Rettung per Drohne Ehepaar im Einsatz für die Rehkitze

Christian Licha

Ein Ehepaar aus den Haßbergen rettet Rehkitze per Drohne vor dem Mähdrescher. Das Paar arbeitet auch mit Schulen zusammen und sensibilisiert Kinder für den Umgang mit Wildtieren.  

 
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Irgendwo im Maintal in den frühen Morgenstunden: Der Tau liegt auf den Feldern, die Sonne geht gerade auf. Das ist der ideale Zeitpunkt für Willy und Ute Krämer ihrem Hobby nachzugehen, das beide mehr als glücklich macht. Mit ihrer Drohne fliegen die Krämers über Wiesen und Felder, die zur Mahd anstehen. Das Ehepaar aus Gädheim sorgt mit ihrer Rehkitzrettung dafür, dass junge Tiere nicht dem Mähtod zum Opfer fallen. 

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In rund 50 Meter Höhe fliegt die Drohne über die Flur. Willy Krämer hat dafür extra das Fernpilotenzeugnis A2 gemacht, um die Drohne auch in der sonst eigentlich gesperrten Flugzone von 150 Metern Abstand zur Wohnbebauung fliegen lassen zu können. Das ist manchmal notwendig, da einige landwirtschaftliche Grundstücke nahe am Ortsrand liegen, so Krämer. Rund 8000 Euro haben die Krämers aus eigener Tasche für die Drohne mit Wärmebildkamera und Zubehör investier. "Das ist viel Geld, aber jedes gerettete Rehkitz ist Belohnung genug", sagt Ute Krämer. Vor knapp zehn Jahren ist die 66-jährige Gärtnerin und Floristin auf einen Zeitungsartikel aufmerksam geworden, in dem über eine Frau aus dem Spessart berichtet wurde, die für ihre Rehkitzrettungsaktionen den Bayerischen Tierschutzpreis verliehen bekam. "Das machen wir auch, wenn wir in Ruhestand sind", sagten sich Willy und Ute Krämer damals und im Jahr 2021 verwirklichten sie ihr Vorhaben. Ute Krämer bekommt seit dem ihre Rente und ihr auch ihr 68-jähriger Ehemann war damals als ehemaliger Polizeibeamter schon in Pension. 

Seit drei Jahren nun sind die Krämers eine feste Größe bei zahlreichen Landwirten im Maintal, in den Haßbergen und im Steigerwald. Sie helfen den Bauern ihre gesetzliche Verpflichtung einzuhalten, die besagt, dass jede Wiese die gemäht wird, vorher nach Tieren abgesucht werden muss, damit kein Leben zu Schaden kommt. Unterstützung erfahren die beiden Rehkitzretter von zwei Dutzend Jägern und weiteren Helfern. "Viele Landwirte sind uns dankbar und flexibel bei ihren Mäharbeiten", sagen Willy und Ute Krämer übereinstimmend. Kontakt besteht auch zum Verein Rehkitzrettung Unterfranken e. V. mit Sitz in Arnstein im Landkreis Main-Spessart. Mit den Ehrenamtlichen dort stehen die Krämers im regen Austausch und holten sich auch Tipps zu Beginn ihrer Rettungsaktionen.

"Es ist ganz wichtig, Jungttiere nicht mit den bloßen Händen anzufassen", betont Ute Krämer. Andernfalls nimmt nämlich das Rehkitz den Geruch des Menschen an und wird dann von der Geiß verstoßen, was den sicheren Tod für das junge Reh bedeutet, das in der Aufwachsphase auf Muttermilch angewiesen ist. Deshalb wickeln die Rehkitzretter, die zusätzlich noch mit Handschuhen ausgestattet sind, das Rehlein in jede Menge Gras ein, bevor es aus dem Mähbereich in Sicherheit gebracht wird.

Das vermittelt das Ehepaar Krämer auch Schulkindern. Dazu waren die beiden schon in vielen Schulen unterwegs, hauptsächlich in den Jahrgangstufen 1 bis 6. Die Grundschule Dittelbrunn war damals die erste Schule, an der nicht nur die sechs- bis zwölfjährigen Mädchen und Jungen sondern auch die Lehrerinnen und Lehrer begeistert von der Wissensvermittlung waren. "Ab März/April ist die Natur eine wahre "Kinderstube"", so die Krämers. Junge Hasen, Vögel, Insekten, Amphibien und viele mehr erblicken dann das Licht der Welt. Der Mai und der Juni ist dann die Hauptzeit, in der die Rehkitze zur Welt kommen. Meist sind es ein oder zwei Jungtiere, aber auch schon einmal Drillinge haben WIlly und Ute Krämer gerettet.

Höhepunkt der Schulbesuche ist dann eine praktische Vorführung einer Rehkitzrettung für die Kinder. Dazu haben die Krämers "Anton Pünktchen" als Helfer. Das kleine Rehkitz aus Plüsch wird auf eine Wärmflasche im dichten Gras gelegt. Gebannt können die Schülerinnen und Schüler dann verfolgen, wie die Drohne mit ihrer Wärmebildheinheit das "Tier" entdeckt.

Aber auch Ute Krämer selbst hat den Ehrgeiz, selbst noch mehr zu lernen. Dazu macht sie zur Zeit den Jagdschein, wohlgemerkt ohne Waffenberechtigung. "Ich möchte die Jäger und die Tierwelt besser verstehen", sagt die engagierte Frau, der es keineswegs ums Schießen geht, das sie aber auch nicht verteufelt. Die Jagd ist nämlich ein wichtiges Instrument, um "ohne große Beeinträchtigung der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft gesunde Population und Artenvielfalt zu erhalten". Ohne die Jäger würde nämlich der Wildbestand zu dicht, was wiederum Tierkrankheiten auslösen kann und das Futter nicht für alle reicht, so Krämer.