Reitsch Ärger über lahme Dorferneuerung

Karl-Heinz Hofmann
Open-Air-Bürgerversammlung: Auf großes Interesse der Bevölkerung stieß der auf einer Informationstafel ausgehängte neue Entwurfsplan für die einfache Dorferneuerung in Reitsch. Foto: /Karl-Heinz Hofmann

Seit drei Jahren tut sich so gut wie nichts in der Ortsmitte des Stockheimer Gemeindeteils. Nun erklärt der Bürgermeister, woran das liegt. Ansonsten regiert das Prinzip Hoffnung.

 
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Reitsch - Immerhin: Faule Tomaten, wie sie der Rathauschef befürchtete, wurden nicht geworfen. Doch kritische Worte blieben nicht aus in einer alles andere als gewöhnlichen Bürgerversammlung, zu der Stockheims Bürgermeister Rainer Detsch (FW) am Sonntag geladen hatte. Sie fand unter freiem Himmel statt – und zwar im Ortsteil Reitsch, für den im Jahr 2014 eine einfache Dorferneuerung eingeleitet wurde. Seit zwei Jahren aber herrscht praktisch Stillstand im Ort. Grund genug für Nachfragen der Einwohner, denen sich Detsch persönlich stellen wollte.

Das Gemeindeoberhaupt richtete den Blick zunächst in die Vergangenheit. Anfang 2015 habe eine Projektgruppe mit der konzeptionellen Arbeit begonnen. Eine erste Verzögerung habe ein Hochwasserereignis im Sommer 2016 hervorgerufen, als ein Starkregen den kleinen Nachbarort Eila binnen weniger Stunden im Hochwasser versinken ließ. „Da man ein ähnliches Ereignis in Reitsch mit dem Grünerbach in der Ortsmitte nicht ausschließen kann, waren neue Überplanungen im wasserwirtschaftlichen Bereich unerlässlich“, sagte Detsch. „Das hat uns sicher weit über ein Jahr an Zeit gekostet, war aber dringend notwendig. Dass es darüber hinaus noch zu weiteren Verzögerungen wegen wasserrechtlicher Belange kommen würde, war allerdings damals noch nicht vorhersehbar. Heute sind wir alle schlauer und haben auch einige Nervenbelastungen aushalten müssen“, erklärte der Rathauschef.

Dennoch sei es bis Mitte 2019 wenigstens noch vorwärts gegangen. Das Gebäude „Dorfstraße 3“ sei abgerissen worden. Auf diesem Grundstücksareal sollen laut Planung ein Kinderspielplatz, Geräteschuppen, ein Schullehrgarten und eine Streuobstwiese entstehen.

Fatales Unterfangen

Doch nichts dergleichen ist bisher erkennbar. Laut Rainer Detsch liegt dies daran, dass man sich mit dem Planungsbüro und dem Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) aufgrund der Anregung des Wasserwirtschaftsamts auf einen ökologischen Ausbau des Grünerbachs verständigt habe. Dies hätte auch ein Plus an Zuschüssen bedeutet. „Aus heutiger Sicht ein fatales Unterfangen“, schüttelte Rainer Detsch den Kopf. Denn niemand habe vorhersehen können, welche Verzögerungen dies mit sich bringen würde. Nach einem ewigen Hin und Her zwischen den Behörden sei irgendwann klar gewesen, dass ein Gewässerausbau gar nicht realisierbar ist. Die Folge: „Das Ingenieurbüro Köhler musste eine erneute Überplanung des wasserrechtlichen Genehmigungsantrages vornehmen.“

Dadurch habe auch die Entwurfsplanung durch das Ingenieurbüro „Lauer+Lebok“ neu konzipiert werden müssen. Drittens werde es ohne die Renaturierung natürlich auch mit den erhofften Sonderzuschüssen nichts, was die Dorferneuerung angesichts ohnehin schon gestiegener Kosten noch schwerer handhabbar mache: 2,77 Millionen Euro koste die Maßnahme nach aktueller Schätzung – und die Höhe möglicher Fördermittel sei nach wie vor unklar.

Vor allem Eltern kleiner Kinder fragten, warum nicht wenigstens der Kinderspielplatz in Angriff genommen wurde, nachdem das Grundstück seit drei Jahren frei ist. Es seien momentan 20 Kinder im Ort. Diese spielten bis jetzt auf einem asphaltierten Areal am Dorfplatz. Der Rathauschef informierte, dass das besagte Areal zunächst als Lagerplatz für Baumaterialien und Gerätschaften vorgehalten wurde. „Außerdem haben wir für den Kinderspielplatz noch keine Fördergenehmigung.“

Zweifel der rund 50 Anwesenden wurden hörbar, als der Bürgermeister vorrechnete, dass es im Frühsommer wohl weitergehen werde. Er glaube fest daran, den Ortskern von Reitsch zu einem Schmuckstück werden zu lassen.

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