Pflegenotstand betrifft ganze Region Man hangelt sich von Tag zu Tag

und Christine Vogl
Nur gemeinsam sind sie stark – das betonen die Pflegekräfte im Landkreis Haßberge. Foto: Andrey Popov - stock.adobe.com/Andrey Popov

Auch die AWO sowie die Caritas haben mit erkrankten Mitarbeitern zu kämpfen. Sie alle macht vor allem eins, wie in Ebern, stolz: der Zusammenhalt untereinander.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

„Es sind immer mehr Mitarbeiter in Quarantäne und kaum ist diese beendet, sind die Kinder positiv und das ganze Spiel geht von vorne los“, beschreibt Sandra Partosch, Einrichtungsleitung des AWO Seniorenzentrums Knetzgau, die aktuelle Lage. Einen Plan B gebe es in der Pflege jedoch immer, „denn leider konnten wir uns in den letzten zwei Jahren der Pandemie auf nichts so verlassen, wie auf unsere Mitarbeiter.“ Man plane gemeinsam von Tag zu Tag, oft würden die Mitarbeiter sogar anbieten, am Abend noch einmal zu kommen oder tagelang durchzuarbeiten. „Nicht weil sie es müssen, sondern weil sie mit ganzem Herz Pflegekraft sind und zum Glück noch nicht vergessen haben, wie schön die Zeit bei uns in der Einrichtung vor der Pandemie war.“ Und die Hoffnung, dass endlich wieder mal Normalität einkehrt, sei noch nicht bei allen verloren gegangen.

Man stehen natürlich im Austausch mit den anderen Einrichtungen des AWO Bezirksverbandes und unterstütze sich gegenseitig, wo man könne – „aber am Ende sieht es dann doch überall gleich aus“, so Partosch. „Ich kann immer wieder nur sagen, wie froh ich bin, das Pflegekräfte einiges gewöhnt sind und es eigentlich immer wieder eine Lösung gibt, weil keiner möchte, dass die Versorgung einmal nicht mehr möglich ist.“ Durch die Pandemie habe man sich zudem in der Angehörigenarbeit verbessert. „Durch eine schnelle Info im E-Mail-Verteiler an alle Angehörigen spart man sehr viel Zeit am Telefon, die man dann anderweitig besser nutzen kann, beispielsweise mit Telefonaten mit dem Gesundheitsamt. Mit Infektionskrankheiten hatten wir ja schon immer zu tun, deswegen merken wir, dass dies Routine für unsere Mitarbeiter ist.“

Dank der Impfung habe man jedoch bisher „ zum Glück noch keinen Bewohner mit einem schweren Verlauf“ gehabt, „und ich hoffe, dass dies so bleibt.“ Von der Politik würde sich Partosch wünschen, dass „irgendeiner mir oder einem, der wirklich an der Basis ist, sein Gehör schenkt. Nicht, weil ich alles besser könnte, sondern weil von der Ferne alles so logisch erscheint, was in der Basis dann plötzlich in einem absoluten Bürokratiechaos endet.“ Sie sei ein absoluter Verfechter ihres Berufsstandes, so Partosch, und versuche „überall, wo ich gehe und stehe, das negative Bild der Altenpflege zu verbessern. In Zeiten der Pandemie fällt dies zunehmend schwerer, deswegen würde ich einfach zu gern mal mit einem Herrn Holetschek, Herrn Söder oder wer sonst noch so Interesse daran hat in einen Austausch gehen und mal wirklich von der Basis zu berichten.“

Auch in den Einrichtungen des Caritasverbandes für den Landkreis Haßberge ist die Lage sehr angespannt. Vor allem die Hausgemeinschaften Sankt Anna in Hofheim sind stark betroffen. In Zahlen bedeutet das, dass dort 34 von 39 Bewohnern positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Auch ein Großteil der Mitarbeiter ist betroffen. Glücklicherweise ist gerade die vulnerable Gruppe kaum oder nur sehr gering symptomatisch. Bei den Mitarbeitenden bleibt es nach der Infektion leider inzwischen häufig nicht mehr beim gänzlich symptomlosen Verlauf und auch das Freitesten nach sieben Tagen klappt nur selten.„Wir sind sehr froh darüber, dass alle geimpft und geboostert sind und es den Bewohnern soweit gut geht und sie weitgehend ohne Symptome sind“, berichtet Einrichtungsleiterin Melanie Schröder. „Aber die Personalsituation macht uns große Schwierigkeiten. Wir rotieren da täglich und planen stündlich.“ Der Betrieb könne deshalb am Laufen gehalten werden, weil es einen großartigen Zusammenhalt innerhalb des Caritasverbandes Haßberge gebe. „So unterstützen uns Mitarbeiter aus anderen Caritas-Einrichtungen im Landkreis auf freiwilliger Basis. Zum anderen hilft auch die sehr gute Zusammenarbeit mit dem Landratsamt, das uns beispielsweise Ausnahmegenehmigungen für positiv-getestete aber symptomlose Mitarbeitende erteilen. So können diese dann wenigsten die positiv-getesteten Bewohner versorgen.“ Und nur so könne man die Fachkraftquote aktuell einhalten. „Der Pflegepool Bayern ist uns da leider keine Hilfe. Die Anforderungen sind hochbürokratisch und gerade für so kurzfristige Krisensituationen, wie aktuell, nicht praktikabel.“

Angelika Schmidt, Fachleitung Altenhilfe beim Caritasverband für den Landkreis Haßberge: „Meine Hochachtung für die Leistung der Leitungen in den Altenhilfe-Einrichtungen. Sie sind in den letzten beiden Jahren zu absoluten Krisenmanagern geworden, haben viel Erfahrungen gesammelt und sind zu wahren Pandemie-Organisationstalenten geworden. Trotz der Dauerbelastung halten sie mit ihren Mitarbeiter den Betrieb am Laufen.“ Da kämen wirklich viele Dinge zusammen. „Wenn ich mir jetzt alleine das Impf-Monitoring im Rahmen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ansehe. Da wird wirklich viel zusätzliche Verantwortung auf die Leitungen abgegeben.“ Dankbar sei sie für den innerverbandlichen Zusammenhalt. Die Anzahl der unterstützungswilligen Mitarbeiter, die das auf freiwilliger Basis machen, ist groß.

Und auch hier bestehen Wünsche an die Politik. Angelika Schmidt: „Realitätsbezogene Vorgaben, die näher am Alltag in den Altenhilfe-Einrichtungen sind. Ein Beispiel: die Absonderung/Isolierungsvorgaben bei infizierten Bewohnern. In den Einrichtungen sind räumliche Trennungen von positiv Getesteten ab einer gewissen Infektionslage baulich einfach nicht mehr umsetzbar. Oder: das Festhalten an der Fachkraftquote in einer angespannten Situation wie sie gerade vorherrscht. Genauso wie die Maskenempfehlung für unsere Bewohner, unter anderem mit demenzieller Erkrankung. Das ist realitätsfremd.“ Ganz klar ist auch die Meinung zum Thema Impfpflicht – mit der sie in einer Linie mit Stefan Dünkel, Leiter des Pflegeheims Sankt Elisabeth in Ebern, stehen: „Wir wünschen uns eine allgemeine Impfpflicht für alle ab 18 Jahren“. Für alle – und nicht nur für bestimmte Personengruppen.

Der Wegfall der Corona-Auflagen in der Bundesrepublik sehen die Mitarbeiterinnen hier skeptisch. Angelika Schmidt: „Wir begrüßen den bayerischen Sonderweg und befürworten die Verlängerungen der Maßnahmen, angesichts der hohen Inzidenzen. Gut ist, dass die Test- und (FFP2-)Maskenpflicht erst mal bestehen bleiben.“ Gerade Letzteres habe sich einfach immer wieder als effektivste Maßnahme gezeigt. Die Maskenpflicht in den Grundschulen beizubehalten, zumindest bis nach Ostern, fände sie durchaus sinnvoll, „haben wir doch hier in dieser Altersgruppe der Kinder eine niedrige Impfquote und viele Mitarbeiter, die sich gegebenenfalls über die Kinder anstecken beziehungsweise diese dann in der Quarantäne betreuen müssten.“

Autor

Bilder