Pflegestelle Eine Baby-Klappe für Fledermäuse

Wer tagsüber eine Fledermaus findet, sollte nicht zögern – und sie am besten direkt zu Barbara Eibl nach Eltmann bringen. Sie ist für die Pflege der kleinen Säuger in den Haßbergen zuständig. Ein Knochenjob – aber auch einer, der sich lohnt.

 
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Ein Stück Würfelzucker. Schwerer wiegt so eine kleine Fledermaus nicht. Das zierliche Tier, das Barbara Eibl vorsichtig in ihrer Hand hält, mag sogar noch weniger auf die Waage bringen. Vielleicht zwei Gramm, schätzt Barbara Eibl. Das ist etwa so viel wie ein 1-Cent-Stück. Das soll nicht so bleiben, und dafür ist Barbara Eibl da: Sie betreibt in Eltmann die einzige aktive Pflegestelle für gefundene Fledermäuse in den Haßbergen sowie für das Bamberger Umland.

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Zugegeben: Nicht jeder ist ein Fan der kleinen Säuger. Dazu beigetragen haben gruselige Geschichten und der Ruf eines Blutsaugers, der den an sich doch so possierlichen Tierchen anhängt. Dabei ist der Winzling ein wahres Wunder: Schließlich kann er quasi mit den Ohren sehen und mit den Händen fliegen. Als einziges Säugetier übrigens. Beinahe alle in Deutschland vorkommenden Fledermausarten sind vom Aussterben bedroht. Schuld daran ist in erster Linie der Mensch, insbesondere durch die Zerstörung der Lebensräume und die Intensivierung der Landwirtschaft. Eine Fledermaus verdrückt pro Nacht mehrere tausend Insekten. Auch Mücken, weshalb man sich also freuen sollte, wenn die kleinen Segler ab Einbruch der Dämmerung an lauen Sommerabenden durch die heimischen Gärten gleiten.

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Wie ein rohes Ei hält Barbara Eibl die winzige Fledermaus in ihrer Hand. Mit einer Pipette flößt sie dem Tierchen Flüssigkeit ein. „Man muss aufpassen, dass kein Wasser in die Nase kommt“, erklärt sie. In den vergangenen fünf Jahren hat sie sich viel Wissen angeeignet, das es braucht, um einem Findelkind die besten Überlebensmöglichkeiten zu bieten. Die hat es allerdings nur, wenn es schnell geht. Denn: Jedes Tier, das tagsüber gefunden wird, braucht dringend Hilfe. Und dann kommt es auf jede halbe Stunde an, wie die Fledermausberaterin erklärt. Dann hilft es, wenn man gleich weiß, an wen man sich wenden muss. Deshalb möchte sie ihre Anlaufstelle auch bekannter machen. Denn sie hatte selbst einst eine wahre Odyssee bei ihrer Suche nach Hilfe hinter sich, wie sie berichtet.

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So nämlich ist Barbara Eibl überhaupt erst auf die Fledermaus gekommen. Damals hatte sie selbst ein geschwächtes Tier in einem Blumenübertopf bei sich im Garten gefunden, das sich nicht mehr selbst befreien konnte. Die Erste Hilfe fand Barbara Eibl im Internet, anschließend suchte sie verzweifelt einen Ansprechpartner. Schließlich habe sich Arthur Scholl aus Hellingen gemeldet, der mittlerweile nach Niederbayern umgezogen ist. Von ihm lernte Barbara Eibl, auf was es bei der Pflege der meist verletzten Tiere ankommt. Dazu kamen Lehrgänge und Schulungen, ob zum Messen und Wiegen der kleinen Säuger, zum Parasiten-Absuchen oder zum Zahnstein-Entfernen.

Hauptsaison der Findel-Fledermäuse ist von Mai bis August. Dann nämlich bekommen die Weibchen ihre Jungen – „und es werden viele gefunden, die aus der Stube gefallen sind oder krank oder schwach sind“, sagt Barbara Eibl.

Doch auch viele verletzte oder geschwächte erwachsene Tiere finden den Weg zu ihr. „Je nach Wetterlage“, sagt die Fledermaus-Expertin. Die aktuelle Dürre beispielsweise führt zu einem Mangel an Insekten, die die Tiere normalerweise im Flug fangen; natürlich auch zu Durst. Eine flache Wasserschale im Garten hilft also nicht nur Vögeln und Insekten, sondern auch den kleinen „Kobolden der Nacht“, wie sie so schön heißen. Manchmal sind die Tiere auch durch einen Sturz verletzt, konnten mit Blessuren einer Katze entkommen oder sind von Parasiten befallen. Auch hier hilft Barbara Eibl, im Ernstfall natürlich immer in Kooperation mit einem Tierarzt.

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Am pflegeintensivsten sind aber – wie bei den menschlichen Säugern auch – die Babys. Die müssen nämlich alle zwei Stunden mit Milch gefüttert werden. Lange Nächte bedeutet dies für die Pflegemama, vor allem, wenn sie gleich mehrere Tiere in ihrer Obhut hat.

Nach dem Füttern muss das Bäuchlein massiert werden, anschließend sollen die Kleinen noch ein wenig herumkrabbeln, bis sie dann satt und zufrieden wieder einschlafen. „Wenn man fünf Tiere da hat, sind die zwei Stunden bis zur nächsten Fütterung dann schnell um“, sagt Barbara Eibl – die Chance auf eigenen Schlaf ist da gering. Tagsüber hat sie das Glück, einen verständnisvollen Chef zu haben, und darf den Nachwuchs sogar mit auf die Arbeit nehmen. Alle zwei Stunden füttern – das würde sonst nicht hinhauen. „Es ist freilich anstrengend“, gesteht Barbara Eibl, „aber es lohnt sich“.

Auch, wenn es schmerzhaft sein. Denn die Überlebensrate ist bei aller Liebe doch gering: Rund 70 Prozent schaffen es nicht. „Wir wissen noch zu wenig über die Milchzusammensetzung“, sagt Barbara Eibl. Die ändert sich in der Natur nämlich beinahe jede Woche. Doch gemeinsam mit einer Koryphäe wie Tierärztin Renate Keil erziele man jetzt schon recht gute Erfolge. Manche Tiere werden aber auch einfach zu spät gefunden. „Aber wir versuchen es trotzdem!“, bekräftigt die Fledermausberaterin: „Bei uns erhalten alle Tiere eine zweite Chance.“

Damit die Findeltiere sie auch erreichen, wenn sie auf der Arbeit ist, hat Barbara Eibl nun auch eine Art „Baby-Klappe“ eingerichtet: In einem luftdurchlässigen Korb mit Deckel, geschützt an der Hauswand, können die Fledermäuse künftig abgelegt werden. Ihrerseits natürlich gut und sicher verpackt in einem gut ausgepolsterten (Schuh-)Karton mit Luftlöchern.

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Ein bisschen Wehmut ist aber auch dabei, wenn es die kleinen Racker tatsächlich über den Berg geschafft haben und zurück in die Freiheit dürfen. Dafür müssen sie nicht nur kräftig genug sein, sondern auch ausreichend Flugstunden absolviert haben. Das dürfen die kleinen Fledermäuse zunächst in einem zweimal zwei Meter großen „Flugzelt“ in Barbara Eibls Wohnung, später gibt es ein noch größeres Zelt dafür im Garten. Und wenn sie dann für den Abflug bereit sind (am besten ist dies in der Nähe des Fundorts), dann drehen sie immer erst eine Orientierungsrunde, die ein bisschen so aussieht, als ob sie Abschied nehmen würden.

Fledermaus gefunden: Das ist zu tun

Findet man eine Fledermaus, sollte man sich unbedingt Handschuhe anziehen und das Tier möglichst auch mithilfe eines Stofftuchs locker anheben. Die Fund-Fledermaus legt man dann am besten in einen – etwa mit einem Küchenpapier – gut gepolsterten Karton, in den man noch ein feuchtes Tuch gibt.

Schwachen oder verletzten Fledermäusen sollte man als Erstmaßnahme zusätzlich behutsam Wasser verabreichen (etwa mit einer Pipette) oder einem mit Wasser getränkten Küchenpapier oder Taschentuch, und dabei aufpassen, dass dem kleinen Tier kein Wasser in die Nase kommt.

Anschließend sollte ein Foto der Fledermaus gemacht werden, durch dass die Experten die Lage besser einschätzen können. Diese sollte man umgehend verständigen.

Totfunde sollten ebenfalls geborgen und nach telefonischer Kontaktaufnahme zu den Fledermausberatern gebracht werden.

Kontakt

Barbara Eibl ist einzige aktive Fledermauspflegerin für die Haßberge und Bamberg mit Umland. Als neu bestellte Fledermausberaterin für den Landkreis Haßberge findet man sie unter www.hassberge.de/Bürgerservice/Umwelt & Natur/ Naturschutz/ Fledermäuse. Die Pflegestelle, an der es jetzt auch einen geschützten Abgabekorb gibt, befindet sich in Eltmann, Am Birkenbach 40.

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