Viele weitere Einsprüche gingen seit Dezember nach Würzburg: Pastoralreferent Markus Lüttke, Alfred Neugebauer vom Dekanatsrat, die Sekretärinnen im Pfarrbüro, Albert Kuhn von der Kirchenverwaltung – alle setzten sich persönlich für eine Weiterbeschäftigung des Pfarrers ein, sie alle erhielten die gleiche Antwort: Es sei besser für ihn, er solle gehen. Und: Man werde in diesem Jahr mit Rudolf Theiler das Gespräch suchen und gemeinsam eine gute Lösung finden. „Ich warte bis heute auf dieses Gespräch“, sagt Rudolf Theiler. Informationen haben stattdessen andere bekommen. Im Januar erhielt Albert Kuhn ein Schreiben aus dem bischöflichen Sekretariat, dass die bisherige Altersgrenze von 75 Jahren keine Gültigkeit mehr habe. Ein verlängerter Einsatz eines Priesters behebe schließlich nicht den nicht zu leugnenden Priestermangel, hieß es. Und: „Pater Theiler wird dann in den Ruhestand gehen, wenn eine gute diözesane Nachfolgeregelung gefunden wurde.“
Den identischen Wortlaut, nur mit Unterschrift des Bischofs, hat auch Haßberge-Landrat Wilhelm Schneider (CSU) erhalten. Der Kreischef spricht sich ebenfalls nachdrücklich für ein Bleiben des Eberner Pfarrers aus. Zumal auch er eine lange Vakanz für die Pfarrstellen in Ebern und Pfarrweisach fürchtet, weil eben nicht „eine Reihe junger Priester hintenan steht“, wie Schneider sagt– während gleichzeitig mit Rudolf Theiler ein motivierter, engagierter und angesehener Priester da wäre. „Da stellt sich für mich schon die Frage, wieso man nicht einen alt gedienten Pfarrer seinen Dienst verrichten lässt – wie er es auch möchte“, so Landrat Wilhelm Schneider gegenüber der Neuen Presse. Die Antwort aus Würzburg sei „nicht sehr befriedigend“ gewesen. Eine Weiterbeschäftigung nach Gusto der Diözese hat für den Landrat einen faden Beigeschmack. Ganz nach dem Motto: „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen“, so Schneider.
Am 11. März erhielt nun auch der Provinzial der Bamberger Karmeliten, Pater Klaus Rudolf Schenkelberger, ein Schreiben von der Hauptabteilung Personal, das mitteilt, welche „Perspektive“ die Diözese Würzburg denn nun vorsehe. „Zur Zeit“, heißt es darin, sei angedacht, „die beiden Pfarreiengemeinschaften im Bezug auf die Leitung zum Herbst 2022 personell neu aufzustellen“. Und: „Aufgrund des Alters von Pater Theiler und seiner angegriffenen Gesundheit halten wir es für sinnvoll, seinen Dienst in der Diözese zu beenden, sobald eine gute Nachfolge geregelt ist.“ Dazu werde die Pfarrstelle im April ausgeschrieben.
Auch praktisch hat man schon vorgedacht und kündigt einen baldigen Besuch des bischöflichen Bauamts an, um den Zustand des Pfarrhauses zu begutachten - um für einen künftigen Pfarrer schon notwendige Renovierungsmaßnahmen einleiten zu können.
Pater Theiler wird nämlich nicht nur seinen Beruf verlieren, sondern auch sein Zuhause. Dass dies irgendwann der Fall sein würde, ist keine Überraschung, wohl aber die Kurzfristigkeit, mit der dies geschehen soll. Und so steht der Eberner Pfarrer vor einem weiteren Problem, das ihn beinahe noch mehr belastet: Schließlich sorgt er auch für eine 84-jährige Witwe, die bei ihm wohnt, dazu kommen Hund und Katze. „Alleine würde ich schon irgendwo im Orden unterkommen“, sagt Rudolf Theiler. Aber er hat eben auch Verantwortung. Und: „Ich möchte in Ebern bleiben“, sagt der 71-Jährige. Seit nunmehr 16 Jahren wohnt er hier, hat sich eingelebt, hat hier Freunde, seinen Sport, seine Heimat. Ein geordneter Weg in den Ruhestand, wie er in zwei, drei Jahren planmäßig hätte stattfinden können, wäre kein Problem gewesen, sagt Rudolf Theiler: „Wieso muss das so überstürzt sein?“
Den Brief vom 11. März an seinen Ordensprovinzial erhält Theiler als Mitglied der Steuerungsgruppe in Kopie, persönlich scheint aus Würzburg nichts mehr zu kommen. Im Gegenteil: Abschließend wird der Provinzial im Brief gebeten, „zeitnah“ mit dem Pater Kontakt aufzunehmen und dessen Dienstende und Auszug aus Ebern zu besprechen. Die Enttäuschung bei Rudolf Theiler ist nun groß. „Warum muss ich weg? Was habe ich verbrochen?“, fragt er: „Nur, weil ich über 70 bin?“ Dem gegenüber steht ein Würzburger Weihbischof mit 73 Jahren, der Papst ist sogar schon 85. In „ganz wenigen, sehr gut begründeten Ausnahmefällen (Voraussetzung: sehr gute körperliche Verfassung)“, so heißt es aus Würzburg, könne seitens der Diözese auch einer Verlängerung zugestimmt werden. Älter als 70 Jahre sind aktuell weniger als fünf aktive Diözesanpriester, heißt es auf NP-Anfrage aus Würzburg. Auch die Zahl der aktiven Ordenspriester befinde sich in dieser Größenordnung, wobei keiner von diesen eine Leitungsfunktion habe.
In Würzburg sieht man die menschliche Tragödie sehr viel pragmatischer. Eine entsprechende Anfrage der Neuen Presse nach dem Dienstende des Paters beantwortet die Pressestelle der Diözese lapidar: „Am Dienstantritt des neuen Pfarrers orientiert sich das Ausscheiden von Pater Theiler.“ Ein Hinhalten also, so lange man seine Dienste braucht. Ausgeschrieben werde nun übrigens nur die Stelle in Ebern, die PG Pfarrweisach sei ausgeschrieben gewesen, doch bisher gab es keinerlei Bewerbungen: „Es wird neu im Pastoralen Raum verhandelt, wenn sich kein Pfarrer findet.“