er berichtete von einem Mann mit Prostatakrebs und schmerzhaften Metastasen, der von ihm ein tödliches Medikament haben wollte. In Gesprächen habe er ihn überzeugen können, sich auf eine palliative Sedierung einzulassen. Dabei wird der Patient in eine Art Dauerschlaf versetzt, damit er nichts mehr spürt. "Anfänglich Suizidbeihilfe gewünscht, später in Würde gestorben", sagte er.
Der Senatsvorsitzende Voßkuhle sagte, er wisse aus eigener Erfahrung, dass der Prozess des Sterbens auch sehr hinausgezögert werden könne. "Ich habe selbst Eltern, die kürzlich gestorben sind."
Die Ärzteschaft ist in der Frage gespalten. Den Passus in der Musterberufsordnung auf Bundesebene, dass Ärzte keine Hilfe zur Selbsttötung leisten dürfen, haben nicht alle Landesärztekammern übernommen. Der Ehrenpräsident für Baden-Württemberg, Ulrich Clever, sagte, in seinem Bundesland sei das in der festen Absicht entschieden worden, solche Kollegen nicht vom Kammeranwalt verfolgen zu lassen.
Die Leiterin eines Hospizes in Esslingen, Susanne Kränzle, sagte, es brauche keine Lockerung des Paragrafen 217. Sie mache die Erfahrung, dass Menschen mit der nötigen Zuwendung oft noch einmal Kräfte entwickelten, die sie sich nicht mehr zugetraut hätten.
Als Vorsitzende des baden-württembergischen Hospiz- und Palliativverbands hat Kränzle andere Einrichtungen im Land befragt. Bei knapp 8000 Gästen, wie die Sterbenden im Hospiz genannt werden, hätten die 19 antwortenden Häuser aus den vergangenen fünf Jahren nur drei Suizidversuche berichtet, alle erfolglos. Zwei Frauen seien entlassen worden, um zur Selbsttötung in die Schweiz zu fahren.
Die Schweizer Sterbehelferin Erika Preisig, die auch in Karlsruhe klagt, sagte, das seien schon zwei Fälle zu viel. Es sei "unglaublich kompliziert", in ihrer Heimat Suizidhilfe in Anspruch zu nehmen. "Die Reise in die Schweiz ist nicht die Lösung, um Himmels Willen."