Rodacher Hilfsaktion Ein umgekehrter Adventskalender

So sieht der umgekehrte Adventskalender von Jasmin und Gerhard Kirchner aus. Foto: Michael von Aichberger/Michael von Aichberger

Um Menschen zu helfen, die es nicht so gut haben, hat der Bad Rodacher Gerhard Kirchner eine ganz besondere Spendenaktion organisiert. Dabei kommt ihm die Vorweihnachtszeit gerade recht – und das altbekannte Prinzip der 24 Türchen.

 
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In den Supermärkten gibt es sie schon: Adventskalender, die die Wartezeit bis zum Weihnachtstag mit 24 Türchen versüßen sollen. Das Konzept ist bekannt, aber genau dieses Konzept hat der Bad Rodacher Gerhard Kirchner jetzt für eine besondere Aktion auf den Kopf gestellt. Der 42-Jährige bietet heuer bereits zum dritten Mal in Folge den „umgekehrten Adventskalender“ an, ein Hilfsprojekt, dass der Coburger Tafel zugutekommen soll. Wie es funktioniert? „Normalerweise nehme ich bei einem Adventskalender jeden Tag eine Sache heraus. Beim umgekehrten Adventskalender lege ich aber jeden Tag eine Sache in einen Karton“, erläutert der Familienvater, der bei der Aktion von Ehefrau Jasmin unterstützt wird. „Das hat eher symbolischen Charakter. Es ist also egal, ob ich jeden Tag eine Sache hineinlege, oder aber ob ich am Weihnachtstag einen Karton mit 24 Dingen auf einmal packe. Das ist jedem selbst überlassen, wie er es macht“, erläutert er. Wichtig ist – es kommt etwas zusammen. Und mit der Vorweihnachtszeit und den 24 Türchen hat das Projekt einen besinnlichen Aufhänger. „Man hat einen schönen weihnachtlichen Bezug.“

Die Idee dazu hat Gerhard Kirchner sich von einem Vorstand der Tafel Deutschland abgeschaut. Und sogleich für die Region Coburg umgesetzt, zunächst nur in Bad Rodach, seit letztem Jahr auch in Ebersdorf und Rödental. Heuer ist Neustadt dazugekommen. Als Partner fungieren die örtlichen AWO-Stationen in den Kommunen; dort können die fertigen Pakete zu genau festgelegten Zeitfenstern bei Gerhard Kirchner abgegeben werden. „Die Aktion soll möglichst niederschwellig gehalten werden. Am besten sind deswegen Sammelstellen vor Ort“, erklärt der 42-Jährige, der hinzufügt: „Das Paket abzugeben, muss so einfach wie möglich sein. Und es muss ein relativ kurzer Weg zur Sammelstelle sein. Müsste jemand erst noch mit dem Zug nach Coburg fahren, weil er kein Auto hat, und dann auch noch den Karton schleppen – das schreckt ab.“ Sind alle Päckchen abgegeben, fährt Gerhard Kirchner zwischen den Jahren die Stationen ab und bringt die Spenden zur Coburger Tafel. Dort ist er ohnehin engagiert, sitzt zudem im Vorstand des Bad Rodacher Ortsvereins der AWO und auch im AWO-Kreisvorstand. Organisiert wird die Aktion jedoch von ihm als Privatperson.

Dass sich der 42-Jährige so tatkräftig in das Projekt stürzt, kommt nicht von ungefähr. „Es geht mir einfach persönlich nahe, wenn ich sehe, dass es Menschen gibt, die gegen Monatsende – oder sogar schon zur Monatsmitte – nicht mehr wissen, wie sie sich und ihre Kinder ernähren können“, sagt er und fragt: „Warum sollen da Menschen, denen es besser geht, nicht etwas abgeben?“ Für ihn ist genau das die Motivation: „Ich möchte den Menschen etwas abgeben, denen es schlechter geht als mir.“ Dazu passe die Vorweihnachtszeit ideal, denn in diesen Wochen werde traditionell mehr gespendet und an diejenigen gedacht, die gesundheitliche oder finanzielle Probleme haben. Auch darauf setzt die Aktion – und Gerhard Kirchner hofft auf zahlreiche Spender. „Im ersten Jahr kamen in Bad Rodach rund 30 Pakete zusammen, im letzten Jahr waren es in den drei Standorten 40 Pakete“, meint er und betont sogleich: „Jedes Paket ist die Aktion wert. Es ist vom Sinn her also gleich, ob ein Paket oder 100 Pakete zusammenkommen. Ich würde es trotzdem immer wieder machen. Das ist meine Eingabe für die Gesellschaft. Und die 40 Pakete vom letzten Jahr, die sind ja da. Und damit habe ich mein Ziel eigentlich schon erreicht.“

In die Kartons hinein können alle Lebensmittel gelegt werden, die nicht verderblich sind. „Alles, was haltbar ist, also beispielsweise Reis, Nudeln, Mehl und Zucker. Auch Hygieneartikel wie etwa Zahnbürsten oder Deos sind in Ordnung“, zählt der Bad Rodacher auf und betont: „Der Wert der Dinge ist gleichgültig. Es müssen keine Markenprodukte sein.“ Noch gut erinnert er sich auch daran, dass ihm im letzten Jahr eine ältere Dame fünfzig Euro in die Hand drückte, weil sie selbst nicht mehr Einkaufen gehen konnte. „Ich habe dann das Geld genommen und dafür eingekauft. Das gab mehr als 24 Produkte. Ich habe einfach versucht, so viel wie möglich von dem Geld zu kaufen.“

Die Pakete, die nach den Weihnachtsfeiertage eintrudeln, bringt Gerhard Kirchner zur Coburger Tafel. „Viele der Pakete sind auch schön verziert, verpackt oder bemalt“, weiß er aus den Vorjahren. Bei der Tafel angekommen, werden die Päckchen jedoch erst einmal ausgepackt – die Sachen, die darin enthalten sind, werden dem Sortiment der Tafel zugeschlagen. „Es ist also nicht so, wie man das von anderen Aktionen kennt, dass eine Person ein Paket bekommt“, stellt Gerhard Kirchner klar und meint: „So ist sichergestellt, dass jeder auch das bekommt, was er braucht. Enthält beispielsweise ein Karton nur Hülsenfrüchte und darf jemand aus allergischen Gründen keine Hülsenfrüchte essen, wäre das schlecht.“

Für dieses Jahr hofft der Organisator, dass besonders viele Päckchen zusammenkommen – und rührt deshalb zum ersten Mal seit Start der Aktion bewusst die Werbetrommel. Denn: „Die Tafeln haben es nicht leicht. Sie stoßen auf Grund der politischen Lage an ihre Grenzen, was die Kundenbetreuung betrifft. Und auch die Spenden von den Supermärkten kommen nicht mehr in der Größenordnung herein, wie es vor der Inflation der Fall.“ Da passt es doch gut, dass der umgekehrte Adventskalender dazu beiträgt, dass das Sortiment der Coburger Tafel zumindest etwas aufgefüllt wird.

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