Paukenschlag in Ebern Pater Theiler muss gehen

Wann wird Pater Rudolf Theiler sein Pfarrhaus verlassen müssen? Die Diözese Würzburg will ihn bis Herbst ersetzen – oder so lange hinhalten, bis ein Nachfolger gefunden ist. Foto: /Tanja Kaufmann

Von wegen gesegnetes Alter: Die Diözese Würzburg will den Eberner Stadtpfarrer gegen dessen Willen in den Ruhestand schicken. Nun setzt sich sogar der Landrat für ihn ein.

 
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Nein, es geht ihm nicht gut. Pater Rudolf Theiler ist der Schock ins Gesicht geschrieben. Und auch für seine Gemeinde werde es ein Schock sein, prophezeit der Eberner Stadtpfarrer, den die Diözese Würzburg in wenigen Monaten in den Ruhestand schicken will. Gegen seinen ausdrücklichen Willen, ohne die persönliche Einigung mit ihm zu suchen, und ohne Not.

71 Jahre ist Rudolf Theiler vor wenigen Tagen alt geworden, natürlich zwickt es hie und da, aber körperlich ist er soweit fit. Was ihm dagegen zu schaffen macht, ist die Hiobsbotschaft aus Würzburg. In der hiesigen Diözese war es bislang üblich, dass Priester mit 70 Jahren in den Ruhestand gehen, die Altersobergrenze für Ordensleute lag bei 75 Jahren. Diese Regelung – eine allgemeinverbindliche gibt es in den deutschen Bistümern nicht – hatte Rudolf Theiler selbst vor einigen Jahren beim damals zuständigen Würzburger Personalchef erfragt. Doch im vergangenen Jahr wechselte die Personalkommission, und mit ihr offenbar die Bestimmungen.

Am 7. Dezember 2021, den Tag weiß Pater Rudolf noch genau, erklärte ihm Domkapitular Christoph Warmuth im eher beiläufigen Gespräch: „Du musst nächstes Jahr gehen“, wie sich Theiler erinnert: Die Personalkommission (zu der übrigens seit vergangenem Jahr auch Stefan Gessner, ehemaliger Dekan, Leiter der PG Baunach und zuletzt auch Pfarradministrator in Pfarrweisach, zählt) habe beschlossen, dass auch Ordensleute mit 70 Jahren den Ruhestand antreten müssen. „Seitdem geht’s mir schlecht“, gesteht Rudolf Theiler, und man sieht es ihm an.

Nun ist die katholische Kirche nicht gerade mit Priesternachwuchs gesegnet. Das weiß man vor allem im nördlichen Haßbergkreis aus eigener leidvoller Erfahrung. Immer wieder hatten hier Ruhestandspriester ausgeholfen, ohne die Unterstützung etwa von Pallottinerpater Gottfried Scheer oder Jesuitenpater Ludwig Schumann – jeweils erst mit 75 Jahren in den Ruhestand versetzt – wäre hier vieles unmöglich gewesen. Und ob sich so schnell eine Nachfolge für den Karmelitenpater Rudolf Theiler finden wird, ist mehr als fraglich. Schließlich war es bislang auch nicht gelungen, eine Nachbesetzung für die Pfarreiengemeinschaft (PG) St. Kilian und Weggefährten in Pfarrweisach zu bekommen, die Rudolf Theiler seit Januar 2021 ebenfalls als Pfarradministrator mitbetreuen muss. Eine Aufgabe, die man dem damals fast 70-Jährigen bedenkenlos mitaufgebürdet und im vergangenen August sogar noch auf unbefristete Zeit verlängert hatte. „Wenn ich doch so alt und kränklich bin“, fragt Rudolf Theiler, „wie traut man mir doch noch so viele Aufgaben zu?“

Außerdem fällt nun seit der Errichtung der Pastoralen Räume ein weiteres großes Aufgabengebiet in die Zuständigkeit des Eberner Pfarrers. Kein Wunder, dass sich die Kollegen Matthias Rusin und Vincent Moolan Kurian, mit denen gemeinsam Rudolf Theiler im Raum „Haßberge Ost“ nun knapp 16 800 Katholiken betreut, vehement für eine Weiterbeschäftigung des Paters einsetzen. Dieser würde ihnen sowohl in der Leitung wie auch in der Steuerungsgruppe der Regio Ost massiv fehlen, die sich gerade erst in der Aufbau- und Verfestigungsphase befindet. Die wiederholten Nachfragen der beiden Mitpfarrer, die sich erschüttert von der Nachricht gezeigt hatten, waren ebenso erfolglos geblieben, wie der Einsatz von Dekan Christian Lutz.

Viele weitere Einsprüche gingen seit Dezember nach Würzburg: Pastoralreferent Markus Lüttke, Alfred Neugebauer vom Dekanatsrat, die Sekretärinnen im Pfarrbüro, Albert Kuhn von der Kirchenverwaltung – alle setzten sich persönlich für eine Weiterbeschäftigung des Pfarrers ein, sie alle erhielten die gleiche Antwort: Es sei besser für ihn, er solle gehen. Und: Man werde in diesem Jahr mit Rudolf Theiler das Gespräch suchen und gemeinsam eine gute Lösung finden. „Ich warte bis heute auf dieses Gespräch“, sagt Rudolf Theiler. Informationen haben stattdessen andere bekommen. Im Januar erhielt Albert Kuhn ein Schreiben aus dem bischöflichen Sekretariat, dass die bisherige Altersgrenze von 75 Jahren keine Gültigkeit mehr habe. Ein verlängerter Einsatz eines Priesters behebe schließlich nicht den nicht zu leugnenden Priestermangel, hieß es. Und: „Pater Theiler wird dann in den Ruhestand gehen, wenn eine gute diözesane Nachfolgeregelung gefunden wurde.“

Den identischen Wortlaut, nur mit Unterschrift des Bischofs, hat auch Haßberge-Landrat Wilhelm Schneider (CSU) erhalten. Der Kreischef spricht sich ebenfalls nachdrücklich für ein Bleiben des Eberner Pfarrers aus. Zumal auch er eine lange Vakanz für die Pfarrstellen in Ebern und Pfarrweisach fürchtet, weil eben nicht „eine Reihe junger Priester hintenan steht“, wie Schneider sagt– während gleichzeitig mit Rudolf Theiler ein motivierter, engagierter und angesehener Priester da wäre. „Da stellt sich für mich schon die Frage, wieso man nicht einen alt gedienten Pfarrer seinen Dienst verrichten lässt – wie er es auch möchte“, so Landrat Wilhelm Schneider gegenüber der Neuen Presse. Die Antwort aus Würzburg sei „nicht sehr befriedigend“ gewesen. Eine Weiterbeschäftigung nach Gusto der Diözese hat für den Landrat einen faden Beigeschmack. Ganz nach dem Motto: „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen“, so Schneider.

Am 11. März erhielt nun auch der Provinzial der Bamberger Karmeliten, Pater Klaus Rudolf Schenkelberger, ein Schreiben von der Hauptabteilung Personal, das mitteilt, welche „Perspektive“ die Diözese Würzburg denn nun vorsehe. „Zur Zeit“, heißt es darin, sei angedacht, „die beiden Pfarreiengemeinschaften im Bezug auf die Leitung zum Herbst 2022 personell neu aufzustellen“. Und: „Aufgrund des Alters von Pater Theiler und seiner angegriffenen Gesundheit halten wir es für sinnvoll, seinen Dienst in der Diözese zu beenden, sobald eine gute Nachfolge geregelt ist.“ Dazu werde die Pfarrstelle im April ausgeschrieben.

Auch praktisch hat man schon vorgedacht und kündigt einen baldigen Besuch des bischöflichen Bauamts an, um den Zustand des Pfarrhauses zu begutachten - um für einen künftigen Pfarrer schon notwendige Renovierungsmaßnahmen einleiten zu können.

Pater Theiler wird nämlich nicht nur seinen Beruf verlieren, sondern auch sein Zuhause. Dass dies irgendwann der Fall sein würde, ist keine Überraschung, wohl aber die Kurzfristigkeit, mit der dies geschehen soll. Und so steht der Eberner Pfarrer vor einem weiteren Problem, das ihn beinahe noch mehr belastet: Schließlich sorgt er auch für eine 84-jährige Witwe, die bei ihm wohnt, dazu kommen Hund und Katze. „Alleine würde ich schon irgendwo im Orden unterkommen“, sagt Rudolf Theiler. Aber er hat eben auch Verantwortung. Und: „Ich möchte in Ebern bleiben“, sagt der 71-Jährige. Seit nunmehr 16 Jahren wohnt er hier, hat sich eingelebt, hat hier Freunde, seinen Sport, seine Heimat. Ein geordneter Weg in den Ruhestand, wie er in zwei, drei Jahren planmäßig hätte stattfinden können, wäre kein Problem gewesen, sagt Rudolf Theiler: „Wieso muss das so überstürzt sein?“

Den Brief vom 11. März an seinen Ordensprovinzial erhält Theiler als Mitglied der Steuerungsgruppe in Kopie, persönlich scheint aus Würzburg nichts mehr zu kommen. Im Gegenteil: Abschließend wird der Provinzial im Brief gebeten, „zeitnah“ mit dem Pater Kontakt aufzunehmen und dessen Dienstende und Auszug aus Ebern zu besprechen. Die Enttäuschung bei Rudolf Theiler ist nun groß. „Warum muss ich weg? Was habe ich verbrochen?“, fragt er: „Nur, weil ich über 70 bin?“ Dem gegenüber steht ein Würzburger Weihbischof mit 73 Jahren, der Papst ist sogar schon 85. In „ganz wenigen, sehr gut begründeten Ausnahmefällen (Voraussetzung: sehr gute körperliche Verfassung)“, so heißt es aus Würzburg, könne seitens der Diözese auch einer Verlängerung zugestimmt werden. Älter als 70 Jahre sind aktuell weniger als fünf aktive Diözesanpriester, heißt es auf NP-Anfrage aus Würzburg. Auch die Zahl der aktiven Ordenspriester befinde sich in dieser Größenordnung, wobei keiner von diesen eine Leitungsfunktion habe.

In Würzburg sieht man die menschliche Tragödie sehr viel pragmatischer. Eine entsprechende Anfrage der Neuen Presse nach dem Dienstende des Paters beantwortet die Pressestelle der Diözese lapidar: „Am Dienstantritt des neuen Pfarrers orientiert sich das Ausscheiden von Pater Theiler.“ Ein Hinhalten also, so lange man seine Dienste braucht. Ausgeschrieben werde nun übrigens nur die Stelle in Ebern, die PG Pfarrweisach sei ausgeschrieben gewesen, doch bisher gab es keinerlei Bewerbungen: „Es wird neu im Pastoralen Raum verhandelt, wenn sich kein Pfarrer findet.“

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