Polizist schwer verletzt Eskalation in der Anwaltskanzlei

Martin Schweiger
Ein 34-Jähriger steht in Haßfurt vor dem Amtsgericht. Foto: picture alliance / dpa/David Ebener

Ein Streit in einer Haßfurter Anwaltskanzlei artet aus – ein hinzugerufener Polizist wird schwer verletzt. Der Angeklagte gibt an, selbst Angst um sein Leben gehabt zu haben.

 
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Das Sorgerecht für seine beiden kleinen Kinder zu erhalten ist einem 34-jährigen Arbeiter aus dem nördlichen Landkreis sehr wichtig. Als er einen Rechtsanwalt aus Haßfurt im Januar letzten Jahres um ein Originaldokument bittet, das dieser jedoch nach eigener Auskunft nicht hat, eskaliert in der Anwaltskanzlei die Situation. Es kommt zu einem Streitgespräch, das der 34-Jährige mit seinem Handy aufnimmt, obwohl ihm dies sein Anwalt zuvor untersagt hatte. Der Rechtsvertreter erteilt seinem Mandanten daraufhin ein Hausverbot und fordert ihn auf, die Kanzlei zu verlassen. Da der 34-Jährige dies nicht tut, ruft der Anwalt die Polizei.

Beim Versuch eines Polizeibeamten, dem 34-Jährigen das Handy aus der Hand zu nehmen, schlägt der mit den Fäusten um sich und trifft den Ordnungshüter im Gesicht. Obwohl der Polizeibeamte den Täter am Kragen packt, gelingt dem kräftig gebauten 34-Jährigen die Flucht, mit dem Polizisten im Schlepptau. Auf einer Treppe verdreht sich der Beamte das linke Knie, verletzt sich dabei schwer und muss die Verfolgung aufgeben. Der Flüchtende wird jedoch wenig später in der Haßfurter Innenstadt von seinen Kollegen gefasst.

Am Mittwoch musste er sich am Amtsgericht wegen der „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“, sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung verantworten. Der Anwalt habe ihn als „Neger“ betitelt, gab der Angeklagte mit nigerianischer Staatsangehörigkeit zu Protokoll. Daraufhin habe er sein Handy gezückt, um mögliche weitere Schimpfwörter zu dokumentieren. Ein wenig später eintreffender Polizeibeamter habe ihm sein Handy abnehmen wollen, ohne zu fragen, was überhaupt los sei. Er habe es ihm nicht gegeben, da er das Handy brauche, um Kontakt zu seiner Mutter in Nigeria und zu seinen Kindern halten zu können. Eine Polizeibeamtin habe seinen Kopf verdreht. Er habe Angst um sein Leben gehabt und nur noch flüchten wollen. „Ich dachte an das Schicksal von George Floyd“, sagte er vor Gericht.

Anders lautete die Aussage des Rechtsanwalts. Er habe keine Schimpfwörter benutzt, beteuerte er im Zeugenstand. Der Angeklagte sei ohne Voranmeldung im Büro erschienen. Er selbst habe aus Zeitgründen nicht auf dessen Anliegen eingehen können, worauf sich der Angeklagte vor ihm „aufgebaut“ habe. Die Ehefrau des Anwalts, die im Büro ihres Ehemanns mitarbeitet, sagte, der Angeklagte sei aggressiv gewesen. Sie habe Angst gehabt. Der Polizeibeamte sei mehrmals mit Fäusten und Fußtritten des Angeklagten getroffen worden. Die Polizeibeamtin habe den Kopf des Angeklagten nicht verdreht.

Schwer verletzt wurde nach eigenen Angaben der Polizeibeamte. Er erlitt einen Knorpel- und Meniskusschaden im Knie. Er zog sich einen Infekt im Knie zu. Er musste operiert werden und war fast zwei Monate dienstunfähig. Zudem erlitt er eine Platzwunde an der Stirn und hatte eine Woche lang Kopfschmerzen.

Da der Angeklagte seine Kinder vom Kindergarten abholen musste, unterbrach der Vorsitzende die Hauptverhandlung. Sie wird am Montag, 14. März, um 11 Uhr fortgesetzt.

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