Frau in Männerdomäne
In der ersten Gruppe sticht dabei die 22-jährige Schweizerin Lena Guggisberg heraus. Ganz kurz vor Beginn ihres ersten Wettbewerbes schaut sie noch einmal auf einen Zettel, auf dem ein Hufeisen mit besonderen Anforderungen aufgemalt ist. Daneben auf einem Hocker liegen eine große Auswahl von Werkzeugen und zwei Flacheisen, aus denen binnen 60 Minuten zwei Hufeisen entstehen sollen. Und da gibt es genug zu hämmern und am Amboss zu biegen, immer wieder für die richtige Temperatur am Gas-Brennofen zu sorgen und ja keinen Fehler zu machen, der nicht mehr korrigierbar ist. Die Schweizerin lässt sich dabei assistieren von ihrem Freund Laurin Bärtschi. Dass die beiden ein eingespieltes Team sind, sieht man ihnen an. Mit ihren schweizerischen Team nehmen sie an mehreren Wettbewerben im Jahr teil, bis in die USA.
Wie sie in diesen Beruf hineingeraten ist? „Schon als kleines Mädchen habe ich mit dem Reiten begonnen und bin mit Pferden groß geworden“, sagt Lena Guggisberg. „Mein Großvater war sogar Huf- und Wagenschmied. Später stöberte ich mit meiner Oma in alten Schmökern und dabei erschien auch ein Hufschmied. Ich bin also in der 4. Klasse zu meiner Entscheidung gekommen, dass Hufschmied einmal mein Beruf werden solle. Es war wie eine Berufung.“ Seit 2020 ist sie nun angestellt bei zwei Hufschmieden.
Quereinsteiger als Lokalmatador
Einer der wenigen aus dem nahen Umkreis ist Fabian Zimmermann aus Zeitlofs/Bad Kissingen. Er ist gelernter Kfz-Mechaniker, der Beruf, der am häufigsten in der beruflichen Vergangenheit der Hufschmiede zu finden ist. „Wir hatten zu Haue schon drei Pferde, meine Frau ist Turnierreiterin und außerdem haben wir einen Kaltblüter für einen Wagen“, berichtet er. So sei ein gewisses Interesse schon von vornherein da gewesen: „Wir mussten unsere Pferde ja auch beschlagen lassen und unser Hufbeschlagschmied ist heute mein Chef“, sagt er zu seinem Ausbildungsplatz. Sein Chef betreibt hauptberuflich einen Hufschmiedebetrieb, dessen Einzugsbereich sich über ganz Unterfranken erstreckt. Zu den Kunden fährt man in einer mobilen Werkstatt.
Sein Interesse als Quereinsteiger in diesen Beruf beschreibt Fabian Zimmermann so: „Man erlebt sehr abwechslungsreiche Tage. Jeder Tag sieht anders aus und auf jeden Kunden muss man sich anders einstellen. Durch meine Arbeit kann ich den Kunden, aber auch den Pferden helfen. Was gibt es denn Besseres, als den eigenen Arbeitserfolg zu sehen und zu spüren? Dazu ist man den ganzen Tag an der frischen Luft.“
Als Hufschmied im Senegal
Markus Bottenberg, kurz vor dem 60. Lebensjahr, hat den Beruf eines Hufschmiedes von der Pike auf gelernt, ihn auch ausgeführt, bis zu einem Auslandseinsatz in Afrika. Dort hat er in einem Reitstall in Dakar im Senegal Pferde beschlagen. „Das geschah aber unter ganz anderen Voraussetzungen, denn da gab es gar nichts außer Kohlefeuer und Holzkohle“, erzählt er. „Ich musste mich mit dem Einfachsten begnügen, hatte natürlich meine Werkzeuge dabei und musste mit Feuer, Amboss und Hammer auskommen.“
Sein großer Erfahrungsschatz ist nun auch bei Herstellern von Hufeisen und Werkzeugen rund um die Hufschmiedearbeit gefragt, sodass Markus Bottenberg inzwischen bei einer der ältesten Firmen von Schweden beschäftigt ist und hier sehr viele Hufschmiedebetriebe aufsucht, wie auch den in Ebelsbach. „Hufschmied ist einer der ältesten Beruf, aber er hat sich sehr geändert“, sagt Markus Bottenberg. „Heute kommen auch nicht mehr die Pferde in die Schmiedewerkstatt, sondern der Schmied mit seiner mobilen Werkstatt zum Pferdebesitzer.“ Ganz wichtig sei, dass die Arbeit des Hufschmiedes am Pferde regelmäßig geschehe: „Das ist wichtig für die Gesundheit des Pferdes – und für die ist der Hufschmied verantwortlich.“
Ein Sportpferd müsse alle vier bis sechs Wochen und ein Freizeitpferd ca. alle acht Wochen beschlagen werden. Daraus folgt, dass der Hufschmied mit dem Pferd oft mehr verbunden sei als der Reiter, der ja den Sattel dazwischen hat. „Man gewöhnt sich auch an die Pferde. Bei manchen habe ich schon den Hengst, die Stute und das Fohlen beschlagen“, lacht Bottenberg. Schließlich habe man auch eine größere Verantwortung und das gelte besonders für Sportpferde, bei denen alles ganz präzise ausgeführt werden müsse: „Da können schon ein Zehntel Millimeter oder ein falsch ausgeschnittenes Huf die Medaille kosten oder dem Pferd einen Schaden zufügen.“
Die Aufgaben der ersten Bayerischen Hufschmiedemeisterschaft erfordern das gesamte Können der Hufschmiede. Zwei Hufeisen in 60 Minuten, eines davon als „Überraschungseisen“. Dann ein „Speed-Wettbewerb“, ein vorgefertigtes Paar in 20 Minuten, bei dem vor allem immer wieder das Aufwärmen des Eisens dem einen oder anderen Zeitprobleme bereitete. Schließlich dann der „Open Class Eagle Eye“-Wettbewerb, wo der Schmied ein Huf zehn Sekunden lang von allen Seiten anschauen kann und sein Eisen danach anfertigen muss. Für die Finalprüfung müssen dann auch noch Hufeisen geschmiedet und ein Pferd damit beschlagen werden. Den beiden Juroren Paul Robinson aus Schottland und Hans Maier aus der Schweiz kommt dann die verantwortungsvolle Aufgabe zu, die Hufe und damit die Arbeit der Hufschmiede zu gewichten.