Sammler aus Leidenschaft Schätze aus der alten Heimat

Christian Licha

Tino Görtler ist Sammler aus Leidenschaft. Der gebürtige Haßfurter sammelt alles, was ihm aus seiner Heimatstadt in die Finger kommt – darunter teils echte Raritäten.

 
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Haßfurt - „Haßfurt 7 km“, steht auf dem Titan-Email-Schild des „Deutschen Touring Clubs“, das Tino Görtler stolz in seinen Händen hält. Irgendwann zwischen 1928 und 1932 stand es irgendwo an der Straße, eben sieben Kilometer von der jetzigen Kreisstadt entfernt. Der 46-jährige Gastwirt aus dem Gemündener Stadtteil ist ein gebürtiger Haßfurter, den es der Liebe wegen vor 21 Jahren in den Landkreis Main-Spessart zog. Seitdem hat ihn die Sammelleidenschaft gepackt. Hauptsächlich alte Fotos, aber auch Dokumente, Schilder und ähnliches versucht er seitdem zu ergattern. Mittlerweile kann Tino Görtler schon einen wahren Schatz an teils raren historischen Dingen sein Eigen nennen.

In einer Ecke des Gasthauses „Goldener Hahn“ in der Kasper-Volpert-Straße in Seifriedsburg sieht es fast aus wie in einem Brauerei-Museum. Neben dem Genuss von leckeren Schnitzeln und Bräten aus eigener Herstellung, kann man in dem Wirtshaus zahlreiche alte Tonkrüge, Biergläser und anderes Accessoire bestaunen. Vieles davon ist von der ehemaligen Haßfurter Brauerei Hiernickel, deren Firmengeschichte schon lange Vergangenheit ist.

Tino Görtler, dessen Frau Nicole und die Kinder Marie-Sophie und Maximilian die Sammelleidenschaft unterstützen, hat aber noch viel mehr auf Lager. Über 500 alte bis uralte Fotos rund um die Kreisstadt sowie gut 300 Postkarten mit entsprechenden Motiven hat er bisher auf Flohmärkten oder bei Nachlassauflösungen erwerben können. „Von dieser Postkarte gibt es nur noch ganz wenige“, sagt Tino Görtler und zeigt das gute Stück, auf dem das damals alleinstehende Gebäude der Schreinerei Gelehs in Haßfurt zu sehen ist. Ein Verlag Names Anton Schmitt aus Haßfurt muss diese Karte vor 1908 produziert haben. Dieses Datum bezeugt der Poststempel aus Obertheres, wovon seiner Zeit die Postkarte nach Frankreich verschickt wurde.

Unter anderem entdeckte Tino Görtler auch die frühere Existenz eines Vereines, der selbst im Haßfurter Stadtarchiv vorher noch nicht bekannt war. „AMCH Automobil-Klub Haßgau“ mit Sitz in Haßfurt steht auf dem Gründungsprotokoll, das dem Sammler vorliegt und am 25. März 1928 in der ehemaligen Gastwirtschaft „Bayerischer Hof“ erstellt wurde. Nahmhafte Gründungsmitglieder damals waren zum Beispiel der Industrielle Nikolaus Mölter oder der Maler Josef Kehl. Als Leitspruch steht auf dem Dokument „Töff Heil“.

Ein ganz altes Stück ist das Kassenbuch der „Bischof Georg Anton Kleinkinder Verwahranstalt Stiftung zu Haßfurt“ aus den Jahren 1865/66. Bekannte Haßfurter mit Namen wie Hiernickel, Amberg, Reinhard und Elsen unterzeichneten hier ein Protokoll mit Rechnungsbelegen. Uralt ist auch ein Los der „Geld Lotterie Haßfurt“, bei der am 7. Dezember 1886 die Ziehung der Geldpreise anstand. 50 000 Markl winkten damals dem glücklichen Hauptgewinner, der nur 2 Mark Lotterieeinsatz bezahlte.

Erinnerungen an früher

Auch aus der neueren Geschichte Haßfurts, von den 1950er- bis 1970er- Jahren hat Tino Görtler zahlreiche Fotos, die das damalige Leben dokumentieren. So sieht man zum Beispiel, dass damals noch Hochbetrieb beim alljährlichen Heimat- und Schützenfest der Königlich privilegierten Schützengesellschaft 1430 gab. Seit den 1990er-Jahren gibt es dieses Fest leider nicht mehr. Auch beim alljährlichen Siedlerfest, das immer an der Kreuzung Goethestraße/Düsseldorfer Straße stattfand, waren vollbesetzte Sitzplätze früher keine Seltenheit, wie auf einem anderen Foto zu sehen ist. Ebenso ist die einstige Badeanstalt am Main dokumentiert, genauso wie der Neubau des TV-Freibades in den 1960er-Jahren. Die Baracken in der Nikolaus-Mölter-Straße nach dem Krieg, den Straßenbau in der Brüder-Becker-Straße oder den 1973 eingeweihten Spielplatz an den damals ersten Hochhäusern in Haßfurt „Am Sauerländig“ sind ebenso wertvolle Fotoschätze.

Passend zur heutigen Zeit, hat Tino Görtler einen alten Zeitungsbericht herausgesucht, in dem es heißt: „Das Zeug schmeckt wunderbar süß“. Gemeint ist die 1963 eingeführte Schluckimpfung gegen Kinderlähmung, die einen großen Andrang erfuhr. Die Zeitung berichtet, dass 200 Personen, der Impfstoff in Plastikbechern serviert wurde, die noch kleiner als ein Schnapsglas waren.

Ein weiteres Relikt aus Haßfurt prangt in Seifriedsburg vor dem Kriegerdenkmal. Tino Görtler konnte einst von einem Sammler ein Stück der in England hergestellten Eisenkette erstehen, die damals an den auf dem Main schwimmenden „Meeküh“ angebracht waren. Als zweiter Vorsitzender der Soldatenkameradschaft in seinem neuen Heimatdorf, kam Tino Görtler auf die Idee, diese Kette vor dem Denkmal anzubringen, was anlässlich einer Renovierung vor einigen Jahren realisiert wurde.

Wie Tino Görtler erzählt, wurden ab 1940 viele dieser Ketten eingeschmolzen und für die Kriegsproduktion verwendet. Nur wenige überlebten bis in die heutige Zeit, so wie das rund drei Meter Lange Teilstück an dem Mahnmal.

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