RTL-Sendung Happy End für Mäuschen

Happy End für Mäuschen: Dieses aktuelle Bild schickten Sandra und Thiemo am Samstag aus Rheinland-Pfalz. Foto: privat/privat

„Die Unvermittelbaren“ enden am Sonntag mit einem neuen Zuhause für den Bernhardiner aus den Haßbergen. Auch der zweite Hund aus Unterfranken hat in der Sendung mit Martin Rütter Glück.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Tierfreunde in den Haßbergen wurden lange auf die Folter gespannt: Hat Mäuschen nun ein neues Zuhause gefunden oder ist er „unvermittelbar“ geblieben? Drei Folgen der vierteiligen Doku-Serie „Die Unvermittelbaren“ mit Hundeprofi Martin Rütter hatte RTL schon ausgestrahlt, vor zwei Wochen sollte sich im Finale dann zeigen, ob der Bernhardiner-Rüde aus dem Tierheim Haßberge von Tierfreunden adoptiert werden konnte – oder eben auch nicht. Denn die Hunde, die sich das Fernsehteam für das Format ausgeguckt hatte, sind besonders schwere Fälle, die es bisher aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten oder anderer Probleme nicht aus den Tierheimen geschafft hatten. Nicht nur Erfolgsgeschichten hatte daher die Serie zu vermelden, sondern auch Rückschläge zu verkraften. Auch bei Mäuschen. Aber dazu später mehr.

Nachdem es bis zu Mäuschens großem TV-Auftritt schon bis Folge 3 gedauert hatte, musste die für 27. Februar angesetzte vierte Folge wegen einer Sondersendung zum Ukrainekrieg ausfallen. An diesem Sonntag nun ging die erste Staffel rund um die unvermittelbaren Tierheimhunde zu Ende.

Ein halbes Jahr hatte das Trainerteam rund um Martin Rütter mehrere Hunde und ihre potenziellen künftigen Besitzer beim Vermittlungsversuch begleitet und mit Hundetraining unterstützt. Fast aussichtslos schien das Unterfangen beim kleinen Alex aus dem Tierheim Würzburg, der nach schweren Misshandlungen derart menschenscheu geworden war, dass an ein glückliches Hundeleben fast nicht mehr zu denken war. Der zweite Sorgenhund aus Unterfranken neben dem schweren Brocken Mäuschen.

Auch der Bernhardiner hatte es nicht leicht im Leben. Einmal durch jahrelange Zwingerhaltung, aus der ihn Tierschützer nach über sechs Jahren befreien konnten, unterernährt, muskelschwach und verwahrlost. Zum anderen leidet der Bernhardiner wie viele große Rassehunde unter gesundheitlichen Problemen.

Herz- und Gelenkprobleme, Fehlstellungen, Epilepsie und eine dicke Hautfalte über den Augen sind nicht selten bei Bernhardinern, und oft Folgen falscher Schönheitsideale und teils verantwortungsloser Zucht. Auch bei Mäuschen hängt die Stirnfalte so weit nach unten, dass sie teilweise die Augen verdeckt. Die OP haben die Haßberge-Tierschützer noch übernommen, auf weitere Gesundheitsprobleme aber mussten sich künftige Besitzer einstellen. Und darauf, ihn vielleicht nur noch ein oder zwei Jahre bei sich zu haben.

„Mäuschen ist ein Paradebeispiel für schlechte Zucht bei Bernhardinern“, urteilt Martin Rütter in der Sendung: „Alle Krankheiten, die ein Bernhardiner haben kann, hat Mäuschen in einem Körper gefangen.“ Kaum kalkulierbare künftige Arztkosten machen den Bernhardiner, zusätzlich zu seiner Größe, zu einem schwer vermittelbaren Hund.

Ein erster Vermittlungsversuch war in Folge 3 gescheitert, weil Mäuschen mit der Bernhardinerdame der Familie in spe nicht klarkam. Denn so sanft und gutmütig der Riesenvierbeiner auch ist – in seinen sechs Zwingerjahren hatte der Bernhardiner keinerlei Kontakt zu Artgenossen und keine Chance zur Sozialisation.

Doch die Hoffnung kommt aus dem rund 250 Kilometer entfernten Bad Dürkheim. Hier zeigen Sandra und Thiemo auf ihrer Hausbaustelle, dass sie anpacken können. Ideale Voraussetzungen für den 66-Kilogramm-Hund. „Genau den!“, sagt Sandra, und Partner Thiemo freut sich auf den „tapsigen Teddybär“, wie er schmunzelt: „Der ist ein bisschen so wie ich.“ Das Paar aus Rheinland-Pfalz rührt die Geschichte vom halbverhungerten Koloss, der bei Britta Merkel und ihrem Tierheim-Team liebevoll wieder aufgepäppelt wurde, körperlich wie emotional, und nun „einfach nur Liebe braucht“, wie Britta Merkel sagt.

Dass der Riesenhund auch eine Riesenaufgabe ist, merken Sandra und Thiemo schnell. Den steilen Garten für den schweren, kranken Hund „bernhardinersicher“ zu machen, ist dabei noch nicht einmal die größte. Das TV-Format lässt einige Wochen verstreichen, zeigt Mäuschen dann zufrieden in seinem neuen Zuhause, auch Britta Merkel darf ihren Schützling besuchen und sehen, wie gut es ihm ergangen ist.

Dann der „worst case“, wieder einige Wochen später. Zu 90 Prozent sei Mäuschen ein gechillter Hund, sagen die Hundeexperten. Sein großes Manko: Er hat in seiner jahrelangen Zwingerhaltung den Umgang mit anderen Hunden nie gelernt. Im Park reißt sich Mäuschen von der Leine und geht auf einen kleinen Hund los. Eine „Verkettung unglücklicher Umstände“, wie Martin Rütter sagt. Der Schock: Der kleine Hund erleidet eine Bisswunde, an deren Infektion er wenig später stirbt. Ein Drama für alle Beteiligten. Nervenaufreibende Wochen beginnen für Martin Rütter und sein Team, Telefonate mit der Halterin, die sich zwar traurig, aber sogar noch verständnisvoll zeigt: Sie finde es gut, dass auch solchen Hunden noch eine Chance gegeben werde. Und auch viele Gespräche mit Sandra und Thiemo, die vielleicht auch unsicher sind, wie es mit Mäuschen und ihnen weitergehen kann. Hat sich Mäuschen selbst ins Aus geschossen?

Wenigstens diese Hundegeschichte findet aber dann doch ein gutes Ende. Das Paar aus Bad Dürkheim entscheidet sich für den Bernhardiner-Rüden und wird ihm einen schönen Lebensabend ermöglichen. Nur das Gassigehen geht künftig nicht mehr ohne Maulkorb. Aber da hat Mäuschen schon Schlimmeres hinter sich.

Ein Happy End gibt es übrigens auch für den ängstlichen Axel: Er findet nicht nur den Weg unter dem Bett hervor und aufs Sofa seiner Pflegemama, sondern auch den in ihr Herz. Es lohnt sich, auch den Unvermittelbaren unter den Tierheimhunden eine Chance zu geben, das ist die Botschaft der Sendung. Blauäugig sollte man an die ganze Sache aber nicht herangehen, denn viele Tiere haben einfach zu schlimme Dinge erlebt, die ihnen ein sozialisiertes Leben nicht leicht machen. Verdient haben die Chance dazu aber alle – und, wie Mäuschens neues Frauchen treffend formuliert: „Wir sind unheimlich reich geworden“, sagt sie: vor allem durch das Gefühl, gebraucht zu werden.

In Deutschlands Tierheimen werden jährlich rund 75 000 Hunde abgegeben. Sie alle warten auf eine Chance.

Autor

Bilder