Es ist sonnig an diesem Vormittag im Hofgarten, ein heftiger Wind kommt ab und an auf. Miller sitzt mit Sneakers und hellen Shorts auf der Bank, trägt ein schwarzes Shirt mit dem BBC-Logo auf dem Rücken. Wieder ein Grinsen, Miller freut sich, nun Teil der Vestestadt-Basketballer zu sein.
Anfänge als Dreijährige
Die 32-Jährige kommt in Austin, US-Bundesstaat Texas, zur Welt, verbringt dort ihr erstes Lebensjahr. Es folgen acht Jahre in Ohio, dann die Highschool in Richfield, Minnesota, später das Studium in Chicago, Illinois. Ihr Vater ist Ingenieur und viel unterwegs, daher die häufigen Umzüge. Ihre Mutter ist zu dieser Zeit Hausfrau, kümmert sich um Jessica, ihre Schwester und ihre beiden Brüder. Nun arbeitet sie bei einem Steuerberater.
Mit drei Jahren beginnt Jessica, sich für Basketball zu interessieren, bekommt den ersten Ball geschenkt. Sie bleibt dem Sport treu, spielt in mehreren kleinen Vereinen und in der Highschool, ehe sie ein Stipendium für das Studium bekommt. "Es ist vergleichbar mit der Physiotherapie würde ich sagen", meint sie. Sie schließt es mit dem Bachelor ab, spielt nebenher weiter Basketball.
Um 2008 herum beginnt sie bei Chicago Sky, eine Frauen-Profimannschaft aus der WNBA (Women’s National Basketball Association) als Betreuerin mitzuhelfen. Sie packt beispielsweise die Taschen für die Auswärtsfahrten. "Ich habe zu dieser Zeit noch im College selbst gespielt, das hat zeitlich gut gepasst."
Im September 2010 wagt sie den Schritt nach Deutschland, heuert in Bamberg als Profi bei DJK Don Bosco in der 2. Bundesliga an. Sie führt das Team als Aufbauspielerin in die Playoffs, das Team wird sensationell Meister. "It was like the Cinderella Story", sagt Miller und wechselt ganz unbewusst wieder ins Englische. Was sie meint: So etwas kann man nicht planen. Überraschungs-Meister statt - wie ursprünglich gedacht - krasser Außenseiter und Abstiegskandidat.
Insgesamt kommt Jessica Miller in Bamberg auf fünf Profijahre, drei in Liga zwei sowie zwei Jahre in der höchsten deutschen Spielklasse. Ihre letzten eineinhalb Jahre trainiert sie unter dem damaligen Coach Ulf Schabacker, heute BBC-Sportdirektor. "Ich hatte dann einen Knorpelschaden am Knie und musste aufhören", erinnert sie sich, "es ging nicht mehr". Sie wird im Anschluss Videocoach bei der WNBA-Mannschaft in Chicago, später Assistenztrainerin in Indianapolis, Indiana.
Zehn Jahre ist sie insgesamt in der höchsten Frauen-Liga der USA tätig. Ende vergangenen Jahres läuft der Vertrag aus, das Angebot des BBC kommt. Nun ist sie hier, sprüht vor Energie und hofft, bald ohne Corona-Einschränkungen arbeiten zu können. "Ich bin voller Tatendrang. Es wird Zeit, dass es losgeht." Wann, wie und in welcher Form die neue Saison beginnt, weiß sie nicht. Auch nicht, wann es im Training weniger Auflagen geben wird. Eines weiß sie aber sicher: "Ich will ein guter Coach sein und mein Basketball-Wissen einbringen", macht sie deutlich, "ich stecke alle meine Energie rein, dass wir die Spieler besser machen".
Jessica Miller beschreibt sich selbst als "sehr engagiert, freundlich und hilfsbereit". Genau davon sollen auch ihre Spieler profitieren. "Sie sollen wissen, dass ich da bin, wenn etwas ist und helfe."
Bamberg oder Coburg?
Die US-Amerikanerin zieht aktuell um, von Ingolstadt nach Bamberg, in ihre alte Wahl-Heimat. Die vergangenen Wochen und Monate verbrachte sie bei Ehefrau Svenja in Ingolstadt. Die arbeitet dort als Lehrerin, weiß aber noch nicht, wo sie im neuen Schuljahr unterrichten wird. In der Nähe von Bamberg, oder doch gar Coburg? "Vielleicht. Wir müssen abwarten", sagt Jessica Miller, die an diesem Tag zum ersten Mal im Hofgarten ist. "Es gefällt mir hier. Es gibt noch so viele Sachen in der Stadt, die ich nicht kenne und gerne kennen lernen möchte."
Jessica Miller rückt die Sonnenbrille zurecht und marschiert in der Mittagssonne durch den Hofgarten zu ihrem Auto. Sie muss zum Training.