Schalkau ICE erfasst ausgebüxte Schafe

Cathrin Nicolai, hei

Mit 250 bis 300 Sachen brettert am Mittwoch ein ICE zwischen Grümpen und Döhlau entlang. Dabei erfasst der Zug kurz vor dem Tunnel Müß Tiere einer ausgebüxten Schafherde. Bis zum frühen Nachmittag dauern die Aufräumarbeiten an.

 
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Schalkau - Es war nur eine Frage der Zeit. Schon vor der Inbetriebnahme der ICE-Strecke Erfurt-Ebensfeld hatten bayerische und thüringische Schafzüchter sowie der Bauernverband beider Länder gefordert, das Gelände an der ICE-Strecke mit üppig Weideland drumherum einzuzäunen. "Doch die Bahn hat es nicht für nötig gehalten." Das sagt Schäfermeister Peter Kieslich, völlig geschockt und niedergeschlagen, am Mittwochvormittag. "Nun ist passiert, wovor alle gewarnt haben."

Der Müß-Tunnel

Der Tunnel Müß befindet sich direkt hinter der bayrischen Landesgrenze im westlichen Kreisgebiet nahe der Ortschaft Roth auf der Höh auf dem Gemeindegebiet der Stadt Schalkau. Er erstreckt sich auf einer Länge von zirka 745

Meter. Die Schnellverbindung

zwischen Nürnberg und Erfurt ist seit Dezember 2017 in Betrieb.

Am Mittwoch kam es auf der ICE-Strecke zwischen Berlin und München zum Zusammenstoß zwischen einem ICE und einer Schafherde. Offensichtlich befanden sich die Tiere unmittelbar vor dem Eingang zum Tunnel Müß bei Grümpen, als sich der Zug mit hoher Geschwindigkeit näherte und die insgesamt rund 15 Tiere der Agrargenossenschaft Schalkau erfasste.

Um 11.20 Uhr wurden Michael Dorst und seine Männer von der Feuerwehr Schalkau zu diesem etwas anderen Einsatz gerufen. "Es war der erste an der neuen ICE-Strecke", weiß der Wehrleiter. Bisher habe man hier etliche Übungen absolviert, in denen die verschiedenen Möglichkeiten geprobt wurden. Beim Eintreffen sind die Feuerwehrleute erschüttert. "Überall liegen Reste von Tieren", erzählt Michael Dorst und muss schlucken. Die Kadaver sind auf rund 50 Meter Strecke verteilt. "Ein scheußlicher Anblick", ergänzt er. Aber da muss man als Feuerwehrmann durch. Die 15 Kameraden, die bei diesem Einsatz dabei sind, sammeln die Tiere oder das, was von ihnen übrig geblieben ist, auf. Manchmal ist es auch nur noch ein Huf, den sie finden. Bei 250 bis 300 Kilometer pro Stunde, die der Zug auf diesem Stück drauf hat, kein Wunder. "Wie viele Tiere es waren, kann man schlecht sagen", erklärt der Wehrleiter. Er schätzt, dass es zehn bis 15 Schafe waren. Peter Kieslich geht von rund 20 toten Tieren aus.

Zusammen mit dem Schäfer werden die Kadaver zunächst mit der Schubkarre und dann auf einen Lkw verladen und abtransportiert. Derweil fahren die Züge in Schrittgeschwindigkeit an der Einsatzstelle vorbei. Zu Verspätungen kommt es laut DB-Pressestelle deshalb nicht. Die Feuerwehrleute säubern noch die Gleise. Mit dem Schlauch wird die gesamte Strecke abgespült und danach vom DB-Notfallmanager wieder frei gegeben. Zurück in Schalkau muss auch hier wieder alles gereinigt werden. Nicht vergessen werden die Feuerwehrleute den ekligen Geruch. "Ich werde mir, glaub ich, das nächste Mal überlegen, ob ich Lamm esse", ist Michael Dorst überzeugt. Bereits am Morgen gegen 7.30 Uhr war Kieslich informiert worden, dass Schafe an der B 89 bei Grümpen stehen. Sofort rückte er mit einer Kollegin aus und brachte die 450-köpfige Lamm-Herde zurück zur Koppel. Dort stellte er einen nach innen umgedrückten Zaun fest: "Ich nehme an, dass da nachts ein Reh reingesprungen ist." Über dieses Leck konnten die Schafe in der Dämmerung nach draußen gelangen. Zirka 50 bis 70 von ihnen verirrten sich Richtung Bahndamm. Ein Teil wiederum in die Nähe des Tunnels, was ihnen zum Verhängnis wurde. Solche Fälle kämen eher selten vor, lässt Jörg Bönisch, DB-Sprecher für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wissen. Der Zugführer habe in Bamberg angelangt, keinen Schaden an seinem ICE feststellen können. Grundsätzlich gehe das Unternehmen davon aus, dass Halter ihre Tiere ordnungsgemäß sichern und es gar nicht zu solchen Unfällen komme.

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