Nichten missbraucht Vergewaltiger muss hinter Gitter

Udo Güldner
Ein nun vor dem Landgericht Bamberg angeklagter Rentner muss wegen einer Vergewaltigung, drei sexuellen Übergriffen und einem sexuellen Missbrauch an einem Kind für vier Jahre und drei Monaten ins Gefängnis. Foto: picture alliance/dpa/Volker Hartmann

Er galt als der „nette Onkel“, dann verging er sich an seinen Nichten. Nun fiel das Urteil: Der Rentner muss vier Jahren und drei Monaten in Haft.

 
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Bamberg/Kreis Haßberge - In einer einzigen Nacht hat er alles zerstört. Die Zukunft zweier 16-jähriger Mädchen, die als seine Nichten glaubten, ihm vertrauen zu können. Den Zusammenhalt innerhalb zweier Familien, die auf Grund der psychischen Folgen der Vergewaltigung auseinanderzufliegen drohen. Und nicht zuletzt seinen eigenen Ruhestand. Der „nette Onkel“ aus den Haßbergen muss nach dem Urteil am Landgericht Bamberg nun vier Jahre und drei Monate ins Gefängnis.

Jahrelang lebte man Tür an Tür. Der „nette Onkel“ war beliebt. „Die Eltern dachten, da kann ja nichts passieren. So kann man sich irren.“ Es ist Thomas Drehsen, der den verzweifelten Eltern der beiden Mädchen Mut zuspricht. Der Rechtsanwalt aus Bamberg vertritt die beiden jugendlichen Opfer des Angeklagten und sieht die Schuld an allem beim 66-jährigen Täter. „Sie als Eltern haben sich keine Vorwürfe zu machen. So etwas hätte jedem passieren können.“ Nichts habe darauf hingedeutet, dass der Rentner gefährlich sein könnte.

Wie wichtig solche Worte sind, erkennt man daran, dass Vater und Mutter nicht nebeneinander dem Prozess folgen. Von einer durch die Straftaten und deren „katastrophalen Folgen“, so Drehsen, gefährdeten Ehe ist die Rede. Es wäre die zweite Familie, die unter den Taten des Mannes leidet. Seine eigene Beziehung mit der Mutter seiner drei Kinder ging sofort nach dem Bekanntwerden seiner Sexualstraftaten in die Brüche.

Wenn man den Ausführungen des „netten Onkels“ folgt, dann hatte er sich zeitlebens nur für erwachsene Frauen interessiert. Keinesfalls für kleine Mädchen. Seine Noch-Ehefrau ist fünf Jahre, seine Ex-Lebensgefährtin 26 Jahre jünger als er. Eines seiner minderjährigen Opfer nannte er „eine wunderschöne junge Frau“, da war sie gerade erst 15 Jahre alt.

Der psychiatrische Sachverständige jedenfalls zweifelt an den Worten. Er sieht vor allem die Taten und erkennt „eine leichtere Form der Pädophilie“. „Er ist keiner, der durch die Straßen läuft und dort oder im Internet ständig Kinder sucht.“ Vielmehr sei die Vergewaltigung der „sexuelle Übergriff eines alternden Mannes auf ein minderjähriges, unterlegenes Opfer“. Er habe bis zu einer Lebenskrise in einer stabilen Partnerbeziehung gelebt, sei nie strafrechtlich auffällig geworden.

An einer Pädophilie sei aber nicht zu zweifeln. Das sei daran festzumachen, dass der „nette Onkel“ über Monate hinweg eines der Mädchen immer wieder berührt habe. Wenn auch über der Kleidung und „nur“ an den Oberschenkeln. Allerdings in eindeutig sexueller Absicht. „Sein Verhalten war eindeutig,“ so Prof. Dr. Hans-Peter Volz aus Werneck.

Hingegen spielten andere Faktoren wie eine psychische Erkrankung, übermäßiger Alkoholkonsum oder früher erlittene gesundheitliche Beeinträchtigungen keine Rolle. Der Angeklagte ist voll schuldfähig und damit ein Fall für das Gefängnis.

Was bei den Eltern der Mädchen gar nicht gut ankommt, ist der Versuch des „netten Onkels“, mit der Aussicht auf 3000 Euro Schmerzensgeld bei der Dritten Strafkammer Pluspunkte zu sammeln. „Das Finanzielle ist zur Zeit kein Thema,“ ergänzt Rechtsanwalt Drehsen, der wie Staatsanwalt Frank Dietze vier Jahre und neun Monate Haft fordert.

„Der Mandant akzeptiert die Täterrolle. Es gibt keine Schuldzuweisungen oder die Absicht, sich herauszureden. Er sagt: Ich bin schuld.“ Maximilian Glabasnia, Rechtsanwalt aus Bamberg vertritt den Angeklagten. Durch eine Verständigung mit allen Prozessbeteiligten und ein umfassenden Geständnis konnte er für seinen Mandanten eine geringere Freiheitsstrafe erreichen. Am Ende verurteilt die Jugendschutz-Kammer den Rentner wegen einer Vergewaltigung, drei sexuellen Übergriffen und einem sexuellen Missbrauch an einem Kind zu vier Jahren und drei Monaten Haft. Dabei lässt der Vorsitzende Richter Markus Reznik keinen Zweifel daran, dass solche Sexualdelikte nur Verlierer hervorbringen. „Er hat das Vertrauensverhältnis ausgenutzt.“ Das sei eine Erschütterung, die noch lange Zeit in den beiden Mädchen wirke. Zugunsten des Angeklagten fällt die Tatsache aus, dass sich durch sein Geständnis eine erneute Vernehmung und Re-Traumatisierung seiner beiden Nichten vermeiden ließ, so der Richter. „Für Mädchen in diesem Alter ist es nicht einfach, solche Angaben zu machen, wenn andere Menschen, insbesondere Familienangehörige, zuhören.“

 

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