Rolf Böhm Der Vater des „Fränkischen Theatersommers“

Udo Güldner
Er ist Schauspieler, Kabarettist, Musiker und Autor: Rolf Böhm. Was immer wieder beeindruckt, ist seine Bühnenpräsenz. Foto: /Güldner

Bereits mit fünf Jahren entdeckte Rolf Böhm seine Liebe zur Musik. Kreativ: das wird er ein Leben lang bleiben. Mittlerweile lebt Böhm in Breitbrunn, wo er sich rundum wohl fühlt.

 
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Breitbrunn - Um den 68-Jährigen Rolf Böhm ist es in den letzten Jahren etwas ruhiger geworden. Dabei hat der Schauspieler, Kabarettist, Musiker und Autor über Jahrzehnte hinweg die regionale Kulturszene mitgeprägt. Wir haben ihn in seinem Refugium in den „Heiligen Ländern“ besucht und uns sein aufregendes Leben erzählen lassen. Darin spielen urkomische Urvögel, minderjährige Berufsmusiker und ein glücklicherweise missglücktes Musical eine Hauptrolle.

Gerade einmal fünf Jahre ist der kleine Rolf, als er das erste Mal von der Musik bezaubert wird. Im Elektro-Geschäft seiner Eltern in Höchstadt an der Aisch dringen deutscher Schlager und andere Töne an sein Ohr. „Dort liefen Plattenspieler, die man den Kunden vorführen wollte“. Daneben werden aber auch Ferkel-Aufzucht-Leuchten verkauft – man ist ja auf dem Lande. Der Klang lässt ihn nicht mehr los.

In der Schule gründet er inmitten der 68-er-Revolte seine erste Band: „New Generation“. Mit 16 Jahren hat er seine ersten Auftritte in den Ami-Klubs in Nürnberg, Fürth oder Würzburg. Sowohl vor den höheren Rängen in den NCO-Clubs (non commissioned officers), als auch vor den einfachen US-Soldaten in den EM-Clubs (enlisted men). „Das hätten wir eigentlich gar nicht gedurft“. Gemacht haben sie es aber trotzdem. „Wir mussten ja unsere damals sehr teure Anlage abbezahlen“. In den Tanzschuppen geht es hoch her. Gespielt wird englischer Rock, bezahlt wird in amerikanischen Dollars.

Ein Leben lang wird Böhm die Musik begleiten. Sei es auf klassischen Klavieren, sei es auf elektronischen Keyboards und Hammond-Orgeln. Für sie wird er seine erlernten und viele Jahre ausgeübten Berufe als Fernsehtechniker und Elektro-Installateur an den Nagel hängen. Doch erst aber läuft beides nebeneinander. Die Woche über repariert und verkauft Böhm TV-Geräte. Am Wochenende treibt er sich mit der Band „McQueen“ in Kirchweihzelten und Dorfdiscos rund um Höchstadt an der Aisch herum.

„Wir spielten ziemlich miserable Tanz-Mucke, aber verdienten dabei gutes Geld“. Ein Faschingsball ist Böhm noch heute in grausiger Erinnerung geblieben. Bei einem Marsch-Potpourri erklingt wie aus dem Nichts plötzlich das Fallschirmjäger-Lied „Auf Kreta bei Sturm und bei Regen“. „Da haben die Augen der alten und der jungen Nazis im Saal geleuchtet. Als dann auch noch einer meiner Bandkollegen auf der Bühne den Hitler-Gruß gezeigt hat, bin ich an die Bar“. Böhm will nicht länger mitspielen. „Ich hatte damals mit meinen Bandkollegen von „KaZwo“ ein Musicalprojekt. Es war ein Riesenerfolg“. Nach zwei Vorstellungen vor zwei Dutzend Zuhörern ist die Sache auch schon wieder aus der Welt. Danach begegnet Böhm einem gewissen Jan Burdinski und wird endgültig von seinen Plänen kuriert, Sozialpädagoge werden zu wollen. Sein Studium in Bamberg bricht er gut gelaunt ab.

Gemeinsam mit anderen heben Böhm und Burdinski 1994 den „Fränkischen Theatersommer“ aus der Taufe. „Wir brauchten ein ganzes Jahr Vorlauf“. Für Böhm ist es ein großes Wagnis, hat er doch keinerlei Schauspiel-Ausbildung. Doch er hat das, was man Bühnenpräsenz nennt. In Nebenrollen als Moritatensänger oder Ritter gibt es dem Geschehen im Scheinwerferlicht ein ganz eigenes Gepräge. Sogar zwei Hauptrollen darf er spielen: einen Diener in einer Molière-Komödie und dann sogar Gott persönlich.

Der erste große Erfolg ist Karl Valentins Komödie „Ritter Unkenstein“. Ein Jahrzehnt lang lockt das skurrile Stück die Zuschauer in Burgen und Schlösser, Gasthäuser und Freilichttheater. Was auch daran liegt, dass an Mensch und Material nicht gespart wird. Neben jeder Menge Darsteller darf selbst ein leibhaftiges Pferd mitspielen. „Wenn man das heute wieder in den Spielplan nähme, kein Sitzplatz bliebe mehr frei“.

Parallel zum „Fränkischen Theatersommer“ stürzt sich Böhm ins Kabarett-Fach. Mit seinem langjährigen Musikerkollegen Peter Knobloch, einem Steinebrecher aus Solnhofen, und Sibylle Friz, einer Allround-Musikerin aus Bayreuth, ziehen „Die Urvögel“ übers Land. „Singen und spielen konnten wir, und Schandmäuler hatten wir auch“. Für die Erfindung der Pointen ist Böhm zuständig. „Teilweise hatten wir über 80 Auftritte pro Halbjahr. Das war eine Fahrerei“. Auch das Kindertheater „Chapeau Claque“ und das Nana-Theater im Klub Kaulberg in Bamberg profitiert von seinen Geistesblitzen.

Vor 23 Jahren wird Böhms Familie so groß, dass die Stadtwohnung in Bamberg zu klein wird. Durch einen Zufall wird man auf das kleine Pfarrdorf Breitbrunn inmitten des Naturparks Haßberge aufmerksam. „Hier habe ich ein Haus, einen Garten und eine Streuobstwiese“. Vor allem aber hat Böhm hier seine Ruhe. „Es ist eine angenehme Ecke. Ich bin gerne hier“.

Nachdem gesundheitliche Probleme den Abschied von der heiß geliebten Bühne erzwungen haben, hadert Böhm mit seiner neuen Rolle als unfreiwilliger Rentner etwas. Er vermisst es, als Chansonnier seine an Georg Kreisler geschulten, rabenschwarzen Lieder zu singen, noch kurz vor Beginn der Vorstellung einen Scheinwerfer zum Laufen zu bringen oder die Lebendigkeit auf der Bühne zu spüren. „Ich wollte weder reich noch berühmt werden, nur Spaß an dem haben, was ich mache. Das ist mir sehr oft gelungen“. Nur manchmal ärgert sich Böhm, dass er zu faul gewesen sei, um das, was er richtig gemacht habe, noch besser zu machen.

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