Wiederholt sich dieses Narrativ nun in der neuen Generation der Wales-Kinder? Prinz George, die Nummer zwei der britischen Thronfolge, wirkt mit seinen neun Jahren deutlich bedächtiger als sein jüngerer Bruder. Schaut man sich die Drei an, scheint aber die achtjährige Charlotte diejenige zu sein, die unter den Geschwistern den Ton angibt. Sie maßregelt auch mal ihren älteren Bruder, wenn der bei der Nationalhymne nicht ganz formvollendet da steht – künftiger König hin oder her. Sogleich werden auch hier Parallelen gezogen: Zur „Princess Royal“ Anne, Charles’ Schwester, die nicht nur die Fleißigste der Windsors ist, sondern in der Familie auch über erhebliche Autorität verfügen soll.
Die Geschwister der Monarchen spielten in der Vergangenheit stets eine wichtige Rolle: Queen Elizabeth II. hing sehr an ihrer rebellischen Schwester, Prinzessin Margaret, die einen Teil der repräsentativen Aufgaben schulterte. Auch der jetzige Monarch teilt sich die Last der öffentlichen Auftritte mit zwei seiner drei Geschwister: „König Charles III. macht gerade vor, wie wichtig seine Geschwister Anne und Edward für ihn sind“, sagt Michael Begasse. „Und William wünscht sich garantiert auch, er hätte noch einen verlässlichen Bruder an seiner Seite.“
Was die Zukunft für Charlotte und Louis bringt? Der Adelsexperte glaubt, dass der Druck auf die Prinzessin größer sein könnte als auf den Jüngsten: „Je näher am Thron, desto weniger Privatleben ist möglich.“ Momentan genießt Prinz Louis mit seinen erst fünf Jahren sowieso noch viel Narrenfreiheit: Bei der Krönung seines Großvaters musste er nicht während der ganzen Zeremonie auf seinem Platz in der Westminster Abbey bleiben – im Gegensatz zu George und Charlotte. Vermutlich haben seine Eltern etwas gelernt aus dem vorigen Jahr, als Louis beim Umzug zum „Platinum Jubilee“ seiner Urgroßmutter Elizabeth II. irgendwann genug vom Stillsitzen hatte, sich auf seinem Sitz fläzte und seiner Mutter Kate sogar eine lange Nase zeigte. Die bewies vorbildlichen elterlichen Langmut und begegnete Louis’ Eskapaden freundlich, aber bestimmt.
William und Kate führen ihre Kinder behutsam an die repräsentativen Aufgaben heran, die sie in Zukunft erwarten. Das letzte, was sie wollen, ist, dass George, Charlotte und Louis schon in jungen Jahren die Lust an öffentlichen Auftritten verlieren. Ihre Kinder nehmen die Wales’ meist dann zu öffentlichen Terminen mit, wenn diese auch kindergeeignet sind und Spaß versprechen: Zum „Big Help Out“ zum Beispiel, der Freiwilligentag, der am Montag nach Charles’ Krönung stattfand. Da half die Familie Wales in Slough im Süden von England bei der Verschönerung eines Pfadfinderlagers. Der Termin war ganz nach dem Geschmack des kleinen Louis: Emsig flitzte er mit der Schubkarre hin und her, bediente zusammen mit seinem Vater die Schalthebel eines Minibaggers und röstete Marshmallows über dem Lagerfeuer. In diesem Zuge lernte die Öffentlichkeit auch den Spitznamen, den Kate für ihren Jüngsten hat: „Lou Bug“, Lou-Käfer.