Auch die Rolle der Queen als einigender Kraft für das Vereinigte Königreich zieht nach Ansicht der Kritiker nicht mehr. Zwar ist die Familie übers Wochenende in alle Landesteile gereist: Tochter Anne nach Schottland, Enkel William nach Wales und der jüngste Sohn Edward nach Nordirland. Doch das verdeckt nicht, dass das Land zerrissen ist wie lange nicht mehr. In Schottland streben viele Menschen nach Unabhängigkeit. Der Stadtrat von Glasgow weigerte sich, Geld für die „Jubilee“-Feiern auszugeben. In Nordirland hat kürzlich erstmals eine Partei die meisten Stimmen erhalten, die für eine Wiedervereinigung mit der zur EU gehörenden Republik Irland eintritt.
Eiserne Regel der Queen
Von der Queen gibt es zur bröckelnden Union ebenso wenig ein Wort wie zu den explodieren Lebenshaltungskosten, die Millionen in Armut stürzen könnten. „No politics“, lautet ihre eiserne Regel. Wenn die Königin - oder wie kürzlich in Vertretung ihr Sohn Charles - das Regierungsprogramm verliest, das ihr Downing Street aufgeschrieben hat, wirkt das angesichts der jahrhundertealten Rituale, schneidigen Uniformen und weißen Perücken eher wie Folklore. Aktivisten wie Smith sind sicher, dass solche Bilder bald Geschichte sein werden.
Hoffnung macht ihnen auch der Blick in den Staatenbund Commonwealth. Ende 2021 erklärte sich der Karibikstaat Barbados zur Republik, auch Jamaika verfolgt solche Pläne. Die neue australische Regierung will mittelfristig ein Referendum vorbereiten. Alle Australier müssten die Möglichkeit haben, Staatsoberhaupt zu werden, sagte Kabinettsmitglied Matt Thistlethwaite der britischen Nachrichtenagentur PA.
Auch in Kanada haben die Monarchie-Gegner Zulauf. Eine Umfrage des Angus Reid Institute im April ergab, dass 51 Prozent die Staatsform ändern wollen. „Heute sind wir eine multikulturelle Gesellschaft, deren koloniale Bindungen zu Großbritannien ein fernes Relikt sind“, kommentierte der Kolumnist Bob Hepburn kürzlich im „Toronto Star“. Eine Monarchie sei „lächerlich in einem modernen Land“.