Nach seiner Ausbildung zum Hubschrauber-Co-Piloten und MG-Schützen wurde er 2012/13 trotz Bedenken der britischen Regierung auch bei Frontkämpfen eingesetzt. 20 Wochen lang war „Captain (Hauptmann) Wales“, wie man ihn nannte, in Camp Bastion in der Helmand-Provinz stationiert. In dieser Zeit soll er an Hunderten von Erkundungsflügen und an sechs spezifischen Einsätzen als Schütze beteiligt gewesen sein.
Harrys Enthüllungen zu seiner Afghanistan-Zeit sind unmittelbar auf empörte, ja entsetzte Reaktionen gestoßen – auch bei hohen Ex-Militärs in London. Oberst Richard Kemp, der Truppenchef in Afghanistan war, nahm vor allem Anstoß an Harrys Schachbrettvergleich. Solche Bemerkungen seien „völlig fehl am Platze“ und hätten „nichts mit der Realität zu tun“, sagte Kemp. Wenn Harry von Schachfiguren spreche, liefere er Leuten, die den britischen Streitkräften übel wollten, nur wertvolle Munition. Darüber hinaus habe der Prinz, der immerhin einmal „tapfer für sein Land“ gekämpft habe, sich selbst zusätzlich in Gefahr gebracht mit seinem Afghanistan-Geplauder: In diesem Punkt werde das Harry-Buch die persönliche Sicherheit des Prinzen nur noch mehr gefährden, als sie das schon sei.
Bittere Anklagen aus Armee-Kreisen
Ein früherer Chef der Antiterrorabteilung im britischen Verteidigungsministerium, Generalmajor Chip Chapman, fand Harrys Worte sogar „auf krasse und naive Weise dumm“. Er könne kaum glauben, dass Harrys Verleger ihm seine Bemerkungen hatten durchgehen lassen.
Chapman warf dem blaublütigen Ex-Captain vor, „in mindestens vier Punkten gegen den Verhaltenskodex der Armee verstoßen“ zu haben. Harry habe „keinen Respekt für andere“ gezeigt und Werte wie Integrität, Loyalität und selbstlosen Einsatz sträflich ignoriert. „Überhaupt nie zuvor“ sei er bei seinen Soldaten oder Ex-Soldaten auf eine solche „Leichenzähl-Mentalität“ gestoßen, wetterte der Generalmajor. Das alles sei umso schlimmer, als Harry selbst ein Mitglied der Krone sei, der die Streitkräfte dienten. Mit seinen „Enthüllungen“ habe Harry jedenfalls viel von der Zuneigung verspielt, die ihm zum Beispiel viele Veteranen traditionell entgegengebracht hätten.
Hochrangiges Talibanmitglied wirft Prinz Harry Kriegsverbrechen vor
Twitter
Ein hochrangiges Talibanmitglied hat Prinz Harry nach Schilderungen in dessen Memoiren Kriegsverbrechen vorgeworfen. „Die von Ihnen Getöteten waren keine Schachfiguren, sie waren Menschen; sie hatten Familien, die auf ihre Rückkehr warteten“, schrieb Anas Hakkani am Freitag auf Twitter. „Unter den Mördern von Afghanen haben nicht viele den Anstand, ihr Gewissen zu offenbaren und ihre Kriegsverbrechen zu gestehen.“
Terrornetzwerk
Anas Hakkani gehört selbst zu dem berüchtigten Hakkani-Netzwerk der militant-islamistischen Gruppe; für die USA ist es eine Terrororganisation. Es wird für einige der grausamsten Anschläge in Afghanistan verantwortlich gemacht. Anas Bruder Siradschuddin, der amtierende Innenminister, wird mit zehn Millionen US-Dollar Kopfgeld durch das amerikanische FBI gesucht.